Das Auge der Dunkelheit (German Edition)
„Army. Shoot. Shoot.“
„Ich fürchte, die Jungs sind zu einem Geländespielchen abkommandiert“, seufzte Kavenay. Auf der Karte überprüfte er die Entfernung zwischen Bagan und Monywa, rechnete kurz im Stillen.
„Was macht´s? Viel weiter dürfte unser Mönchlein auch nicht sein. Wenn überhaupt. Die Sache fängt an, spannend zu werden.“
„Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Sir?“
Ohne eine gesonderte Einladung abzuwarten, redete er einfach weiter.
„Hatten Sie ernsthaft vor, Finney ins Nirvana zu schicken?“
„Wo denkst du hin, Randell. Aber es sah echt aus. Und genau deshalb ist es exakt so gelaufen wie geplant.“
Ein amüsanter Gedanke verzog Kavenays Lippen.
„Zäher Bursche. Er hätte uns die Sache mit dem Mönch nie verraten. Wir werden ihn später ausgiebig einem weiteren Experiment unterziehen. Und dann wird es echt sein.“
„Der Bastard hat reichlich was auf dem Kasten, Sir. Was ist, wenn er entkommt?“
„Selbst wenn er sich befreit und die drei Trottel nur mit einem Zahnstocher überwältigt. Wovon ich ausgehe, denn er hat, wie du sagst, wirklich reichlich was auf dem Kasten. Wie sollte er deiner Meinung nach von da oben entkommen?“
Randell setzte ein breites Grinsen auf. Es gab einen Grund, warum sie die drei Wachen nur mit 500 Dollar extra davon überzeugen konnten, auf dem Plateau zurückzubleiben.
Kapitel 45
Sie glaubten, die lange Nacht, das Warten auf das erste Licht des Tages wäre das Schlimmste.
Sich bei vollkommener Dunkelheit auf den Weg zu machen, stellte ein unabwägbares Risiko dar und so harrten sie bis zum Morgen aus. Mit weiteren Fesseln verknoteten sie die Gelenke der beiden Wachen doppelt und dreifach mit der eisernen Liege. Wasser gab es genug, den Proviant ihrer Wachen konnten sie nicht finden.
Leonards Zustand blieb besorgniserregend. Weder wusste er um das Geschehene, noch erkannte er Ellen oder Nini. Abwechselnd verfiel er in Wein- und Lachanfälle. Dann wieder versank er in dumpfes Brüten oder bekam den verzückten Ausdruck eines Kindes, das die Welt zum ersten Mal entdeckte. Einmal betrachtete er das burmesische Mädchen versonnen, lächelte sie dann an und fragte sie hintergründig, ob sie verheiratet sei. Ellen flößte ihm eine Viertelflasche billigen Rum ein, ein Überbleibsel des Saufgelages der Wachen. Danach wurde Leonard ruhiger. Es gelang ihnen, zu schlafen, zwei kurze, unruhige Stunden.
Es war das Bild, das sich ihnen unter der Frühsonne bot, was sie in tiefe Verzweiflung stürzte.
„Oh, Gott“, flüsterte Ellen.
Ihr knickten die Knie durch. Nini, die ebenfalls ahnte, was es bedeutete, fasste ihre Hand.
Sie standen auf einem schmalen Plateau. Umzingelt von dunkelbraunen, kahlen Berghöhen, ohne Baum, Strauch oder Gras, zerschnitten von runden, ebenso kargen Tälern. Die dunkle Wüste dehnte sich in jede Richtung aus. Keine Straße, kein Pfad, kein Zeichen, dass diese Einöde je ein Lebewesen betreten hatte. Nirgends eine Bewegung, sogar die Atmosphäre hielt den Atem an. Soweit sie sehen konnten, staubige, stille Trostlosigkeit, als sei ein Teil des Mondes auf die Erde gefallen.
„Wir sterben“, sagte Nini leise, als sie Ellens Gedanken erriet.
Ihre Herrin wollte das Wagnis auf sich nehmen, die grausame Ödnis zu betreten. Das spürte Nini am leichten Druck ihrer Hand, ein Zeichen, das Ellen den Mut dazu sammelte. Stumm fügte sie sich in ihr Schicksal, weil ihr eine noch entsetzlichere Furcht das Herz verkrampfte. Vor dem, was ihr der eiskalte Tod mit den gelben Augen antun würde. Ohne Ninis Qualen zu spüren, analysierte Ellen die Lage. Der kühlen Morgenluft nach schätzte sie die Höhe des Plateaus auf 1000 bis 1500 Meter über dem Meeresspiegel. Die umgebenden Gipfel ragten noch weiter auf.
Ihr fiel es schwer, einer Richtung den Vorzug zu geben. Nur eine, dem Stand der gerade aufgegangenen Sonne nach zu urteilen, die südliche, konnte sie ausschließen. Dort baute sich, direkt an das Plateau angrenzend, ein Gipfel auf, zu steil, um ihn ohne Ausrüstung zu besteigen. Eher einem Gefühl gehorchend entschied sie sich, nach Norden aufzubrechen. Die tödlichste Gefahr würde erst auf dem Marsch auf sie warten. Jetzt bestimmte die Sonne am östlichen Horizont die Himmelsrichtungen. Stand sie erst im Zenit, brannte sie nicht nur gnadenlos auf die schattenlose Ödnis nieder. Sie machte auch jede weitere Orientierung unmöglich. Ellen weckte Leonard.
„Hi, wie geht es dir?“
„Deirdre?“, rief er und fuhr hoch.
Nie
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