Das Arrangement
begegnen, war gering. Vielleicht sollte sie sich einfach nur einen Apfel aus dem Kühlschrank holen und dann am Strand spazieren gehen.
Sie stellte den Haartrockner wieder aus, ohne ihn benutzt zu haben, und hängte ihn zurück in die Halterung. Diese ständigen Kontrollen ihres Ehemannes verstand sie nicht. Er war derjenige, der darauf bestanden hatte, dass sie bis auf die gesellschaftlichen Verpflichtungen beide ihr eigenes Leben führten. Sie waren sich darüber einig gewesen, dass Sex ausgeschlossen war, also konnte es nicht ihre eheliche Treue sein, die ihm Sorgen bereitete. Und trotzdem schien er das Bedürfnis zu haben, sie ständig zu kontrollieren.
Sie hätte ihn herausfordern sollen, aber das war ein Kampf, den sie sich wohl für später aufheben musste. Im Moment konnte sie die Energie dafür nicht aufbringen. Genauso wenig konnte sie die Fahrt nach Mirage Bay antreten. Sie benötigte mehr Zeit. Sie hatte ja gerade mal die Klavierstunden einigermaßen gemeistert, auf die Andrew bestanden hatte. Früher hatte sie ganz gut Piano gespielt, doch jetzt stellten die Noten eine Fremdsprache für sie dar.
Trotz aller Verdächtigungen und mulmiger Gefühle, die sie Andrew gegenüber hegte, verspürte sie durchaus auch Dankbarkeit. Er hatte ihr das Leben gerettet, dafür schuldete sie ihm etwas. Doch er erwartete einfach zu viel. Und sie hatte bereits beschlossen, wie sie damit umgehen würde.
“Andrew, bist du da? Was soll ich mit den ganzen offenen Konzertterminen machen?”
Die Stimme seiner frustriert klingenden langjährigen Assistentin Stacy ließ Andrew von seinem Millimeterpapier auf dem Zeichentisch aufschauen. Er wandte sich zur Gegensprechanlage, aus der jetzt ein tiefer Seufzer ertönte.
“Wenn du die Bestätigung für McGraw, Crow und Alvarado hast”, erwiderte er, “kannst du die restlichen US-Termine festmachen. Vergiss nicht, den Leuten zu sagen, dass wir keine Sonderkonditionen ausmachen. Der gesamte Erlös geht an Wohlfahrtseinrichtungen. Die Musiker bekommen Karrottenstäbchen und Leitungswasser.”
“Wirklich?
Leitungswasser?”
“Wirklich.” Andrew rieb mit dem Daumen über das Millimeterpapier, als wolle er damit symbolisch eine Blockade beseitigen. Er war mit dem Drang aufgewacht, etwas zu entwerfen, und das war schon lange nicht mehr vorgekommen. Es sollte natürlich etwas werden, das einen Rumpf und Segel besaß und sich durch Gewässer bewegte. Bisher hatte er nur Segelboote entworfen, und ein solches versuchte er auch jetzt zu zeichnen, aber dies hier schien ihm nicht zu gelingen.
“Andrew, bist du noch da? Christina Alvarados Manager wollen nicht mit mir reden. Sie möchten dich persönlich sprechen – sonst wird sie bei dem Konzert nicht auftreten.”
“In diesem Fall wäre sie die einzige amerikanische Popmusikerin von Weltklasse, die bei dieser Benefizveranstaltung fehlt. Sag den Leuten, dass 'Rock Rescue' noch größer wird als 'We Are The World'. Wenn sie sich das entgehen lassen will, ist das ihre Entscheidung.”
“Ich kann doch Christina Alvarado nicht als Popmusikerin bezeichnen!”
“Stacy, du verrennst dich in Nebensächlichkeiten. Hier geht es um eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Die Stars sind dazu eingeladen. Ihre Egos nicht.”
Er riet ihr, ordentlich durchzuatmen, und hielt dann seine übliche aufmunternde Rede über Megastars mit ihrem überdimensionalen Liebesbedürfnis. Am Ende erinnerte er sie daran, dass er sie aufgrund ihres Schneids angeheuert hatte. Als Antwort erhielt er ein weiteres tiefes Seufzen, das er als Zustimmung deutete: “Was immer du tust, du hast meine volle Unterstützung.” Dann unterbrach er die Verbindung.
Andrew stand vom Zeichentisch auf. Stacy würde die Alvarado-Truppe mit verbundenen Augen handhaben. Das wusste sie nur noch nicht. Man konnte nicht immer allen gefällig sein. Manchmal musste man ihnen etwas entgegensetzen. Zu viele junge Stars entwickelten sich zu Ekelpaketen und Tyrannen, nachdem sie plötzlich zu Berühmtheit und Reichtum gelangt waren, und genauso wurden dann ihre Agenten. Wenn das passierte, half nur noch ein ordentlich eisiges Bad in der Realität. Man konnte jeden ersetzen. Das war ein trauriges Nebenprodukt des sogenannten American Dreams.
In Andrews Büro gab es eine Reihe von Fenstern, die einen herrlichen Blick auf den Atlantik mit seinen wogenden Wellen und den weißen Sandstrand gewährten. Er ging zur Fensterfront hinüber, zog die Sonnenblenden vollständig hoch, öffnete die Fenster
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