Das Arrangement
dass weitere Operationen nötig sein würden.
Zum Glück hatte er darauf bestanden, dass sie ins Saint Joseph's gebracht wurde. Noch von der Jacht aus hatte er angerufen, sodass sie im Hafen bereits von einer Ambulanz empfangen wurden. Die Sanitäter hatten sie zunächst ins Trauma-Zentrum im San Diego General gebracht, doch nachdem feststand, dass sie unter keinen ernsten inneren Verletzungen litt, hatte Andrew für ihre Verlegung ins Saint Joseph's gesorgt, wo die besten Rekonstruktions-Chirurgen der Welt arbeiteten.
Die Ärzte im Trauma-Zentrum hatten keine Probleme, ihre Knochenbrüche zu versorgen, aber er wusste, dass es wahrer Meister bedürfen würde, um ihr wunderschönes Gesicht wiederherzustellen.
Alisons Gesicht. Andrew sah ihre feinen, gleichmäßigen Züge genau vor sich. Sie glich einem modernen Schneewittchen. Wahrscheinlich hätte sie lieber ein Bein verloren als ihr exquisites Gesicht. Aber so schön sie auch war, es plagte sie dennoch eine ständige Unsicherheit, die sie immer wieder nach Bestätigung suchen ließ. Das erklärte wohl ihre Besessenheit, Karriere als Popstar zu machen, und ihre große Erwartung an Andrew, seine Verbindungen spielen zu lassen, um ihr diesen Traum zu erfüllen. Das war nicht der einzige Grund, warum ihre Ehe gescheitert war, aber einer von vielen.
Aus dem Augenwinkel sah Andrew etwas Blaues aufblitzen. Eine junge Chirurgin, noch immer im OP-Kittel, kam durch die Tür des Warteraumes auf ihn zu. Andrew erkannte sie als Teil des Ärzteteams, das die Operation durchführte.
Ihrem Gesichtsausdruck ließ sich nichts entnehmen, außer dass sie ziemlich erschöpft war. Doch Ärzte waren ohnehin ständig darum bemüht, sich keine Gefühle anmerken zu lassen. Es könnte genauso gut sein, dass Alison tot war. Das Gesicht dieser Ärztin würde auch in diesem Fall nichts weiter offenbaren als professionelles Mitleid. Im Moment war nicht einmal das zu erkennen.
“Wie geht es ihr?”, fragte er.
Die Chirurgin wischte sich über die Stirn, und Andrew entdeckte die Blutflecken auf ihrem Ärmel.
“Es ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit”, sagte sie, “aber es läuft gut.”
Andrew fühlte sich wie benommen, wahrscheinlich vor Erleichterung. “Sie wird sich wieder vollkommen erholen?”
“Wie Sie ja wissen, hatte Ihre Frau die schwersten Verletzungen im Gesicht. Wir mussten ihren Unterkiefer ersetzen und die Nase rekonstruieren. Es werden später noch weitere Operationen nötig sein, aber die Chancen stehen gut, dass wir nicht nur die Struktur des Gesichts, sondern alle charakteristischen Eigenarten wiederherstellen können.”
“Sie arbeiten nach den Fotos, die ich Ihnen gegeben habe?” Selbst nachdem alle Wunden gesäubert waren, war Alison kaum wiederzuerkennen gewesen. Deshalb hatte Andrew sie detailliert beschrieben und den Ärzten seine Fotos, die meisten Nahaufnahmen seiner Frau, die er in der Brieftasche bei sich trug, überlassen.
“Ja.” Sie lächelte, und man sah trotz der Müdigkeit, die sich auf ihren Zügen abzeichnete, dass sie äußerst zufrieden mit ihrer Arbeit war. Es war ein Sieg der Medizin und natürlich für sie ganz persönlich. “Wir haben dabei sogar noch die Reste eines Muttermals am Hals entfernt”, erklärte sie stolz.
“Muttermal?” Plötzlich wurde ihm schwindlig, und der Raum um ihn herum schien sich zu drehen. Er merkte überhaupt nicht, dass er die Ärztin wie hypnotisiert anstarrte, bis er hörte, wie sie seinen Namen rief.
“Mr. Villard? Ist alles in Ordnung?”
“Ja, ja.” Er zwang sich zu lächeln, obwohl er noch immer alles verschwommen sah. Er massierte sich die Stirn, weil er mit einem Mal Kopfschmerzen bekam. “Ich habe schon so lange nicht mehr geschlafen.”
“Es wird nicht mehr lange dauern.”
“Ich hole mir einen Kaffee”, sagte er und bemerkte, dass er atemlos klang. Es war tatsächlich lange her, dass er ein Auge zugetan hatte, und er war vollkommen erschöpft. Das war die Erklärung dafür, dass er sich so sonderbar verhielt. Jedenfalls sollte das die Ärztin glauben.
1. KAPITEL
N ew York, sechs Monate später
Alison Fairmont-Villard schlug widerstrebend die Augen auf. Sie befand sich in ihrem privaten Schlafzimmer und trotzdem verwirrte sie der Anblick um sie herum. Andrew hatte darauf bestanden, dass sie sich weit weg von der kalifornischen Heimat an der amerikanischen Ostküste in seinem Haus am Oyster Bay auf Long Island erholte. Das war jedoch nicht der Grund für ihr
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