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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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vernichtete Grunduul die drei Aurasteine und löschte so jede Verbindung zwischen sich und dem dämonischen Magier.
    Während Grunduul noch seinen eigenen Gedanken von Macht und deren Erlangung nachhing, bemerkte er nicht, wie Ul‘goth plötzlich die Augen öffnete und sich mit der Zunge langsam über die ausgetrockneten Lippen leckte.
    Er hob den rechten Arm; sofort fuhr ihm ein heißer Schmerz über die Brust. Ul‘goth biss die Zähne zusammen und presste die tellergroße Hand gegen die schmerzende Stelle. Gallak hatte sein Erwachen bemerkt und eilte an die Seite seines Königs und Freundes.
    »Wie lange?«, keuchte Ul‘goth schwach.
    Beim Klang seiner Stimme zuckte Grunduul erschrocken zusammen und wirbelte mit einer Schnelligkeit herum, die man seinem gebrechlichen Körper nicht zugetraut hätte. Beinahe entsetzt starrte er den auf Felle gebetteten Hünen an.
    »Beinahe zwei Phasen eines Mondes«, sagte Gallak rasch und betrachtete prüfend die Verbände um Ul‘goths Körper.
    Grunduul erlangte die Fassung zurück und näherte sich vorsichtig dem Lager des Königs. Fieberhaft suchte er nach einer Erklärung. Noch vor wenigen Augenblicken hätte er geschworen, dass Ul‘goth im Sterben lag. Nun wirkte der Ork mit jedem Atemzug kräftiger. Als er die Stimme erhob, brachte er seine schlimmste Befürchtung und zugleich einzige Erklärung zum Ausdruck: »Die Ahnen selbst scheinen dich zu schützen, Ul‘goth.«
    Gallak drehte ruckartig den Kopf herum und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen: »Natürlich schützen sie ihn. Er ist ihr Auserwählter.«
    »Gewiss«, sagte Grunduul mit demütiger Stimme und verbeugte sich unterwürfig vor dem liegenden Ul‘goth.
    »Genug«, stieß der Ork unter einem weiteren gequälten Atemzug hervor. »Es ist an der Zeit für mich, aufzustehen und zu handeln. Zu viel Zeit wurde bereits verschwendet.«
    »Davon rate ich ab«, widersprach Grunduul sofort. Allein, dass Ul‘goth erwacht war, schien unfassbar. Doch würde er sich auch noch seinem Volk präsentieren, wäre jede Möglichkeit dahin, seine Herrschaft anzuzweifeln. »Die Ahnen mögen dich wohl beschützen, doch sie können nicht verhindern, dass du dich erholen musst.«
    Gallak schien dem zuzustimmen, wenngleich widerwillig. Der Ork nickte zögerlich und fügte hinzu: »Du brauchst Ruhe.«
    »Ich muss mit den Fremden sprechen«, beharrte Ul‘goth.
    »Nein«, entgegnete Grunduul streng und beeilte sich, in ruhigerem Ton fortzufahren: »Du wirst sie bald sehen können. Vorerst aber brauchst du Ruhe.« Der Schamane legte eine Hand auf Ul‘goths Stirn und rezitierte im Geist eine kurze Zauberformel. »Bald bist du wieder geheilt«, versprach Grunduul mit einem falschen Lächeln, und zu seiner Erleichterung fiel Ul‘goth wieder in einen tiefen Schlaf. Er drehte sich den übrigen Anwesenden zu und hielt die Maske der Freundlichkeit aufrecht: »Lasst mich nun allein mit ihm. Ich werde zu den Ahnen beten und heute Nacht über ihn wachen.«
    Gallak zögerte, doch schließlich gab er nach und verließ gemeinsam mit Wurlagh und den beiden Wachen den Raum.
    Als die Tür sich hinter dem letzten der Gruppe schloss, erstarb Grunduuls freundliches Lächeln und wich einem raubtierhaften Grinsen. Er blickte sich noch einmal um und vergewisserte sich, dass er tatsächlich allein mit dem König war. Dann trat er näher an Ul‘goth heran und zog eine kleine Phiole aus einer Tasche seines Umhangs.
    »Die Ahnen mögen dich schützen, dennoch werden sie deinen Tod nicht verhindern können«, murmelte er siegesgewiss. Dann öffnete er Ul‘goths Mund und träufelte ihm einige Tropfen des übelriechenden Tranks auf die Zunge. »Offenbar genügt es nicht, nur deine Herrschaft anzuzweifeln, alter Freund«, flüsterte er dem schlafenden Hünen ins Ohr. »Aber ich werde dafür sorgen, dass sie ein Ende findet.«
    * * *
    Hauptmann Brazuk lehnte sich mit einem schweren Seufzen gegen eine Zinne der Stadtmauer. Er überblickte von dort aus das Schlachtfeld im Inneren Ma‘vols, das die Menschen bereits notdürftig aufgeräumt hatten. Vor wenigen Tagen hatte dort noch die schrecklichste Schlacht in der Geschichte der Stadt getobt und viele gute Männer und Frauen das Leben gekostet. Nun waren die Goblins fort, wie ein böser Albtraum einfach verschwunden; zurück blieben nur die Leichen und Trümmer des Krieges.
    Und die Flüchtlinge der nördlichen Siedlungen. Hunderte Flüchtlinge.
    Allen Verlusten zum Trotz schien Ma‘vol in diesen Tagen aus

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