Das Band des Mykerinos - Band 2 (Adrian Pallmers magische Abenteuer) (German Edition)
nicht schnell genug zur Seite bewegte, als sie an ihm vorbeilief.
Sämtliche Versuche von Samiras Vater, der ihr gefolgt war und sich bemühte, sie zu beruhigen und zurückzuholen, verpufften erfolglos im Nebel, der vom nahegelegenen Fluss über das Land zog. Samira rannte unterdessen immer weiter vom Hof ihrer Eltern weg, öffnete ohne anzuhalten ein Lichttor und verschwand.
Adrian war mit seiner Luft am Ende. Gerade in dem Moment, als es bei ihm schwarz vor Augen wurde, tauchte genauso plötzlich wieder unerwartet der Einsiedler neben ihm auf und fasste ihn am Arm. Dann ging das Licht bei ihm aus.
Als Adrian kurze Zeit später wieder zu sich kam, lag er in dem hellen Eingangsraum, wo er ursprünglich angekommen war. Direkt neben ihm stand die Schüssel mit dampfendem Wasser und der kalten Flamme und auch der Einsiedler saß meditierend daneben. War das, was er gerade durchgemacht hatte, etwa nur eine Einbildung oder ein Traum gewesen? Seine nasse Kleidung und sein vor Kälte steifer Körper bezeugten aber, dass es tatsächlich passiert sein musste. Doch wie war er dann hierher gekommen? Adrian erinnerte sich zwar noch daran, dass Sekunden, bevor er das Bewusstsein verloren hatte, der Alte irgendwie aufgetaucht war, aber dessen Sachen waren völlig trocken. Ohne seine Augen zu öffnen, begann er mit Adrian zu sprechen.
»Noch nicht bereit für den Schatz von Lao Shi du bist. Lernen musst du zu sehen mit deinem Geist.«
»Aber wie ...«, rutschte es Adrian über die Lippen. Doch noch bevor der Alte etwas sagen konnte, was er bestimmt auch gemacht hätte, brach Adrian ab und täuschte einen kleinen Hustenanfall vor. Dann fragte er den Einsiedler erneut.
»Sie wissen doch, wie das geht! Können sie es mir nicht beibringen?«
Jetzt öffnete dieser doch seine Augen und schaute Adrian fragend und prüfend an. Dabei schwieg er aber. Adrian kannte das ja bereits und wartete. Die Minuten rannen dahin, ohne dass etwas geschah. Schließlich antwortete der Alte, »Noch nie einen Schüler ich hatte. Du musst suchen dir einen Meister.«
Das passte so natürlich gar nicht in Adrians Plan. Jetzt noch auf die Suche nach irgendeinem Meister zu gehen, um etwas zu erlernen, was dieser alte Einsiedler auch zu beherrschen schien, würde ohne Zweifel Tage oder sogar Wochen dauern. Noch hatte er zwar etwas Zeit, aber er war ja auch erst bei seiner dritten Aufgabe.
»Ich werde ein guter Schüler sein, wenn ich von ihnen lernen kann«, wagte er doch noch einmal einen Versuch, »Werden sie mein Meister sein?«
Adrian war selbst etwas geschockt über diese so außerordentlich direkte Frage, doch der Einsiedler schien alles andere als empört darüber zu sein.
»Eine gute Frage du gestellt hast! Nun gut. Ich werde lehren dich die Kunst des Sehens.«
»Wirklich?«, fragte Adrian jetzt doch etwas unsicher. So schnell hatte er nicht erwartet, dass der Alte sich umstimmen lassen würde.
»Ähh ... kann ich ihnen noch eine Frage stellen?«
»Bitte!«
»Jetzt, wo sie mein Meister sind, wie soll ich sie anreden?
»Ohh. Ich mich noch nicht vorgestellt habe. Zu selten Besuch ich bekomme. Ich bin Meister Wan Liu Li.« Dabei beugte er seinen Kopf nach unten. Lächelnd erwiderte Adrian, »Ich bin bereit, Meister Li! Fangen wir an«, und verbeugte sich ebenfalls.
Adrian sprang auf und wollte sich wieder auf den Weg zu dem unterirdischen See machen, doch Wan Li hielt ihn zurück.
»Wohin du möchtest gehen?«
»Na zurück zu dem See?«
»Zuerst du lernen musst zu sehen. Viele nur sehen, was ist vor ihren Augen, deshalb ihr Urteil voreilig ist. Wenn du willst lernen zu sehen mit dem Geist, dich lösen du musst von deinen Gedanken. Offen du musst sein für neues Licht!«
Etwas verwirrt kam Adrian wieder zurück, stellte sich neben Meister Li und schaute ihn fragend an.
»Geirrt ich mich habe. Am Anfang du musst lernen, geduldig zu sein und dein Inneres zu leeren«, sagte der schmunzelnd.
»Ha, ha, ha. Sehr lustig!«, presste Adrian durch seine geschlossenen Zähne. Der Alte ignorierte es weise lächelnd und deutete an, dass Adrian sich neben die Wasserschüssel setzen sollte.
»Schließe deine Augen und deinen Geist mache frei!«
»Und wie lange?«
»Nicht fragen solltest du wie lange! Wenn frei dein Geist ist, du kannst lernen zu sehen.«
Den ganzen langen Rest des Tages saß Adrian da und starrte auf die Schüssel mit Wasser und die sich im Kreis drehenden Dampfwölkchen und Flammen. Sein Magen knurrte unterdessen wie ein
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