Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
des Löwen heißt einen jeden hier willkommen zu diesem feierlichen Anlass«, antwortete der Emir mit tragender Stimme. »Möge der Segen der Götter auf auch allen ruhen, und mögen sie fügen, dass dies ein Tag ist, von dem man seinen Enkeln voller Freude berichten kann. Zur Feier des Tages werden alle Gefangenen befreit und alle Verbrecher begnadigt.«
Die Freude darüber war hier im Thronsaal nur verhalten, aber wenige Minuten später wurden die Worte des Emirs am Palasttor verlesen. Der Jubel des gemeinen Volkes war deutlicher und auch bis hierher zu hören.
Der Emir setzte sich, und das Fest nahm seinen Lauf.
In der nächsten Stunde verkündeten die geladenen Gäste ihre Segens- und Geburtstagswünsche für Faihlyd, die scheinbar gelassen dasaß. Aber ich sah, dass ihre Augen ständig in Bewegung waren. Sie war ähnlich gekleidet wie Leandra, wenn auch prunkvoller, denn sie trug ebenfalls eine Rüstung unter ihrem Obergewand. Sie wusste auf jeden Fall, wie man sich hinsetzen musste, um hoheitsvoll auszusehen, dennoch schien das Lächeln, das hin und wieder um ihre Lippen spielte, natürlich und nicht aufgesetzt.
Als einer der Emire ihr einen kaum entwöhnten kleinen weißen Löwen schenkte, lachte sie sogar auf und klatschte vor Freude in die Hände; durch nichts verriet sie, dass sie unter irgendeiner Anspannung stand. Als sie sich vorbeugte, um das jämmerlich maunzende Löwenkind in Empfang zu nehmen, sah ich, dass sie das Auge von Gasalabad trug. Wenigstens vor Nekromantie war sie sicher.
Danach traten die Priester einzeln an sie heran und legten ihr die Hand auf die Stirn, segneten sie als erwachsene Frau und nicht mehr als Kind. Damit war Faihlyd nun offiziell erwachsen.
Eine kurze Pause folgte, in der Akrobaten und Tänzerinnen die Menge unterhielten, während Diener mit silbernen Tabletts heraneilten, um den Gästen auf den Podesten Erfrischungen zu reichen. Die Gäste vor dem Podest mussten darben. Nur die Priester erhielten, aus der Hand Faihlyds, kristallklares Wasser in einfache hölzerne Schalen gegossen.
Als die Akrobaten und Tänzerinnen wieder davoneilten, erhob sich der Emir erneut.
Wieder wurde es totenstill im Raum.
»Dies ist ein glücklicher Tag für mich«, sprach er. »Nicht nur, dass ich das Glück hatte, meine Tochter zu einer schönen jungen Frau heranreifen zu sehen, die Götter gewährten mir in ihr einen würdigen Erben für das Haus des Löwen und die Krone von Gasalabad. Die Last meiner Jahre drückt mich schwer, es wird Zeit, die Krone Gasalabads auf ein jüngeres Haupt zu setzen, auf dass ein neuer Löwe euch und diese Stadt in die Zukunft führt.« Er erhob sich und nahm die Krone ab, um sie hoch über sich zu halten.
»Erhebt Euch, Faihlyd aus dem Haus des Löwen, und kniet nieder, um die Krone der Gerechtigkeit zu empfangen«, sprach der Priester Borons.
»Erhebt Euch, Faihlyd aus dem Haus des Löwen, und kniet nieder, um die Krone der Gnade zu empfangen«, folgte der Priester Soltars.
»Erhebt Euch, Faihlyd aus dem Haus des Löwen, und kniet nieder, um die Krone der Liebe zu empfangen«, beendete die Priesterin Astartes den Aufruf.
»Lasst uns beten für sie, auf dass sie in Weisheit, Gerechtigkeit und Liebe die Krone empfängt. Lasst denjenigen, der einen höheren Anspruch auf das Erbe des Löwen anmeldet, nun vortreten, oder er soll für immer schweigen«, riefen die Priester dann gemeinsam aus.
Faihlyd kniete sich nieder, und ihr Vater senkte die Krone.
»Ich erhebe einen höheren Anspruch auf die Krone Gasalabads, Vater«, sagte Marinae, als sie sich von dem Thron des Baums erhob.
Ein Raunen ging durch die Menge, und ihr Vater sah sie entsetzt an, selbst Faihlyd sah überrascht auf.
»Aber du gehörst dem Haus des Baums an!«, rief der Emir.
»Nicht länger. Denn das Haus des Baums hat meinen Gemahl getötet und einen Mord an mir und meinem Kind versucht«, sagte Marinae mit vernehmlicher Stimme. Ich sah erschrockene Gesichter in den Reihen der Angehörigen des Baums. Eines kam mir irgendwie bekannt vor, es war gleichermaßen überrascht wie erschrocken.
»Dieser Mann, Abd el Gerim, mein engster Vertrauter und Führer meiner eigenen Leibwache, überfiel meinen Gemahl und mich!«
»Aber, Essera …«, stammelte der Mann. »Ihr wisst doch, ich …«
»Ihr dachtet wohl, ich hätte Euch nicht erkannt? Ihr habt mir Eure Treue und Euer Leben geschworen, Gerim. Wollt Ihr hier leugnen, dass Ihr es wart, der meinen Mann und mich überfiel? Wollt Ihr nicht
Weitere Kostenlose Bücher