Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
Vom Netzwerk:
sich zwischen der gewaltigen Dieselmaschine verloren, Leitungen und tote Instrumente. Um ihn herum erklang ein dumpfes Glucksen. Es hörte sich an wie ein gigantisches Untier, das durch einen Sumpf stapfte.
Leonard befand sich bereits unter der Wasserlinie und die Strömung in der Bucht umspülte den Rumpf. Als er die eiserne Treppe hinabstieg, hallten seine Schritte hohl von den Stahlwänden wider. Langsam tastete er sich über einen Steg, der das Deck der Länge nach durchlief. Tiefer in die Schwärze hinein, entlang der endlos scheinenden Reihe der Kolbengehäuse. Dunkel überragten sie Leonard um mehr als einen Meter. Das, was er suchte, konnte er nicht entdecken.
Mist!
Das Schaltgehäuse und die Hilfsdiesel, die das Schiff mit Strom versorgten, befanden sich auf der anderen Seite der Kolbenreihe. Wenn er Licht haben wollte, zwang es ihn, sie ganz zu umrunden. Kreischend brach das Geräusch erneut in die drückende Stille. Er fuhr herum. Es war näher, viel näher. Von dort hinten kam es, vom Ende des Stegs, wo er die Kolbenreihe umgehen musste. Schritt für Schritt bewegte Leonard sich vor. Bis er in der Dunkelheit einen rundlich grünen Schimmer ausmachte, der da nicht hingehörte. Das Auge eines lauernden Dämons. Lang gezogenes Knarren lief durch den Rumpf, ein metallischer Stoßseufzer des Dampfers, als läge er noch im Todeskampf. Der Strahl seiner Lampe tanzte an das Ende der Kolbenreihe, über den Steg, der dahinter herumbog. Dann prallte er auf die metallene Wand, die das Maschinendeck von der nächsten Sektion trennte. Der grüne Schimmer drang durch das Bullauge des geschlossenen Schotts.
Woher kam das Licht?
Erst als Leonard dicht davor stand, erkannte er, dass die Sektion hinter der stählernen Tür geflutet war. In der Bordwand des Schiffes klaffte ein Riss, durch den Seewasser eingedrungen war. Das Licht der Sonne gelangte bis in diese Tiefe, durch den Riss hindurch und erzeugte den grünlichen Glanz. Die Strömung drückte in den gefluteten Raum. In der sanften Dünung schaukelten Kisten, Plastikteile und eine Metalltonne. Durch die Bewegung des Wassers schabte sie hin und wieder an der Decke der Sektion entlang. Die Ursache für das an den Nerven zerrende, hohle Schaben. Leonard hielt sein Gesicht dicht vor das Bullauge und versuchte, einen Anhaltspunkt zu finden, was das Leck verursacht haben könnte. Von unten schwebte tangartiges Gewirr heran. Haare! Ein Kopf! Nur durch die Scheibe von seinem Gesicht getrennt. Er glotzte ihn an. Erschrocken wich Leonard zurück.
„Fuck!“
Langsam schwebte der Kopf weiter. Glasige Augen in einem weißlich aufgedunsenen Gesicht, abgelöste Hautfetzen, die zerfaserten Lippen aufgesperrt wie zu einem letzten Atemzug. Der Kommandant. Die Wasserleiche trug die Uniform eines Handelskapitäns. In der Bauchgegend entdeckte Leonard zwei Einschüsse. Die Verwundungen konnten nicht sofort tödlich gewesen sein. Er war hierher geflohen. Die einzige Erklärung, warum er den Kapitän unter Deck vorfand. Tot, in einem überfluteten Raum, den er selbst von innen verschlossen hatte.
An der Steuerbordseite arbeitete Leonard sich vor, bis er das Schaltgehäuse erreichte. Seine Zeit bei der Navy kam ihm zugute. Er fand die Zündung für den Hilfsdiesel und schaltete sie ein. Erst stotternd und dann mit dröhnendem, gleichmäßigen Wummern nahm die Maschine ihren Dienst auf. Die plötzlich aufflammende Beleuchtung schmerzte kurz in den Augen. Schon besser, dachte Leonard, als er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte. Richtung Bug, im Laderaum III, raste der Strom in einen defekten Verteilerkasten. Knisternd spratzten Funken heraus, die zu Boden tänzelten. Einige landeten, schnell erlöschend, auf einem Sprengsatz, der unter dem Kasten befestigt war.
    Kaum allein gelassen holte Talley schnell wieder die Angst ein. Er hangelte sich an der Reling des Backbordumgangs entlang . Längsseits dümpelte sacht das Schnellboot. Das beruhigte ihn, die verhangenen Fenster der Kabinen zu seiner Linken taten es nicht. Ihm fehlte der Mut, hineinzusehen. In einem Punkt musste er Finney zwar recht geben; die Toten konnten sich nicht an Deck befinden. Nach zwei oder drei Tagen in der Tropenhitze würden sie einen erbärmlichen Gestank verbreiten. Trotzdem fürchtete er die unerwartete Begegnung mit einer scheußlich zugerichteten Leiche. Schon die verbogenen Metallteile, die durch die Explosion auf das Brückendeck herabgestürzt waren, verengten seine Magengrube. Das Walkie-Talkie fest

Weitere Kostenlose Bücher