Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Tribut.
DAS KAISERREICH VON TOLNEDRA
ANMERKUNG FÜR DEN KAISERLICHEN STUDENTEN: * Da dies, Euer Hoheit, wahrscheinlich Eure erste Konfrontation mit der ungeschminkten Wahrheit über Euer Land ist, dürfte es angebracht sein, unsere Beweggründe offenzulegen, warum wir ein – mitunter – so unvorteilhaftes Bild zeichnen. Unser Studium der Geschichte hat erwiesen, daß derjenige, der ohne Illusionen herrscht, der beste Herrscher ist, und es ist der Wunsch der gesamten Fakultät, Eure Hoheit zum bestmöglichen Herrscher zu machen. In den nächsten
Die Universität von Tol Honeth existiert angeblich zu dem alleinigen Zweck, den Kronprinzen zu erziehen und auszubilden. Des weiteren haben wir uns dazu entschlossen, zwischen ›Euer Hoheit‹ und ›Euer Majestät‹ zu unterscheiden. (›Hoheit‹ für einen Prinzen oder eine Prinzessin; ›Majestät‹ für einen König oder eine Königin.) Diese Unterscheidung wird allerdings an den Königshöfen dieser Welt nicht konsequent durchgehalten.
Jahren werden Euer Hoheit die Staatskunst, Diplomatie, Politik, auswärtige Beziehungen und Wirtschaftstheorie studieren. Mit Fortschreiten Eurer Ausbildung werden Euer Hoheit routinemäßig Abschriften sämtlicher Berichte erhalten, mit Ausnahme der allergeheimsten, die Eurem Vater, dem Kaiser, vorgelegt werden. Euer Hoheit werden im Unterrichtsraum kaiserliche Entscheidungen treffen, die wir sodann mit den tatsächlichen Entscheidungen des Kaisers vergleichen werden. W werden ir sie einer eingehenden Kritik unterziehen mit dem Ziel, diese Entscheidungen gründlich zu bewerten. Daher ist es notwendig, daß Ihr nun, am Beginn Eurer Studien, das bestmögliche Verständnis für die in Tolnedra und den anderen Königreichen vorherrschenden Realitäten gewinnt. Dieser Überblick, der in bestimmten Abständen auf den neuesten Stand gebracht wird, hat den Zweck, Euch die erforderlichen Fakten zu liefern.
GEOGRAPHIE
Tolnedra ist, um eine Binsenwahrheit auszusprechen, eines der größeren der westlichen Königreiche. Seine Nordgrenze wird vom Unterlauf des Arendflusses gebildet und verläuft von dort weiter um die südliche Spitze von Ulgoland herum, dann in südöstlicher Richtung entlang des westalgarischen Steilabbruchs am Aldurtal bis zu der weitgehend unbestimmten Grenze zu Cthol Murgos im Osten. Weiter südwärts verläuft die Grenze zu den unteren Regionen des Distrikts der Marager – das Gebiet, welches einst als Maragor bekannt war und das sich Tolnedra zu Beginn des dritten Jahrtausends einverleibte. Von dort verläuft die Grenze in ungefährer westlicher Richtung, wobei sie zunächst immer noch an Cthol Murgos stößt, weiter bis zur nordöstlichen Spitze von Nyissa, dann zum Unterlauf des Waldflusses und schließlich bis an die Gestade des Großen Westmeeres.
Auch wenn es gebräuchlich ist, in öffentlichen Verlautbarungen von den ›heiligen und unverletzlichen Grenzen des Kaiserlichen Tolnedra‹ zu sprechen, sollte man dabei stets im Kopf behalten, daß jede nicht durch irgendeine Landmarke – beispielsweise einen Fluß – gekennzeichnete Grenze lediglich einen Annäherungswert darstellt. Dies gilt insbeson n dere für gebirgiges Terrain, wo der Mangel a menschlicher Besiedlung (wie auch der Mangel an staatlichem Interesse) jeden Versuch einer genauen Grenzziehung zu einer nutzlosen Angelegenheit macht.
Wie dem auch sei, ganze zwei Drittel von Tolnedra sind Ödland, bestehend aus Felsen und Eis und finsteren, endlosen Wäldern, die im kalten Gebirgswind seufzen.
Der wichtige Teil Tolnedras ist das westliche Drittel, eine fruchtbare Küstenebene, die zwischen dem Arendfluß im Norden und dem Waldfluß im Süden liegt. Diese Ebene bildet den Kern und Lebensmittelpunkt Tolnedras. Vier der fünf größten Städte sowie der Hauptanteil von Landwirtschaft und Handel konzentrieren sich in diesem Gebiet. In alte zentrale Bereiche dieser n Zeiten wurden Ebene in regelmäßigen Abständen von den gewaltigen Fluten des Nedraneflusses überschwemmt. Es ist das Verdienst der beiden frühesten Dynastien, den Nedranefluß von Tol Honeth bis Tol Horb einzudeichen, wodurch sie nicht nur die notwendige Kontrolle des Hochwassers gewährleisteten, sondern auch jenen breiten Wasserweg schufen, der Tol Honeth ungeachtet der Tatsache, daß es einhundert Leagues landeinwärts liegt, zu einem der größten Häfen der Welt macht.
Im Norden, entlang der arendischen Grenze, liegt der Wald von Vordue, wo eine extensive Holzfällerei
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