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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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ruhte. Seine ausgezeichneten Manieren kleideten ihn ebenso perfekt wie der geschmackvolle Anzug. In betonter Gelassenheit sah er von einer höheren Sprosse der gesellschaftlichen Leiter herab.
    Runciman hatte sich beim Aperitif auf der Veranda von Talley kurz Bericht erstatten lassen. Unverhohlen äußerte er seine Zufriedenheit darüber, dass Schiff und Ladung geborgen werden konnten. Mit den Details der Untersuchung, die ihn weit weniger interessierten, wartete er bis zum Abendessen. Bei Leonards letzter Bemerkung hob er die linke Augenbraue. Damit drückte er zu gleichen Teilen Erstaunen und Achtung aus.
„C 4?“
„Genau. C 4. Plastiksprengstoff. Explodiert nicht unter Hitzeeinwirkung. Man kann es sogar mit dem Vorschlaghammer bearbeiten“, erklärte Leonard. „Sie brauchen einen Zünder, um das Zeug hochgehen zu lassen.“
Talley nippte noch an einem zweiten Gin und fluchte in sich hinein. Natürlich wusste dieser hochnäsige Kerl wieder die interessantere Geschichte zu erzählen. Er selbst konnte nur ein paar Splitter in den Hinterbacken vorweisen.
„Das ist eins von den Dingen, auf die ich mir zuerst keinen Reim machen konnte“, fuhr Leonard fort. „Jemand hat den Zünder aus der Ladung entfernt.“
„Das war sehr mutig von Ihnen“, sagte Lin. „Ich kenne niemanden, der so ruhig bleibt, wenn er vor einer brennenden Sprengladung steht.“ Die Worte schenkten ihm mehr als bloße Bewunderung.
„Ich hätte mir verflucht noch mal in die Hosen gemacht“, polterte Runciman dazwischen.
Talley sah sich gefordert, die Aufmerksamkeit auf seinen eigenen Beitrag zu lenken.
„Ich habe die Brücke untersucht. Es wurden wertvolle Geräte gestohlen. Und die Kasse mit den Lohngeldern. Es besteht kein Zweifel. Wir haben es mit einem Piratenüberfall zu tun.“
„Spricht einiges dagegen“, erwiderte Leonard. „Man hat das Peildeck zerstört. Gewehrgranate vielleicht. Um die Nalanda Star daran zu hindern, ein Notsignal abzusetzen. Ein solches Geschoss muss aus größerer Entfernung abgefeuert werden.“
„Schön, uns in der Handhabung von Waffen zu unterwei ...“ intervenierte Talley, wurde aber sofort unterbrochen.
„Die Mannschaft wurde in kürzester Zeit überwältigt. Die Angreifer haben das Schiff aus der entfernteren Position unter Beschuss genommen, sind aber gleichzeitig aufgeentert.“
Als erster erkannte Runciman die Bedeutung von Leonards Ausführungen.
„Dazu braucht man zwei Boote.“
„Richtig. Und zwar gute Boote. Die Sache ist nämlich nicht in der Bucht gelaufen. Sondern auf hoher See.“
„Und was wollen Sie damit sagen?“, raunzte Talley.
„Die Typen greifen mit zwei hochseetauglichen Booten an, benutzen moderne, automatische Waffen, massakrieren alle an Bord und der ganze Aufwand für ein paar nautische Geräte und eine Handvoll Kleingeld?“
„Ich stimme Mister Finney zu“, sagte Lin. „Das klingt nach mehr als einem normalen Piratenüberfall.“
Dummes Stück. Reicht dir nicht, die Beine für den Boss breitzumachen, giftete Talley sie im Stillen an. Jetzt willst du auch noch diesen Naseweis ins Bett kriegen. Er fühlte sich aus dem Feld geschlagen und mühte sich, bei Runciman zu punkten.
„Aber Tatsache ist: Das Schiff wurde geplündert. Unter diesen Umständen wollen Sie doch wohl nicht behaupten, dass das ein Ablenkungsmanöver ist. Um einen Piratenüberfall vorzutäuschen.“
„Nein“, bestätigte Leonard, aber Talleys Triumph währte nur kurz.
„Irgendjemand, die Besatzung eines Fischtrawlers vermutlich, hat den Kasten am Morgen nach dem Überfall führerlos vorgefunden. Ihn zu dieser Insel geschleppt, um sich in Ruhe zu bedienen. Damit haben die Angreifer nicht gerechnet. Die Nalanda Star sollte nie gefunden werden. Man wollte sie versenken.“
„Verdammter Mist!“ Runciman vergaß die Etikette. „Kann mir jemand diesen Scheiß erklären?“
„Alle Maschinen waren abgeschaltet“, warf Talley ein. „Es war stockdunkel. Die Angreifer sind auf ihre Boote und haben schnell das Weite gesucht.“
„Nehme ich auch an“, bestätigte Leonard. „Sie haben Detonationen gehört. Es waren fünf Sprengsätze. Aber dem Kapitän ist es noch gelungen, drei davon zu entschärfen.“
Der Grund, warum der Kapitän sich unter Deck befand, ging Leonard erst nach der Rückkehr auf.
„Und er hat die Schotten verriegelt, dort, wo er zu spät kam. Die Angreifer waren sich ihrer Sache sicher. Sie konnten im Dunkeln nicht sehen, dass das Schiff nicht gesunken

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