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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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umklammert stieg er darüber hinweg und näherte sich der Kommandobrücke.
„Idiot“, beschimpfte er sich laut, „verdammter Idiot. Zum Teufel mit dieser Untersuchung. Zum Teufel mit Runciman. Ich sollte nicht hier sein.“
Talley wollte in seinem Büro sitzen, er wollte seine Klimaanlage. Und feist belegten Toast und Kaffee, das vor allem. Dann fiel ihm wieder ein, dass es seine eigene Idee war. Dass er weder die Untersuchung noch Runciman zum Teufel schicken konnte, wenn ihm seine Karriere am Herzen lag. Deshalb suchte sich Talley ein anderes Ziel für seinen Unmut.
„Ich war bei der Navy!“, stieß er verächtlich hervor. Wer war er denn schon, dieser verdammte Finney. Warum drängte er sich so auf? Nötigte ihn selbst zu diesem Blödsinn hier. Okay, Finney hatte wohl seine Eltern verloren.
„Aber was hab ich damit zu tun?“, grunzte Talley: „Alles Mist, verdammter.“
Halbe Tage konnte Talley mit lautem Fluchen verbringen. Es half ihm über seine Furcht. Davon hatte er reichlich. An der Tür zur Kommandobrücke blieb er stehen und linste vorsichtig hinein. Das Glas der zerborstenen Scheiben verteilte sich auf dem Boden, auch hier überall getrocknetes Blut und Einschusslöcher. Eine Blutspur führte in den angrenzenden Funkraum.
„Gott!“, stöhnte Talley.
Plötzlich dröhnte es von unten herauf und kurz darauf flammte die Beleuchtung auf.
„Na, für irgendwas ist der Kerl also doch gut.“
Sonnenlicht flutete die Brücke und Talley benötigte kein Licht. Dennoch beruhigte ihn die Tatsache, dass auf dem Schiff so etwas Lebendiges wie Stromkreise existierte. Auch die Außenbeleuchtung und die Positionslichter sprangen an. Man setzte sie nur nach Einbruch der Dunkelheit.
„Himmel. Die hat es in der Nacht erwischt.“
Er betrat die Brücke. Unterhalb der zerplatzten Fenster zog sich das Instrumentenbord hin. Es fehlten Navigationsgeräte und Teile der Armaturen, alles brachial aus der Verschraubung gerissen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke, neben der Tür nach Steuerbord, befand sich die Kapitänskajüte. Als er am Funkraum vorbeischlich, senkte er den Kopf. Ja nicht hineinsehen. Die Glassplitter knirschten unter seinen Füßen. Unentschlossen drehte er sich um. Wieder erschauerte ihn die Blutspur, die sich von der Mitte der Brücke in den Funkraum zog. Und von dort hörte er ein Klinkern.
„Oh, nein, das ist nicht gut. Das ist nicht gut.“
Nervös fummelte Talley am Walkie-Talkie herum.
„Finney! Verdammt, Finney. Kommen Sie rauf!“
Das Gerät gab nur ein Fiepen von sich und beschränkte sich im Weiteren auf gleichmäßiges Rauschen.
„Finney!“
Aus dem Funkraum fiel ein Schatten auf den Brückenboden. Er bewegte sich.
    Die überflutete Sektion versperrte Leonard den Weg. Er kehrte um, Richtung Bug. Die Beleuchtung vereinfachte die Orientierung und er kam schneller voran. Der Strom füllte die Maschinen mit Leben. Zischen in den Druckleitungen, Brummen und ein ungewöhnliches Knistern. Zunächst maß Leonard dem jedoch keine Bedeutung bei. Sein Funkgerät knackte. Offenbar versuchte Talley, ihn zu kontaktieren, bekam aber keine Verbindung zustande.
„Der Schwachkopf drückt beide Knöpfe gleichzeitig.“
Sein Problem. Was konnte da oben schon sein?
Durch die geöffneten Schotten der nächsten beiden Abteilungen konnte Leonard den vorderen Teil der Laderäume einsehen. Je weiter er vordrang, desto intensiver wurde jetzt wieder den Fäulnisgeruch. Das merkwürdige Knistern verstärkte sich. Es mischte sich ein Spratzen darunter, wie kleine, zerplatzende Feuerwerkskörper. Er entschied sich, zuerst der Ursache für dieses Knacken und Knistern nachzugehen. Doch in der angrenzenden Abteilung wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt. Hier befanden sich die Kühlräume, insgesamt vier. Drei der faustdicken Türen standen einen Spaltbreit offen. Außer Betrieb, wie er feststellte. Die Vierte war verschlossen. Leonard betätigte den Lichtschalter für die Innenbeleuchtung und lugte durch das Sichtfenster. Es entsetzte ihn weniger als der schwebende Kopf des toten Kapitäns. Hier wurde nur zur Gewissheit, was er ohnehin geahnt hatte. In der Nähe der Tür, ordentlich aufgereiht, lagen die Leichen der Mannschaft. Einundzwanzig leblose Körper. Zählte man den Kapitän hinzu, fehlte noch einer. Wo immer er auch steckte, Leonard bezweifelte, dass er das Massaker überlebt hatte. An allen Leichen stellte er Schussverletzungen fest. Einige hingerichtet, getötet durch einen

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