Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Worten wandte er sich an den Betagten, dessen Augen stets im Schatten lagen, und fuhr fort und sprach: »Und Ihr werdet sein Kommen erwarten?« Und der Betagte antwortete und sprach: »Fürwahr, ich werde ihn erwarten – und sollte es bis ans Ende aller Tage sein.«
Und der Gorim entgegnete und sprach: »UL ist mit Euch, so wie Aldur und Belar. Sein Segen ruht auf Euch, Ältester der Menschen.« Und dann erhob er sich und begann mit lauter Stimme, auf daß alle Versammelten ihn hören möchten, und sprach: »Hier ist gelobet worden, daß die Prinzessin von Tolnedra die Gemahlin des Königs von Riva wird, welcher der Retter der Welt sein wird. Das ist der Wille ULS und Aldurs und Belars und auch aller anderen Götter. Und kein Mensch soll die Stimmen der Götter leugnen, damit die Götter in ihrem Zorn sich nicht erheben und ihn und all sein Volk vernichten.«
Und Mergon, der Gesandte des Kaiserlichen Tolnedra, ward von großer Sorge erfüllt, und er erhob sich und ergriff das Wort und sprach: »Aber alle Welt weiß doch, daß die Halle des rivanischen Königs leer und verlassen steht. Kein König sitzt auf dem rivanischen Thron. Wie sollte eine Prinzessin des Kaiserlichen Tolnedra einem angetraut werden, den es nicht gibt?«
Und da ergriff die Frau das Wort, die immer an der Seite des Altehrwürdigen weilte, der Brand beriet, und sprach: »Von diesem Tage an soll jede Prinzessin des Kaiserlichen Tolnedra sich an ihrem sechzehnten Geburtstag in der Halle des rivanischen Königs einfinden. In ihr Hochzeitsgewand soll sie gekleidet sein, und drei Tage soll sie daselbst des Königs Ankunft erwarten. Und wenn er nicht kommt, um sie zur Frau zu nehmen, soll sie frei sein zu gehen, wohin ihr Vater, der Kaiser, ihr zu gehen befiehlt, denn sie wird nicht die Begünstigte sein.«
Und Mergon entgegnete und sprach: »Ganz Tolnedra wird sich gegen eine solche Demütigung erheben. Es kann nicht sein.« Und die Frau antwortete ihm und sprach: »An dem Tag, an dem Tolnedra dies unterläßt, wird sich der ganze Westen gegen Tolnedra erheben, und wir werden die Söhne Nedras in alle Winde zerstreuen und die Städte niederreißen und eure Felder und Dörfer verwüsten. Und das Volk von Nedra wird sein wie das Volk von Mara, das nicht mehr ist. Und wie Mara wird Nedra allein in der Wildnis darüber weinen, daß sein Volk nicht mehr ist.«
Und die Könige Aloriens erhoben sich, und Eldrig ergriff das Wort und sprach: »Darauf verpflichte ich Cherek.« Und Cho-Ram sprach: »Darauf verpflichte ich Algarien.« Und Rhodar sprach: »Darauf verpflichte ich Drasnien.« Und Ormik sprach: »Darauf verpflichte ich Sendarien.« Und der Gorim ergriff das Wort und sprach: »Darauf verpflichte ich Ulgo. Erklärt Eurem Kaiser, an dem Tag, da Tolnedra sich dieser Pflicht entzieht, wird es untergehen.« Und da ergriff Podiss, Gesandter von Nyissa, das Wort und sprach: »Und was ist mit meiner Königin? Welche Stimme habt Ihr der Ewigen Salmissra in Eurer Weltordnung zugedacht?« Da erhob sich die Frau und schlug ihren Umhang zurück. Königlich war ihr Gebaren, und ihre Braue war wie mit Rauhreif bedeckt, und sie hob beide Hände, und sehet, da fiel die Kleidung des Podiss in sich zusammen, als sei der Mann in ihnen geschmolzen wie Schnee unter der Sonne. Und aus ihnen kam eine Schlange zum Vorschein. Und die Gestalt der Frau trübte sich und verschwamm, und aus dem Nebel, der sie umgab, kam eine große Schnee-Eule, und sie ergriff die Schlange mit ihren Klauen und trug sie hoch empor in die Lüfte. *
Das wurde umgeschrieben.
Und nach kurzer Zeit kehrte sie zurück, und die Frau nahm wieder ihre gewohnte Gestalt an, und Podiss ebenfalls. Und er zitterte, und aschfahl war sein Antlitz.
Und die Frau erhob die Stimme und sprach: »Berichte der Schlangenfrau in Sthiss Tor, was dir widerfahren ist. Erzähl ihr, wie leicht es für die Eule ist, die Schlange zu töten. Und vergiß es nur ja nicht, sonst bringe ich dich zur Strecke und trage dich wieder in die Lüfte empor und lasse dich auf die Erde tief unten fallen. An dem Tag, da die Ewige Salmissra ein zweites Mal ihre Hand gegen den König von Riva erhebt, an diesem Tag werde ich meine Klauen in ihr Herz schlagen und sie ein für allemal vernichten.«
Und die Könige und Abgesandten staunten ob der Magie, deren Zeuge sie geworden waren, und betrachteten die Frau mit Furcht und Verwunderung, wußten sie doch, daß die Frau eine Zauberin war.
Und da ergriff der Gorim von Ulgo das Wort und
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