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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Boden-Boden-Raketen, ihrem Panzer, und und und …
    »Nichts zu sehen«, stellte Merthes fest. »Kein Lebenszeichen.«
    »Hier bleibt bestimmt nichts lange lebendig«, murmelte Rebecca. »Da passen die Wächter schon auf.«
    Der Oberst warf ihr einen Blick zu, sagte aber kein Wort.
    »Sie passen auf.« Es war Alyssa, die Rebeccas Satz aufgriff. »Und doch haben sie uns durchgelassen, obwohl sie ganz genau wissen mussten, wohin wir unterwegs waren. Das lässt nur eine einzige logische Schlussfolgerung zu: Sie wollten , dass wir genau diesen Weg gehen, und dafür muss es Gründe geben.«
    »Vielleicht … die Spinne?« Der semmelblonde Junge mit den Sommersprossen biss sich auf die Lippen. Das unregelmäßige Pünktchenmuster in seinem Gesicht hob sich stärker ab denn je, bleich wie er war. Nicht wegen der Grippe im Moment, dachte Rebecca. In seinen weit aufgerissenen Augen stand der blanke Horror. »Vielleicht wohnt sie da hinten, wo es so dunkel ist, und sie schicken ihr Opfer ab
und zu, und dann kommt sie raus und holt sie sich wie bei …«
    Ganz langsam wandte sich sein kommandierender Offizier zu ihm um und musterte ihn aufmerksam, ohne jedes Wort.
    »… King Kong«, vollendete der Junge. Seine Stimme schien in der Weite des Felsengewölbes zu versickern.
    Merthes warf ihm einen letzten Blick zu, wandte sich dann wortlos ab und setzte den Abstieg fort. Für einen Weg, den seit babylonischen Zeiten niemand mehr benutzt hatte, war der Pfad tadellos in Ordnung. Andererseits gab es hier unten auch nichts, das ihn beschädigen konnte. In den Winkeln und Spalten des Gesteins wuchsen Moose und Flechten, doch höhere Vegetation konnte sich nicht ausbreiten an diesem Ort, an den niemals ein Sonnenstrahl drang. Das Einzige, das wirklich im Übermaß existierte, waren Käfer. Rebecca fragte sich, wovon sie sich ernährten. Voneinander wahrscheinlich. General Stoltenbeck wäre von einer Verzückung in die nächste gefallen, wäre er jetzt bei ihnen gewesen. Wäre er noch am Leben gewesen, verbesserte Rebecca in Gedanken. Niemand von ihnen erwähnte das Camp, doch wer konnte Zweifel haben, was dort geschehen sein musste?
    Der Pfad wurde steiler, kurz bevor er den Boden der Senke erreichte. Deutlich erkannte man Treppenstufen, künstlich in den Fels getrieben.
    »Spinnen brauchen keine Treppen«, hörte Rebecca ein Murmeln in ihrem Rücken. Der Junge klang fast schon hoffnungsvoll. »Spinnen haben Beine genug.«
    Niemand kommentierte seine Theorie. Am Fuße der Felswand versammelte sich der kleine Trupp. Eine lehmverputzte Mauer, gut mannshoch, zog sich unterhalb des Abhangs dahin, nach links, nach rechts, dem Umriss der Senke folgend.

    »Kann das fünftausend Jahre alt sein?« Rebecca legte die Handfläche auf das verputzte Mauerwerk.
    »So bauen sie heute noch«, sagte Merthes nachdenklich. »Draußen in den Bergen … In Shah Anjir, überall.«
    Ein paar Schritte entfernt klaffte eine Lücke in der Mauer. Kein Gitter, keine Wachttürme - nichts. Einfach eine Lücke, vielleicht anderthalb Meter breit. Dahinter ging die Mauer weiter.
    Als Rebecca auf die freie Stelle zutrat, sah sie, dass sich dort eine Gasse in das Labyrinth hineinzog, begrenzt vom selben gleichförmigen Mauerwerk wie an der Außenseite. Nach zwanzig Metern bog sie im rechten Winkel ab und verschwand aus dem Blickfeld.
    »Gut.« Alyssa nickte. »Hat jemand von euch ein Garnknäuel dabei?«
    »Garnknäuel?« Merthes hob die Augenbrauen.
    Klassische Bildung gehört offenbar nicht zu den Anforderungen einer höheren Offizierslaufbahn, dachte Rebecca. Nicht dass sie selbst besonders viel damit im Sinn gehabt hätte, doch sogar sie hatte beim ersten Blick auf das Labyrinth an die Sage vom Minotauros denken müssen. Theseus, ein Held der griechischen Antike, hatte in den Höhlen des kretischen Königs Minos dem stierköpfigen Ungeheuer nachgestellt. Um den Weg nicht zu verlieren, hatte er dabei einen Faden abgespult.
    Natürlich hatte in diesem Moment niemand von ihnen ein Garnknäuel im Gepäck, doch einer der Soldaten - einer, der die Geschichte zu kennen schien - holte mit einem scheuen Grinsen einen Edding aus der Tasche, streckte ihn Alyssa entgegen. »Ich denke, das wird funktionieren.«
    Die blonde Frau griff zu, öffnete den Stift und brachte am Eingang des Labyrinths einen deutlich sichtbaren Pfeil an. »Dann mal rein ins Vergnügen«, murmelte sie.

    Der Oberst nickte zweien seiner Männer zu, die die Führung übernahmen. Er selbst folgte direkt

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