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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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konnte er ihnen den Grund ihres Aufenthaltes entlocken. In unterwürfiger Haltung näherte sich Arundhavi den beiden.
„Entschuldigen Sie, gentleman . Möchten Sie vielleicht morgen die Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigen. Ich kann Sie Ihnen zeigen. Sehr billig.“
„Verzieh dich!“, ranzte ihn der Bullige feindselig an.
„Warum so unhöflich, Randell“, sagte er andere. „Danke für das Angebot, guter Mann. Aber wir werden morgen in aller Frühe abreisen.“
„Nach Bagan? Oder Mandalay? Ich kann Ihnen dort gute Führer vermitteln.“
„Ich fürchte, für solche Vergnügungen fehlt uns die Zeit.“
„Ich verstehe. Sie sind geschäftlich hier. Darf ich fragen, welche Branche?“
In den bernsteinfarbenen Augen funkelte es und der Mann hörte auf, mit seinem Stock zu spielen. Trotz der zur Schau getragenen Freundlichkeit reagierte er mit Argwohn auf die Frage.
„Was gibt es denn Tolles zu sehen in Monywa?“, fragte der Blonde plötzlich. „Außer der Thanboddy-Pagode, meine ich.“
Er war gefährlich, dachte Arundhavi. Nun versuchte der Mann, ihn selbst auszufragen.
„Das hängt von Ihren Vorlieben ab“, ruderte er herum.
Arundhavi unternahm noch einen letzten Versuch, die Absichten der Männer zu durchleuchten.
„Ich hoffe, Ihre Geschäfte führen Sie nicht in die Chin-Berge. Die Lage dort ist sehr unübersichtlich.“
Der Blonde ließ sich nicht in die Karten schauen.
„Ja, davon haben wir auch gehört.“
„Ich wünsche Ihnen eine angenehme Fahrt“, sagte Arundhavi zum Abschied und trat den Rückzug an, sich um einen gemächlichen Schritt mühend.
„Ziemlich gewählte Ausdrucksweise für so einen armseligen Lümmel“, stellte Kavenay fest.
„Wahrscheinlich ´n Regierungsspitzel“, konstatierte Randell trocken und bestellte sich noch ein Bier.
„Möglich“, sagte Kavenay nachdenklich. „Möglich.“
    Arundhavi verschwand in die nächstgelegene Gasse, überzeugte sich, dass ihm niemand folgte. Nur kurz wähnte er sich in Sicherheit. Vor dem Seiteneingang der Pilgerherberge, durch den er zuvor entwichen war, wartete ein bewaffneter Milizionär. Ohne bemerkt zu werden wich Arundhavi zurück und umrundete den länglichen Bau zur Vorderseite. Auf dem Vorplatz standen zwei Militärlaster. Die Mönche, die die Herberge bewohnten, versammelten sich vor dem Haupteingang, bewacht von Soldaten. Von drinnen hörte er scharfe Rufe. Arundhavi fragte einen Mann in einem Pulk Schaulustiger, was da vor sich ging.
„Unter den Mönchen soll es ein paar Aufständische geben, die mit den Separatisten im Norden zusammenarbeiten. Sie kontrollieren alle, die nicht von hier sind.“
„Subversive Elemente aus dem Ausland, heißt es“, bestätigte ein anderer.
„Ja, man erkennt sie an ihren widerlichen Tätowierungen“, hörte er einen Dritten sagen.
Die unerwartete Wendung erfüllte Arundhavi weniger mit Sorge als mit äußerstem Befremden. Woher kam dieses Gerücht? Es war zu konkret, um zufällig entstanden zu sein. Ausländische Mönche mit widerlichen Tätowierungen. Man beschrieb damit keine ominösen Aufständischen. Man suchte ihn!
Eine Ahnung brachte die beiden auf der Hotelveranda ins Spiel. Steckten sie dahinter, dann wussten sie von ihm. Und das machte dieses ungleiche Gespann weit gefährlicher, als er anfangs dachte. Trotzdem wollte er seine Tarnung als Mönch aufrecht erhalten, sie barg zu viele Vorteile. Nur durfte er nicht mehr als Namdring aus Tibet reisen. Am frühen Morgen des nächsten Tages bestieg er den Bus nach Norden. Er trug die safrangelbe Robe und die Papiere eines Angehörigen des nahe gelegenen Leidi-Klosters. Die Leiche des Mannes, dem er beides abgenommen hatte, wurde nie gefunden.

Kapitel 47
    Sie schafften es noch bis ins Tal hinunter, bevor im Osten die dunklen Höhen mit dem Schwarz des nahenden Nachthimmels verschmolzen. Als Raum und Zeit die Sterne über sie dahin streuten, schliefen sie bereits, aneinandergeschmiegt der fallenden Temperatur trotzend. Nur die ersten Stunden verliefen ungestört. Ihre von der Anstrengung des Marsches ausgezehrten Körper dürsteten nach Ruhe. So entging ihnen die absolute Finsternis. Der zunehmende Mond stieg über die Gipfel und schüttete sein stumpfes Licht über das kahle Tal. Zuerst weckte sie die Stille, die sich nach und nach mit unheimlichen Geräuschen füllte. Knistern mischte sich unter das Wummern ihrer Herzen, deren Schläge sie überdeutlich wahrnahmen. Scharren und Kratzen zwängten sich durch das

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