Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
Aufschrei des Entzückens blieb sie stehen und ließ den Blick über die weite Landschaft schweifen.
Albrecht trat hinter sie und legte die Arme um ihren Leib.
»Lass uns gehen.«
»Weißt du denn wohin? Haben wir denn noch einen Platz auf dieser Welt, der uns Sicherheit und Wärme schenkt?«
Albrecht lächelte. »Zuerst nach Wertheim. Dort werden wir freundlich aufgenommen. Mein Vater und der Oheim sind zwar wütend, aber sie geben mir nicht die Schuld daran, meiner Stelle als Pfleger enthoben worden zu sein.«
»Haben sie denn keine andere Braut für dich im Sinn?«, fragte Elisabeth bang.
Albrecht hob die Schultern. »Bevor ich aufbrach, dich zu suchen, habe ich ihnen gesagt, dass ich keine andere heiraten werde.«
»Und? Wie haben sie reagiert?«
Albrecht sah sie nachdenklich an. »Seltsam. Ich dachte,
mein Vater würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um das zu verhindern, doch stattdessen neigte er nur den Kopf und trug mir auf, dir seine freundlichen Grüße zu übersenden.«
Elisabeth verstand. Der Graf hatte versprochen, es ihr nicht zu vergessen. Er war ein Ritter, wie sein Sohn, auf dessen Wort man sich verlassen konnte.
Sie umarmte Albrecht. »Ja, dann lass uns nach Wertheim reiten.«
Plötzlich stieg Thomas’ Bild vor ihr auf. Er lächelte und nickte ihr zu. Stumm sandte sie einen Gruß in die Ferne, wo auch immer er sich auf seiner Reise gerade aufhalten mochte. Er hatte ihren Weg gesehen, als sie selbst nicht mehr an ihn glauben konnte. Das Gefühl von Wärme und Geborgenheit, das sie in der Nähe des Apothekers so oft verspürt hatte, hüllte sie ein, und sie dankte ihm von Herzen.
Albrecht hob sie auf sein Pferd und lächelte zu ihr hinauf. »Du wirst eine freudige Überraschung vorfinden, wenn wir auf der Burg eintreffen. Ich habe mir erlaubt, Gret und Jeanne vorauszuschicken. Sind sie nicht deine persönlichen Mägde, auf die du nicht verzichten willst?«
Ihr Herz machte einen freudigen Satz. »Sind sie wohlauf?«
»Ja, bei bester Gesundheit, doch stets in Sorge um dich. Sie haben die Nacht auf der Zeller Steige unbeschadet überstanden.«
Elisabeth sandte ein stummes Dankesgebet an die Heilige Jungfrau, während sich Albrecht hinter ihr in den Sattel schwang.
Das Pferd hatte kaum ein paar Schritte getan, als eine Gruppe Bewaffneter am Waldrand auftauchte.
»Sieh nur, meine Männer haben uns gefunden.« Er winkte ihnen zu, und die Geharnischten ritten ihnen entgegen. Als sie näher kamen, erkannte Elisabeth einige von Albrechts Getreuen, die sichtlich erleichtert waren, ihren Herrn und die
Gesuchte wohlbehalten aufzufinden. Zu Elisabeths Erstaunen führten sie auch das Pferd mit sich, das sie von Burg Reicheneck hierhergebracht hatte. Elisabeth glitt von Albrechts Schlachtross und ließ sich in ihren eigenen Sattel heben. Strahlend sah sie zu Albrecht hinüber.
»Und nun lass uns nach Wertheim reiten. Es wird Zeit heimzukehren.«
Epilog
Am Tag nach St. Gregor, dem 18. März 1439, wurde Bischof Johann II. von Brunn aus seiner Haft befreit, nachdem mehrere Dutzend Junker und hohe Kirchenmänner sich für die Schuldzahlung der sechsundzwanzigtausend Gulden verbürgt hatten. Das Stift Würzburg befand sich in einer aussichtslosen Lage. Inzwischen waren alle Städte und Ortschaften, Schlösser und all deren Einkünfte verpfändet. Lediglich der Weinguldenzoll war dem Bischof auf einige Jahre noch geblieben. Und die Gläubiger des Stifts wurden nicht müde, Tag für Tag auf Rückzahlung zu drängen. Nicht wenige von ihnen griffen zur Selbsthilfe, fingen wahllos Bürger und Kirchenleute und schätzten sie auf das Härteste. Wer nicht bezahlen konnte oder wollte, riskierte, sein Leben elendig in einem Kerker zu beschließen.
An Albrecht von Wertheims statt wurde nun Herzog Sigmund von Sachsen Pfleger und möglicher Nachfolger des Bischofs. Hans von Grumbach schäumte vor Wut. Wieder waren seine Pläne durchkreuzt worden. Was für eine Wahl! Es war der Herzog Friedrich von Sachsen, der auf die Ernennung seines dritten Sohnes drängte und all seinen Einfluss und seine Macht in die Waagschale warf. Hans von Grumbach konnte es nicht fassen. Sigmund war völlig untauglich zu regieren! Er galt als geistesschwach, und das wusste sein Vater sehr genau. Hatte er ihn nicht aus diesem Grund in den geistlichen Stand gedrängt und ihm eine Domherrenpfründe beschafft?
Doch sosehr sich der Propst auch ereiferte, Sigmund von Sachsen wurde zum Pfleger auf Lebzeiten Bischof Johanns
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