Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
Brunnen zurückkehrte, war die Nacht bereits angebrochen. Im Atrium angelangt, blieb ich stehen und sah zum Himmel auf. Beide Monde standen hoch, selten hatte ich das Firmament so klar gesehen. Ich musterte die Zeichen der Götter eine Weile.
»Seid Ihr unter die Sterndeuter gegangen?«, hörte ich eine Stimme. Es war Janos, der aus dem Schatten trat.
»Nein. Die Zeichen der Zukunft offenbaren sich mir nicht. Ich habe nur überlegt, was diese Sterne schon alles gesehen haben.«
»Ihr solltet Euch nicht solchen Gedanken hingeben«, sagte Janos. »Sie können nur bedrückend sein.« Er sah zur Tür, dann wieder zu mir. »Wo ist Leandra?«
»Sie hat noch diplomatische Verpflichtungen.«
»So.« Er ließ sich auf einer der Bänke nieder. Nur eine kleine Laterne und das Mondlicht erleuchteten das Atrium. Als ich mich setzte, erschien es mir auf einmal richtig friedlich, das Halbdunkel angenehm. Es war gerade genug Licht, um die Muster in den Steinplatten zu erkennen und den Springbrunnen, der vor sich hin plätscherte. Ich setzte mich neben ihn. »Was ist mit den anderen?«, fragte ich.
»Sie schlafen. Ich habe die erste Wache.«
Ich nickte still, und für eine Weile hörten wir beide nur dem Brunnen zu.
»Was haltet Ihr von der ganzen Sache, Janos?«
»Meint Ihr unsere Mission oder Bessarein oder gar nur Gasalabad?«
Ich seufzte. »Bessarein und Gasalabad.«
Er nickte und ließ sich dann Zeit mit der Antwort. »Es ist ein Wespennest. Politik. Gebt mir einen klaren Auftrag und einen Befehl, ein Schwert in die Hand und einen sichtbaren Feind, und ich weiß, was zu tun ist. Politik ist anders. Man muss die Schatten in den Schatten sehen. Ich bin froh, dass ich morgen mit den anderen zurückgehe.« Er sah zu mir hinüber. »Ich beneide Euch nicht, Havald.«
»Ihr wolltet unsere Gruppe führen.«
»Als ich dachte zu wissen, was zu tun wäre. Nun weiß ich es nicht mehr. Sieglinde meint, ich solle von Euch lernen.«
»So, meint sie das?«
Er lachte. »Hätte ich Eure Erfahrung, wäre es wohl anders. Besäße ich sie, gäbe es wohl auch für Euch keinen Zweifel, wer wem folgt, oder?«
Ich schüttelte lächelnd den Kopf. »Es gäbe keinen Zweifel.«
Er sah mich an und grinste. »Das kann ich jetzt auslegen, wie ich will, nicht wahr?«
Ich nickte.
Sein Gesicht wurde ernst.
»Leandra liebt Euch, Havald. Das steht fest. Sieglinde meint, ihr wärt füreinander bestimmt. Seit dem ersten Moment, in dem ihr euch gesehen habt, sei dies für jeden klar.«
»Und wie seht Ihr es, Janos?«
»Ich habe gelernt, Sieglinde zu vertrauen. In manchen Dingen erkennt sie mehr als ich. Oder Ihr. Sie sieht mit den Augen eines Barden.«
Ich dachte an die Augen der Fee, die ihr gegeben wurden. Er hatte vielleicht recht.
»Ihr solltet Euch mit ihr zur Ruhe setzen. Das Aufgebot im Tempel bestellen, Astartes Segen empfangen und einen Gasthof führen. Eure Gäste mit Euren Abenteuern unterhalten.«
»Vielleicht sollte ich das. Aber, Havald, Sieglinde und ich sind uns einig, dass wir bei Euch bleiben werden. Ich weiß nicht, was es ist, aber es scheint, als ob um Euch herum ungewöhnliche Dinge geschehen. Wichtige Dinge. Wenn ich hinter einer Theke stehen würde und einen Soldaten Thalaks als Gast begrüßen müsste, spätestens dann würde ich es bereuen, Euch nicht gefolgt zu sein.«
»Wie ist Euer wirklicher Name, Janos?«
Er holte tief Luft. »Amela.«
Ich blinzelte verblüfft.
Er schaute zu Boden. »Es ist der Name meiner Mutter. Sie starb bei meiner Geburt. Sie war es, die den Namen aussuchte. Mein Vater liebte sie.«
»Das ist Euer Geheimnis?«, fragte ich erstaunt. »Das ist der Grund, warum Ihr uns Euren Namen vorenthalten habt?«
Er schaute wieder zu Boden. »Ihr könnt Euch nicht vorstellen, welche Überwindung es mich kostete, Euch das zu sagen. Ich glaube, man muss mit dem Namen leben, um es zu verstehen. Selbst im Tempel wurde ich deswegen gehänselt. Als ich in die Armee eintrat, war es noch schlimmer. Jedes Mal, wenn der Korporal die Rolle verlas, kicherte die halbe Kompanie. Ich hasste es. Manchmal hasste ich sogar meinen eigenen Vater dafür. Es ist nicht leicht, mit dem Namen einer Frau zu leben.«
»Amela bedeutet in der Sprache der Nordländer die Tapfere . Genauer gesagt bedeutet Amel tapfer . Die weibliche Form ist Amela, die männliche Form Amelas. Euer Name ist also Amelas.« Ich machte eine beschwichtigende Geste. »Kein Grund, sich zu schämen.«
Selbst im Halbdunkel war sein durchdringender Blick
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