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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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allen Nähten zu platzen. Menschen drängten sich dicht an dicht und boten sich gegenseitig Schutz vor der aufziehenden Kälte. Viele Stadtbürger nahmen ihnen völlig Fremde freundlich in ihre Häuser auf und teilten ihre spärliche Habe in wahrer Freundschaft mit ihnen.
    Eine Freundschaft, die sie alle das Leben kosten kann , wusste der Hauptmann nur zu gut.
    »Ich denke nicht, dass die Goblins noch eine große Bedrohung für uns darstellen«, meinte Kordal, der neben Brazuk stand und dessen finstere Mine falsch deutete. »Hier innerhalb der Mauern sind wir sicher.«
    »Du meinst wohl eher, wir sind hier gefangen«, stellte Brazuk die Dinge richtig.
    Kordal blickte ihn fragend von der Seite an.
    »Sieh dir unsere Stadt an, Kordal«, sagte Brazuk seufzend und schwenkte den Arm in einer ausladenden Geste von einer Seite zur anderen. »Ma‘vol beherbergt mehr Menschen denn je zuvor. Und die Goblins haben bei ihrem Streifzug viele unserer Vorräte und große Teile der diesjährigen Ernte vernichtet.« Brazuk drehte sich Kordal zu und flüsterte ihm verschwörerisch ins Ohr: »Wir haben nicht genug Nahrung für sie alle. Viele von ihnen werden den Winter nicht überstehen.«
    Kordal legte die Stirn in Falten. »Dann müssen wir die Nahrung rationieren.«
    »Das habe ich schon angeordnet. Was glaubst du wohl, warum viele nicht überleben werden? Einige sind einfach zu alt oder zu schwach, um mit dem Wenigen auszukommen, das ich ihnen zugestehen kann.«
    Kordal ließ den Blick über die Stadt schweifen und grübelte über eine Lösung nach. So viele Menschen , dachte er. Und so viele gaben ihr Blut, um sie zu schützen. Soll das alles vergebens gewesen sein? »Wir müssen doch etwas tun können!«
    »Sicher«, stimmte der Hauptmann ihm zu. »Man kann immer etwas tun.«
    »Du hast einen Plan?«
    Brazuk kratzte sich das stoppelige Kinn. »Ja, aber keinen einfachen. Ich frage mich schon die ganze Zeit, weshalb uns nur Goblins angegriffen haben, während Surdan angeblich von Orks überrannt wurde.«
    »Anscheinend sind die Orks im Norden geblieben«, überlegte Kordal.
    »Ganz recht. Aber was heißt das für uns? Waren die Goblins nur ein Voraustrupp, der unsere Stärke auf die Probe stellen sollte? Oder haben sich die Monster untereinander bekämpft? Sind die Orks am Ende gar zufrieden mit ihrer Eroberung und geben Ruhe? Und was ist mit Innar? Wurde die Hafenstadt verschont? Auf all diese Fragen gilt es, eine Antwort zu finden. Und das möglichst bald.«
    »Du willst den Flüchtlingen den Schutz Ma‘vols verwehren?«, fragte Kordal überrascht.
    Brazuk sah ihm fest in die Augen; im Blick des Hauptmanns schwang eine unerschütterliche Entschlossenheit mit. »Meine Sorge gilt allein den Bürgern Ma‘vols. Sie zu beschützen, ist meine alleinige Aufgabe. Und wenn das bedeutet, dass ich diese Fremden in den Norden oder Süden schicken muss, um sie ihr eigenes Glück finden zu lassen, dann muss ich das tun. Und werde es tun.«
    »Sie blind nach Norden zu schicken, wäre ihr Todesurteil«, protestierte Kordal, doch die Worte seines Hauptmanns klangen auch für seine Ohren überzeugend.
    »Aus diesem Grund brauche ich Antworten auf meine Fragen. Wir können die Menschen wohl noch eine Weile bei uns beherbergen und sehen dann nur einem sehr harten Winter entgegen. Allerdings nicht viel länger als einen Mond, dann muss ich das Wohl unserer Leute über das der Fremden stellen.« Er seufzte laut, denn die Entscheidung fiel ihm nicht leicht.
    »Ich werde gehen«, bot Kordal sich an. »Ich werde auskundschaften, ob der Weg nach Norden sicher für die Flüchtlinge ist und ob sie in ihre Heimat zurückkehren können.«
    »Dir ist bewusst, wie gefährlich dieser Auftrag ist?«
    »Wenn ich nicht zurückkehre, weißt du, dass noch immer Gefahr für Ma‘vol droht, und wirst die richtigen Konsequenzen ziehen.«
    Brazuk zögerte noch kurz, dann jedoch stimmte er dem Vorhaben des Kriegers zu. »Ich will dich aber nicht allein gehen lassen.«
    »Nicht allein wohin?«, fragte Lantuk, der gerade eine der Leitern heraufkletterte und nur den letzten Satz mit angehört hatte.
    »Nach Norden, mein Freund«, antwortete Kordal rasch. »Ich will herausfinden, ob man die Flüchtlinge nach Innar führen könnte, ohne sie den Goblins in die Arme zu treiben.«
    Lantuk zögerte keinen Augenblick. »Ich werde dich begleiten.«
    »Also auf Richtung Surdan«, hauchte Kordal leise und wandte den Blick gen Norden. Von hier aus konnte man die Berge noch nicht

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