Das Amulett
wird ein neues Wesen mit magischen Kräften geboren. Xandor hat diesen Zyklus unterbrochen, indem er sich die Kraft seiner Opfer zugeführt hat. Nun ist er tot, und seine Kraft wurde freigesetzt. Für ihn könnten hundert Magier geboren werden, so mächtig war er.«
»Was passierte mit seiner Kraft?«
»Das weiß niemand«, gestand Gordan. »Aber mir gefällt das Bild eines astralen Sees, der die freien Kräfte beherbergt. Und durch Xandors Tod dürfte er enorm angestiegen sein. Das war es, was ich mit dem einfachen Weg meinte. Man kann versuchen, seine Kräfte durch das Studium der Elemente zu vergrößern, so als würde man langsam aus dem See trinken. Oder man tötet einen Magier und saugt dessen Macht in sich auf. So kehrt sie nicht in den Astralraum zurück, sondern wechselt nur den Besitzer. Xandor ist durch diese Methode sehr schnell sehr mächtig geworden. Und bevor ich ihm Einhalt gebieten konnte, war es zu spät. Sein letzter Funke Menschlichkeit hat ihn damals daran gehindert, mich zu töten. Diesen Fehler werden andere nicht begehen.«
»Dann werden wir uns vorbereiten«, sagte Tharador entschlossen.
Ein schmales Lächeln huschte über Gordans Lippen. »Es ist spät, und ich bin alt und müde. In den nächsten Tagen haben wir viel vor uns. Von Ul‘goths Genesung könnte unser aller Schicksal abhängen.«
* * *
Grunduul hielt sein Ohr dicht über Ul‘goths Mund, um dessen Atmung zu überprüfen. Sie erwies sich als unverhofft ruhig und kräftig. Der Orkkönig erholte sich entgegen allen Erwartungen des Schamanen! Mit jedem Tag, der verstrich, schritt Ul‘goths Genesung voran. Schützen ihn am Ende gar die Ahnen selbst? fragte der alte Ork sich immer häufiger.
Wurlagh schritt neben ihm nervös auf und ab. Grunduul konnte in seinem Gesicht deutlich die Enttäuschung über Ul‘goths Zustand erkennen. Wäre Gallak nicht mit zwei der besten Krieger aus Ul‘goths Clan im Raum gewesen, Grunduul hätte geschworen, dass Wurlagh sich auf den verletzten Hünen gestürzt hätte.
Gallak war misstrauischer geworden. Seit Wurlagh einmal offen geäußert hatte, dass er Ul‘goths Tod begrüßen würde, hielten sich ständig zwei Wachen in Ul‘goths Gemächern, wenn der hitzköpfige Clanhäuptling zugegen war. Wurlagh war der Herrscher über den zweitgrößten Clan und damit momentan die gewichtigste Stimme im Rat der Häuptlinge. Wie Gallak die Wachen davon abhielt, sich ihm anzuschließen und sich ebenfalls gegen den verwundeten Orkkönig zu stellen, gab Grunduul Rätsel auf, doch er konnte nicht leugnen, dass Ul‘goth selbst in seinem derzeitigen, schlechtem Zustand die Erhabenheit eines rechtmäßigen Herrschers ausstrahlte.
Vermutlich war dies der Schlüssel. Ul‘goth hatte sich den Respekt seiner Männer verdient, nicht nur durch Kämpfe, sondern auch durch seine Persönlichkeit. Er war ein gerechter Herrscher gewesen und niemals unnötig gewalttätig.
Grunduul schaute plötzlich voller Furcht auf den bewusstlosen Ul‘goth hinab. Einen mächtigeren Herrscher hatten die Orks niemals gehabt. Und er war im Begriff, ihn zu stürzen. Nichts durfte fehlschlagen. Vor allem dieser Mensch und seine Freunde, die Gallak alle als Gäste bezeichnet hatte und nicht als Gefangene, bereiteten ihm Sorgen.
Er wusste, dass sie gemeinsam mit Ul‘goth gegen Xandor gekämpft hatten. Und da der Magier tot war, mussten sie sehr mächtig sein. Sie durften unter gar keinen Umständen zu Ul‘goth gelangen.
Genauso wenig durfte irgendjemand erfahren, dass Grunduul selbst dem Hexer geholfen hatte, in Surdan Fuß zu fassen. Der Schamane hatte noch in derselben Nacht, in der Xandor gestorben war, dessen beide Aurasteine an sich genommen. Einen hatte er unmittelbar nach dem Kampf aus dem Arbeitszimmer geborgen, als er mit Gallak und einigen Orks von Ul‘goths Leibwache am Ort des Geschehens eingetroffen war. Niemand hatte ihm Beachtung geschenkt, und der kleine Stein war unbemerkt in seiner Hand verschwunden.
An den zweiten zu gelangen, hatte sich als noch einfacher herausgestellt. Es hatte ihm keine Schwierigkeiten bereitet, Ul‘goth alleine in dessen Schlafgemach zu bringen und diesen Paladin und seine übrigen Gefährten auszusperren. Dann hatte er rasch nach dem Stein gegriffen und sich mit der Begründung zurückgezogen, zu den Ahnen beten zu müssen. Den dritten Stein hatte er bereits bei sich getragen, denn es war derjenige, den ihm Xandor vor vielen Jahren vermacht hatte. In der Nacht, als Xandor starb,
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