Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
ist sehr lieblos gesprochen, Belgarath«, tadelte Aldur mich nachdrücklich. »Der Wille und das Wort dürfen nicht dieserart gebraucht werden.« * »Vergebt mir, Meister«, bat ich demütig.
»Du wirst ihn unterrichten, Belgarath. Sollte er sich als tauglich erweisen, so laß es mich wissen.« »Das werde ich, Meister«, versprach ich. »Was studierst du zur Zeit, mein Sohn?«
»Ich untersuche das Wesen der Berge, Meister.«
Ein früher Hinweis auf das Verbot, Dinge ungeschehen zu machen.
»Heb dir das für einen späteren Zeitpunkt auf, Belgarath, und studiere statt dessen diesen Mann. Dieses Studium mag dir von Nutzen sein.«
»Wie Ihr wünscht, Meister«, fügte ich mich voller Bedauern. Ich hatte das Geheimnis der Berge beinahe erforscht und wollte nicht, daß mir dieses nahe Ziel wieder entglitt. Aber nun war es aus mit meiner Muße.
Ich unterwies den Fremden, wie mein Meister es mir aufgetragen hatte. Ich stellte ihm die schwierigsten Aufgaben und wartete ab. Zu meinem größten Entsetzen entdeckte er das Geheimnis von Wille und Wort bereits innerhalb von sechs Monaten. Mein Meister nannte ihn Belzedar und nahm ihn als Schüler auf.
Dann kamen nach und nach die anderen. Kira und Tira, die Zwillinge, waren Hüterjungen, die sich verlaufen hatten und so ins Aldurstal gelangt waren – und blieben. Makor kam von so weit her, daß ich nicht verstehen konnte, wie er jemals von meinem Meister erfahren hatte, und Din von so nahe, daß ich mich fragte, warum er nicht gleich seine ganze Sippschaft mitgebracht hatte. Sambar erschien einfach eines Tages und wartete, bis wir ihn aufnahmen. Und es war meine Aufgabe, jeden von ihnen zu unterweisen, bis sie das Geheimnis von Wille und Wort entdeckten – es ist übrigens kein Geheimnis, sondern wohnt jedem Menschen inne. Und zu gegebener Zeit wurde jeder von ihnen Schüler meines Meisters, und er gab ihnen Namen, wir er es bei mir getan hatte. Zedar wurde Belzedar, Kira und Tira wurden Beltira und Belkira. Makor und Din und Sambar wurden Belmakor und Beldin und Belsambar. An jeden der Namen fügte unser Meister das Symbol für den Willen und das Wort, und wir wurden seine Jünger. *
Hier eine Anmerkung für den linguistisch Besessenen. ›Bel‹ mag – oder mag auch nicht – ›das Symbol für den Willen und das Wort‹ sein. Wahrscheinlich ist, daß es für ›Geliebter‹ steht. ›Bel‹ ist die männliche Form, ›Pol‹ die weibliche. Polgaras Name leitet sich direkt von dem ihres Vaters ab, denn es ist ein Patronymikon
Und wir bauten weitere Türme, damit wir nicht unseren Meister oder uns gegenseitig mit unseren Arbeiten und Studien störten. Anfangs quälte mich Eifersucht, weil mein Meister auch Zeit mit diesen anderen verbrachte; da Zeit bei uns jedoch keine Bedeutung hatte und ich wußte, daß die Liebe meines Meisters unendlich war und seine Liebe zu den anderen in keiner Weise die Zuneigung schmälerte, die er mir gegenüber empfand, überwand ich diese kindische Anwandlung rasch. Und je mehr das Band der Bruderschaft zwischen uns wuchs, desto stärker wurde meine Zuneigung zu den anderen. Ich fühlte ihren Geist, wenn ich arbeitete, und ich teilte ihre Freude mit jeder neuen Entdeckung, die sie machten. Weil ich der erste Jünger war, kamen sie oft wie zu einem älteren Bruder zu mir, wenn sie dem Meister irgend etwas zeigen wollten, aber zu verlegen waren, an ihn selbst heranzutreten. Ich leitete sie, so gut ich es vermochte.
Dieserart vergingen etwa tausend Jahre, und wir waren zufrieden. Die Welt jenseits des Tales veränderte sich und die Menschen mit ihr, und keine neuen Schüler fanden mehr den Weg zu uns. Diesem Rätsel wollte ich stets nachgehen, fand aber nie die Zeit dazu. Vielleicht wurden die andern Götter eifersüchtig und untersagten ihren Anhängern, uns aufzusuchen. Vielleicht aber war dieser winzige Funken, der Born für Kraft und Willen ist und unweigerlich zu Aldur führt, im Laufe der Generationen erloschen. So blieben wir nur sieben, und wir waren anders als allen anderen Menschen auf der Welt.
Und während dieser langen, langen Zeit des Studierens und Lernens beschäftigte Aldur sich mit unendlicher Geduld mit dem grauen Stein, den er mir in jener Nacht gezeigt hatte, in der er mich
wie beispielsweise im Russischen ›Iwan Iwanowitsch‹ (Iwan, Sohn des Iwan) oder ›Natascha Iwanowa« (Natascha, Tochter des Iwan). Man beachte, daß, es bei Pols Schwester nicht angewendet wurde. Ihr Vater nannte sie Beldaran, was darauf
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