Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
noch einmal.
»Weißt du, als wir herkamen, sprachst du davon, dass ich ein guter Herrscher wäre. Wie kann das sein, wenn ich die Dinge so falsch sehe? Nun gut, du hast deine Aufgabe, ich habe die meine. Jeder von uns muss seinen Weg gehen. Ich wünsche mir nur, dass wir ihn zusammen gehen.«
»Das wünsche ich mir auch. Havald, du musst doch wissen, dass mein Herz dir gehört!«
Ich sah sie an. »Darüber bin ich froh, denn du hast auch das meine. Geh sorgsam damit um.« Dann wandte ich mich endgültig zum Gehen.
Meine Füße fanden den Weg zum Tempel Soltars von allein. Wieder stand der gleiche Priester auf den Treppen des Tempels, und als er mich kommen sah, nickte er mir zu. Diesmal hatte ich ja keinen Gefangenen dabei.
Selim. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich würde von dem kleinen Dieb noch hören.
Nachdem ich vor der Statue des Gottes gekniet hatte, erkundigte ich mich bei einem Adepten nach dem Chirurgen.
»Es tut mir leid, Esseri, aber er ist nicht zu sprechen«, sagte der Adept. »Unser Herr hat ihn zu sich gerufen.«
Ich warf der Statue einen Blick zu. Wie überraschend.
»Dann bitte den Hohepriester.«
Der Adept neigte den Kopf. »Darf ich fragen, wer Ihr seid?«
»Mein Name ist Havald.«
Er nickte. »Bitte hier entlang, Esseri. Ich werde sehen, ob Vater Lainord Zeit für Euch findet.« Er drehte sich um und ging voraus, ich folgte ihm die Treppe nach unten, in die inneren Räume des Tempels. Er öffnete eine Tür und ließ mich vorangehen. Es war ein unterirdischer Andachtsraum, und auch hier stand eine Statue des Gottes. Dieser Raum war oval und besaß außer der Tür, durch die wir eintraten, noch drei weitere schwere Türen aus Bronze.
»Wartet bitte hier.« Er wies auf eine steinerne Bank. »Nur Geweihte unseres Gottes dürfen diese Türen passieren.« Er ließ seine Hände in den weiten Ärmeln seiner Robe verschwinden. »Es kann länger dauern. Ich empfehle Euch, die Zeit zu nutzen, über die Vergänglichkeit Eures Lebens nachzudenken und Euch darauf zu besinnen, was Ihr zum Besseren wenden könnt. Soltar wird Eure Seele in Empfang nehmen und nach Eurem Leben bemessen. Denn er ist es, der es Euch gab.« Er verbeugte sich und ging durch eine dieser schweren Türen, die mit einem lauten metallischen Geräusch zufiel.
Ich blieb vor der Statue des Gottes stehen. Ich hatte dies schon mehr als einmal gehört: dass er nicht der Gott der Toten sei, sondern es korrekter wäre, ihn den Gott der Seelen zu nennen, denn er gab sie uns für ein Leben, um sie dann wieder in sich aufzunehmen.
»Es ist dennoch meine Seele«, sagte ich zu ihm. »Wenigstens im Moment noch.«
»Gut«, sagte eine Stimme hinter mir. »So soll es ja auch sein.« Ich drehte mich um und sah einen alten Mann hinter mir stehen, hager, aber mit jener Vitalität, die der Dienst an ihrem Gott den Priestern oftmals verlieh.
»Ich bin Lainord, der Hohepriester Soltars im Tempel zu Gasalabad.« Er musterte mich.
»Havald ist mein Name, Eminenz.«
»Folgst du ihm, Havald, wie so viele andere Soldaten oder Krieger auch?«
Folgen? Eher zerrte er mich, wohin er es wollte. Oder, wenn Varosch recht hatte, wartete er immer an den falschen Stellen auf mich.
»Ja«, sagte ich einfach. Es gab keinen Grund, diesem alten Mann meine Einstellung zu meinem Gott zu schildern. »Ich benötige Eure Hilfe.«
»Der Segen Soltars mit dir, Havald«, sagte er und strich mir mit zwei Fingern über die Stirn. Wie üblich spürte ich nichts von einem göttlichen Segen.
Er lächelte. »Oder dachtest du an etwas anderes?«
»In der Tat. Sagt, wie kommt es, dass Ihr so schnell für mich Zeit fandet?«
»Havald, ich habe dich erwartet.«
Ich warf der Statue einen Blick zu. Natürlich.
Der Hohepriester lachte leise. »Nein, keine göttliche Eingebung. Ich sah, wie du den Tempel betreten hast. Ich erkundige mich gerne über die Menschen, die von unserem Gott die Gnade einer wundersamen Heilung erhalten. Ich war anwesend, als es geschah.«
Ich sah ihn scharf an, aber er war nicht der Priester, mit dem ich damals diese denkwürdige Unterhaltung geführt hatte.
Er wies auf die steinerne Bank. »Setz dich und erzähl mir, was dich in das Haus Soltars führt.«
Ich setzte mich und legte Seelenreißer neben mir auf den Boden. »Eminenz. Ich bin fremd in dieser Stadt und verstehe sie nicht. Ich benötige die Weisheit des Tempels. Und das Wissen in den Tempelarchiven.«
»Warum?«
»Um eine Entscheidung zu fällen.«
Als ich zum Haus der Hundert
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