Das Auge des Leoparden
der Afrikaner, die über den unleserlichen Anwesenheitslisten hocken, Tee zu kochen. Der traurige Ausdruck in Mister Pihris Gesicht weicht augenblicklich einem breiten Lächeln. Hans Olofson beschließt, ebenfalls zu lächeln.
»Unsere Behörden nehmen es mit den Formalitäten sehr genau«, sagt Mister Pihri. »Das haben wir von den Engländern gelernt. Vielleicht sind unsere Behörden mittlerweile sogar ein wenig übergenau. Aber bei den Menschen, die unser Land besuchen, müssen wir eben vorsichtig sein. Alle Papiere müssen in Ordnung sein.«
Dann geht es also um mich, denkt Hans Olofson. Warum muß dieser lächelnde Mann ausgerechnet heute kommen, wenn Judith krank ist?
Sie trinken Tee im Halbdunkel der Hütte, und Hans Olofson beobachtet, daß Mister Pihri acht Löffel Zucker in seine Tasse gibt.
»Madam bat mich, Sorge dafür zu tragen, daß Ihr Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung möglichst schnell bearbeitet wird«, sagt Mister Pihri, während er seinen Tee in kleinen Schlucken trinkt. »Es ist ja so wichtig, daß man unnötigen Ärger vermeidet. Madam und ich pflegen uns zu unserem gegenseitigen Vorteil behilflich zu sein. Es stimmt mich sehr traurig, hören zu müssen, daß sie krank ist. Sollte sie von uns gehen, wäre das äußerst unvorteilhaft.«
»Vielleicht kann ich Ihnen ja behilflich sein«, sagt Hans Olofson.
»Da bin ich ganz sicher«, antwortet Mister Pihri.
Aus seiner Jackentasche holt er einige maschinengeschriebene und abgestempelte Blätter. »Ich bin Mister Pihri«, wiederholt er. »Polizeibeamter und ein sehr guter Freund von Madam Fillington. Ich hoffe, daß sie nicht stirbt.«
»Ich darf mich in ihrem Namen herzlich bei Ihnen bedanken. Da sie verhindert ist, würde ich Ihnen gern einen Gefallen tun.«
Mister Pihri lächelt weiter. »Meine Freunde und Kollegen im Immigration Department sind zur Zeit sehr beschäftigt. Die Arbeitsbelastung ist außergewöhnlich hoch. Außerdem werden viele Anträge auf Erteilung einer vorläufigen Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt. Bedauerlicherweise müssen die Behörden zuweilen auch Menschen abweisen, die sich wirklich gern in unserem Land aufhalten würden. Es ist natürlich unangenehm, ein Land binnen vierundzwanzig Stunden verlassen zu müssen. Vor allem, wenn Madam Fillington krank ist. Ich hoffe nur, daß sie nicht stirbt. Aber meine Freunde im Immigration Department haben viel Verständnis. Deshalb freue ich mich, Ihnen diese Papiere überreichen zu können, unterzeichnet und in der vorschriftsmäßigen Reihenfolge gestempelt. Schwierigkeiten soll man tunlichst aus dem Weg gehen. Unsere Behörden nehmen es nicht auf die leichte Schulter, wenn jemand die nötigen Dokumente nicht vorweisen kann. Manchmal sehen sie sich sogar gezwungen, Menschen für unbestimmte Zeit in Gewahrsam zu nehmen.«
Mister Pihris Miene verdüstert sich wieder. »Die Gefängnisse in unserem Land sind leider sehr rückständig, besonders in den Augen von Europäern, die an andere Verhältnisse gewöhnt sind.«
Was will er haben, denkt Hans Olofson.
»Ich bin Ihnen natürlich sehr dankbar für alles«, sagt er. »Deshalb würde ich Ihnen gern in Madam Fillingtons Namen zeigen, wie sehr wir Ihre Hilfe zu schätzen wissen.«
Nun lächelt Mister Pihri wieder. »Der Kofferraum meines Wagens ist zwar nicht besonders groß, aber fünfhundert Eier passen problemlos hinein.«
»Lade fünfhundert Eier in Mister Pihris Auto«, sagt Hans Olofson zu einem der Kontoristen.
Mister Pihri überreicht ihm die abgestempelten Dokumente. »Diese Stempel müssen leider von Zeit zu Zeit erneuert werden. Man muß Schwierigkeiten immer aus dem Weg gehen. Deshalb pflegen Madame Fillington und ich uns auch regelmäßig zu treffen. Auf diese Weise kann man sich mühelos ein Menge Unannehmlichkeiten ersparen.«
Hans Olofson begleitet Mister Pihri zu seinem Wagen, in dessen Kofferraum sich die Eierkartons stapeln.
»Mein Auto kommt allmählich in die Jahre«, sagt Mister Pihri bekümmert. »Vielleicht gibt es eines Tages ganz seinen Geist auf. Dann könnte es für mich schwierig werden, Madam Fillington zu besuchen.«
»Ich werde ihr ausrichten, daß Ihr Auto in einem schlechten Zustand ist«, antwortet Hans Olofson.
»Dafür wäre ich Ihnen dankbar. Sagen Sie ihr doch bitte auch, daß bei einem meiner Freunde in Kitwe im Moment ein ausgezeichneter gebrauchter Peugeot zum Verkauf steht.«
»Ich werde ihr davon erzählen.«
Sie wiederholen die komplizierte Grußprozedur.
»Es hat
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