Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Anekdote, die uns von einem frühen Filmproduzenten berichtet, der sämtliche Filmplots auf ›Aschenputtel‹ oder ›Goldlöckchen‹ reduzierte. ›Goldlöckchen‹ pflegte er zu kaufen, ›Aschenputtel‹ hingegen nicht. Zurück zur Arbeit. Wir hatten die ›Belgariad‹ abgeschlossen und waren nun bereit, die ›Malloreon-Saga‹ in Angriff zu nehmen. Das meiste von dem, was wir benötigten, war bereits vorhanden. Wir hatten unsere Hauptcharaktere, unser magisches Brimborium und unsere Kulturen der westlichen Königreiche. Jetzt brauchten wir einen neuen ›Bösewicht‹ (oder ein böses Mädchen) und eine neue Queste. (Ich hatte allmählich genug Heranwachsende gehabt und wollte einmal sehen, ob Garion und Ce'Nedra auch als Erwachsene funktionieren würden.) Ach, übrigens, falls irgend jemand da draußen die beiden ›Teenager‹ nennen sollte, verwandle ich ihn auf der Stelle in eine Kröte. ›Teenager‹ ist eine linguistische Verirrung, die sich Werbeagenturen und Sozialarbeiter ausgedacht haben, um eine unangenehme Wahrheit zu vertuschen. Der richtige Begriff ist ›Heranwachsender‹, und das einzig Gute daran ist, daß jeder darüber hinwegkommt – irgendwann einmal. (Na ja, die meisten jedenfalls.) In unserer neuen Landkarte haben wir die Geographie ausgeweitet, und dann war es an der Zeit, das Unrecht wiedergutzumachen, das wir den Angarakanern angetan hatten. Die Tatsache, daß Deutschland Hitler hervorgebracht hat, ändert nichts daran, daß es auch Kant, Goethe, Beethoven und Niebuhr hervorbrachte. Keine Rasse, keine Nation hat ein Monopol auf das Gute oder das Schlechte. Perfektion im einen oder anderen Extrem gibt es in der realen Welt nun einmal nicht, und in unserer Welt gibt es so etwas auch nicht. Irgendwann vereinfachte Belgarath die ganze Angelegenheit auf unzulässige Weise, indem er die Theologie ganz über Bord warf und die gegnerischen Parteien mit ›die da‹ und ›wir‹ identifizierte. Deutlicher kann man nicht werden. Wir vermenschlichten die Angarakaner, indem wir Zakath vermenschlichten und die Bedeutung von Eriond stärker herausarbeiteten. Das Christus-Ähnliche an Eriond haben wir ganz bewußt eingesetzt. Torak war ein Fehler. Eriond war die ursprüngliche ›Absicht des Universums‹. (Tiefschürfend, hm?) Die ermüdende ›Geschichte der Angarakanischen Königreiche‹ wurde den Gelehrten der Universität von Melcene übergeben, die genauso verbohrt und verknöchert sind wie ihre Kollegen an der Universität von Tol Honeth. Es hatte in der ›Belgariad‹ für uns funktioniert, also würde es wahrscheinlich auch in der ›MalloreonSaga‹ funktionieren (wenn es nicht kaputtgegangen ist, repariere es nicht), und es funktionierte. Dann setzten wir ›Die Malloreanischen Evangelarien‹ an die Stelle von ›Die Heiligen Bücher‹ in den Vorstudien zur ›Belgariad‹. Die Zielsetzung war dieselbe. Unsere Grundthese lautet, daß es zwei nebeneinander existierende Welten gibt – die gewöhnliche irdische Welt und die theologisch-magische Welt. Wenn sie sich überlappen, bricht die Hölle los, und Sie haben eine Geschichte. Sie stecken bis zum Hals in einer Story. Wollten Sie das zwanzigste Jahrhundert zusammenfassen? Versuchen Sie das zum Anfang.
Um unsere ›Geschichte‹ zu bekommen, mußten wir Manichäer werden und behaupten, Gut und Böse seien gleichmäßig verteilt. Wenn Gott allmächtig ist, warum machen wir uns dann solche Sorgen um den Teufel? Wenn die mittelalterliche Kirche den Manichäismus zur Ketzerei erklärte, hat sie sich um diese spezifische Frage herumgewunden, sie aber nie erklärt. Ich maße mir das auch nicht an.
Desgleichen haben wir eine Prise Existentialismus hinzugefügt, indem wir die stellvertretend für die Menschheit agierende Cyradis zwangen, die endgültige Entscheidung zwischen Gut und Böse zu treffen. Das ergibt eine gute Geschichte, sollte aber vermutlich nicht als Grundlage für eine persönliche Glaubenslehre genommen werden, da es Ihnen eine Menge Ärger bereiten könnte. Wenn nicht der Papst auf ihren Fall aufmerksam wird, dann vermutlich der Erzbischof von Canterbury.
Die Vorarbeiten zur ›Malloreon-Saga‹ schließen mit König Anhegs persönlichem Tagebuch, das in groben Umrissen dem Buch Eins der ›Malloreon-Saga‹ folgte. Es liefert uns eine komprimierte Chronologie, und das ist immer nützlich.
Wie bei den Vorstudien zur ›Belgariad‹ weisen auch die zur ›Malloreon-Saga‹ ziemlich viele Sackgassen auf, die wir im
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