Das Band des Mykerinos - Band 2 (Adrian Pallmers magische Abenteuer) (German Edition)
ausgewachsener Braunbär, da er seit seinem Aufbruch von den Jonsons nichts mehr gegessen hatte. Schlimmer als der Hunger war aber die Langeweile. Adrian hatte ja eigentlich etwas Besseres zu tun, als einfach nur dumm herumzusitzen und Löcher in die Luft zu starren.
Meister Li saß ihm die ganze Zeit mit geschlossenen Augen gegenüber, immer ganz langsam und gleichmäßig atmend. Adrian war sich nicht einmal sicher, ob er vielleicht sogar wieder eingeschlafen war. Ein müdes Gähnen mischte sich mit dem wütenden Knurren seines hungrigen Magens, als der Alte plötzlich seine Augen aufschlug und mit einem Lächeln auf dem Gesicht aufstand.
»Zu sehr du achtest auf unwichtige Dinge, mein Freund. Dein Geist gefangen ist in deinen Gedanken. Frei du musst dich machen davon, um zu lernen.«
Adrian musste sich schon ziemlich beherrschen, um nicht einen spitzen Kommentar abzugeben. Dieses philosophische Gerede war ihm einfach nur unverständlich. Und gepaart mit dem unsinnigen Herumsitzen machte es ihn sogar richtig wütend. Am liebsten wäre er einfach davongelaufen, aber da war ja noch diese Brücke. Klar könnte er auch einen Lichttorzauber oder den Wurmlochzauber nutzen, doch dann hätte er seine Chance womöglich verspielt, seine Aufgabe zu lösen.
»Noch nicht du verstehst, was ich sage? Folge mir!«
Meister Li lief, ohne zu warten, in das Nebenzimmer und Adrian sprang schnell auf und folgte ihm missmutig. Den nächsten Raum verließen sie durch eine niedrige Tür und gelangten so auf einen kaum einen Meter breiten Holzsteg aus löchrigen Brettern, der an einer Seite direkt am Felsen hing. Die andere Seite war nur durch ein dünnes Seil begrenzt. Dahinter ging es in die Tiefe.
Adrian musste seinen ganzen Mut zusammennehmen, um dem Einsiedler auf diesen luftigen Pfad zu folgen. Mit seiner rechten Schulter am Fels schleifend, konnte er aber kaum mit ihm Schritt halten. Die Bretter des Stegs sahen auch schon so alt und verwittert aus, dass es an ein Wunder zu grenzen schien, dass sie nicht durchbrachen, als Adrian langsam und vorsichtig immer einen Fuß vor den Anderen darauf setzte.
Der Steg machte nach einem langen, geraden Stück einen Knick, sodass Meister Li hinter einem Felsvorsprung verschwand. Adrian wurde unterdessen langsamer. Das Knarren und Knacken der Bretter ließ ihn immer wieder erschrocken stehenbleiben oder sogar einen Schritt zurück machen. Noch schlimmer wurde es, als er anfing, nach unten zu blicken. Durch die breiten Fugen konnte er den steilen Abgrund unter sich sehen. Trotzdem lief er weiter und nach einiger Zeit erreichte auch er die Stelle, wo der Pfad einen Knick um einen Felsvorsprung machte. Von dort waren es nur noch ein paar Meter, bis der Steg an einer Terrasse endete, die fast so wie ein Schwalbennest an dem Felsen hing.
Es war wie ein Stückchen Paradies. In der Mitte befand sich ein kleiner Teich, der von einem Wasserfall gespeist wurde. Mehrere kleine Goldfische schwammen munter in dem kristallklaren Wasser umher. Der Boden war mit weißem Sand und vereinzelten, farbig schimmernden und glänzenden Steinen bedeckt. Winzige Bäumchen und eigenartige Kletterpflanzen mit unzähligen kleinen, dunkelgrünen Blättern und gelben und roten Blüten ließen das Plateau wie einen prächtigen Ziergarten erscheinen. Der dunkelblaue Himmel und die untergehende Sonne spiegelten sich in der Oberfläche des kleinen Teiches.
Meister Li saß neben dem Wasser im Sand und winkte Adrian zu sich. Neben ihm stand ein rustikaler Tonkrug, der zur Hälfte mit Sand gefüllt war. Neben dem Gefäß lagen mehrere der glänzenden Steine.
»Du dieser Krug bist!«, sagte der Alte lächelnd.
»Ich? Ich bin der Krug?«, fragte Adrian skeptisch.
»Du wie dieser Krug bist!!«, wiederholte Meister Li, »Lege in den Krug diese Steine!«
»Alle?«, frage der junge Zauberer überrascht, da es offensichtlich war, dass das niemals gehen würde.
»Alle!«, antwortete der Einsiedler.
»Aber das wird doch nie etwas! Das geht nicht!«, protestierte Adrian, doch der Alte ließ nicht locker, »Probiere es!«
Also kniete sich Adrian neben den Krug und versuchte, die Steine hineinzustapeln, aber nach reichlich der Hälfte war Schluss.
»Ich habe doch gleich gesagt, dass das nicht geht«, verteidigte er sich, nachdem Meister Li kopfschüttelnd das Ergebnis seines Versuchs betrachtete.
»Du nicht achtest auf das, was ich sage! Erst du musst deinen Geist frei machen, nur dann du kannst etwas lernen!«
Mit diesen Worten
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