Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
schließen lassen könnte, daß Belgarath sie mehr liebte als Pol.
als seinen Jünger akzeptierte. Einmal fragte ich ihn, wie er so viel Zeit damit verbringen konnte, und er lachte.
»Wahrlich, mein Sohn«, sagte er, »ich arbeitete einst ebensolange, wenn nicht länger, um eine Blume zu erschaffen, die nun so gewöhnlich ist, daß niemand sie beachtet. Sie blüht an jedem staubigen Pfad, und die Menschen gehen daran vorüber, ohne sie auch nur anzuschauen. Aber ich weiß, daß sie da ist, und ich erfreue mich an ihrer Vollkommenheit.«
Wenn ich heute zurückblicke – ich glaube, ich hätte mein Leben gegeben, das sich über so viele Jahre erstreckte, hätte mein Meister niemals das Geheimnis des grauen Steines entdeckt, der so viel Schmerz über die Welt gebracht hat.
Der Stein, den er ein Juwel nannte, war grau (wie ich schon erwähnte) und weitgehend rund und besaß etwa die Größe eines menschlichen Herzens. Ich glaube, mein Meister fand ihn in einem Bachbett. Mir schien er ein recht gewöhnlicher Stein zu sein; aber mir ist so manches verborgen, das Aldur in seiner Weisheit ohne Mühe erkennt. Vielleicht war etwas in dem Stein, das nur er allein wahrzunehmen vermochte, oder es war ursprünglich tatsächlich nur ein schlichter grauer Stein gewesen, der durch Aldurs Bemühen zu dem wurde, was er war, weil er seinen Willen und seinen Geist in diesen Stein fließen ließ. Was auch immer es sein mag, ich wünschte aus vollem Herzen, er hätte sich niemals nach ihm gebückt. Nun, eines Tages, vor sehr langer Zeit, war sein Werk vollbracht, und unser Meister rief uns zusammen, damit er es uns zeigen konnte.
»Betrachtet dieses Juwel«, wandte er sich an uns.
»Ihm wohnt das Schicksal der Welt inne.« Und der graue Stein, ein gewöhnlich Ding, das des Meisters Hand über tausend Jahre und länger glatt poliert hatte, begann zu glühen, als würde ein winziges blaues Feuer tief in seinem Inneren flackern.
Und Belzedar, der geistig stets sehr rege war, fragte: »Großer Meister, wie kann ein Ding, das so klein ist, so wichtig sein?«
Und unser Meister lächelte, und der Stein leuchtete heller. In seinem Inneren schien ich schwach flackernde Bilder zu erkennen. »Hier drinnen ruht die Vergangenheit«, erklärte unser Meister, »und ebenso die Gegenwart und die Zukunft. Das ist nur ein kleiner Teil der Eigenschaften dieses Juwels, das ich geschaffen habe. Damit werden die Menschen – oder die Erde selbst – geheilt oder zerstört. Was immer einer tun mag, selbst jenseits der Kraft von Wille und Wort, mit diesem Juwel wird es zustande kommen.«
»Das ist wahrhaft ein wunderlich Ding, Meister«, sagte Belzedar, und mir schien, als glitzerten seine Augen und als zuckten seine Finger.
»Aber Meister«, warf ich ein, »Ihr sagtet, das Schicksal der Welt würde von diesem Juwel abhängen. Wie kann das sein?«
»Es enthüllte mir die Zukunft, mein Sohn«, erwiderte der Meister traurig. »Dieser Stein wird die Ursache gewaltiger Auseinandersetzungen, bitteren Leides und großer Zerstörung. Seine Macht genügt, die Leben von noch Ungeborenen so leicht auszulöschen, wie du eine Kerzenflamme auszublasen vermagst.« »Dann ist es ein böses Ding, Meister«, sagte ich, und Belsambar und Belmakor pflichteten mir bei.
»Vernichte es, Meister«, beschwor ihn Belsambar, »ehe es diese Schrecken über die Welt bringen wird.«
»Das kann nicht geschehen«, entgegnete unser Meister.
»Gelobt sei die Weisheit Aldurs«, rief Belzedar. »Mit unserer Hilfe wird der Meister das wundersame Juwel zum Guten führen und Böses verhindern. Es wäre unentschuldbar, einen so wertvollen Gegenstand zu vernichten.«*
»Zerstört ihn, Meister«, baten Belkira und Beltira vereint, ihre Gedanken wie stets im Einklang. »Wir flehen dich an, mach ungeschehen, was du da geschaffen hast.«
»Das darf nicht sein«, sagte unser Meister erneut. »Es ist verboten, Geschehenes ungeschehen zu machen. Selbst ich kann nicht ungeschehen machen, was ich schuf.«
»Wer kann dem Gott Aldur etwas verbieten?« fragte Belmakor.
*Dies ist der erste Hinweis auf Belzedars Besessenheit von dem Juwel.
»Das kannst du nicht verstehen, mein Sohn«, erwiderte unser Meister. »Dir und anderen Menschen mag meine Macht und die meiner Brüder grenzenlos erscheinen, aber dem ist nicht so. Und ihr sollt wissen, meine Söhne, ich würde das Juwel nicht ungeschehen machen, selbst wenn es erlaubt wäre. Seht euch um in dieser Welt, einer Welt in ihren Kinderjahren, und
Weitere Kostenlose Bücher