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Das Banner des Roten Adlers

Das Banner des Roten Adlers

Titel: Das Banner des Roten Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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einen
lebhaften,
intelligenten
Gesichtsausdruck, grüne Augen und Haare von der gleichen Farbe wie sein Strohhut.
Er besaß ein schwer zu bestimmendes Flair: Gekleidet war er wie ein Gentleman,
doch
irgendetwas
an
seinem
sicheren
Auftreten
verriet
Vertrautheit
mit
Pferdeställen, Bühneneingängen und Spelunken. »Ja?«, fragte sie.
»Kennen Sie zufällig die junge Dame, die in diesem Haus wohnt?«
     
»Miss Bevan? Nein, noch nicht. Ich soll ihr Deutschunterricht geben. Aber wer sind
Sie ? Und was geht Sie das an?«
    Er holte eine Visitenkarte aus seiner Westentasche. »Jim Taylor, Privatdetektiv«
stand darauf, darunter war die Adresse eines Fotoateliers in Twickenham angegeben.
Becky wurde ein bisschen schwindelig. »Sie sind Detektiv? Wem sind Sie denn auf
der Spur?«
    »Ich vermute, Ihre Miss Bevan könnte die Person sein, die ich suche«, erklärte er
vage. »Es tut mir Leid, Ihre Zeit zu beanspruchen, aber darf ich Sie nach Ihrem Namen fragen?«
»Rebecca Winter«, antwortete Becky kühl. »Entschuldigen Sie mich jetzt bitte.«
    Er trat beiseite und machte eine halb spaßige Verbeugung, setzte sich den Strohhut
keck wieder auf den Kopf und zog von dannen. Becky sah ihm nach, atmete tief
durch und ging dann den Kiesweg zur Haustür hinauf. Dort klingelte sie.
    Ein hochnäsiges Hausmädchen öffnete, ließ Becky eintreten und zeigte ihr mit einem
abschätzigen Blick, was es von ihrer Erscheinung hielt. Becky konnte, wenn sie
wollte, die Augenbraue verächtlich hochziehen und das tat sie jetzt auch. Leider
verdarb sie den Effekt ein wenig dadurch, dass sie über den Teppich am Fuß der
Treppe stolperte.
»Warten
Sie
hier«,
sagte das
Hausmädchen
und
führte sie
in
einen
kleinen
Aufenthaltsraum neben der Treppe. Danach schloss es die Tür.
    Becky befand sich in einem hübschen Zimmerchen mit Blick auf die Stirnseite des
Hauses. Durch das offene Fenster sah sie blauen Himmel und grüne Blätter und roch
die frische Luft. Die teuren, aber zu großen Möbel erdrückten das Zimmer fast.
Bücher gab es keine und die Bilder an den Wänden waren langweilige Schinken. Das
einzig Interessante im Zimmer war ein Stereoskop. Becky nahm es in die Hand und
schaute sich das darin steckende Diapositiv an. Zu sehen war ein kleines Mädchen in
zerschlissenen Kleidern, das auf dem Schoß eines dünnen Mannes mit mächtigem
Schnurrbart saß. Auf der Rückseite standen ein paar sentimentale Liedverse.
»Was zum Teufel machen Sie da?« Becky hätte das Stereoskop beinahe fallen
lassen. Sie drehte sich rasch um und sah eine schmale junge Frau in der Tür stehen.
     
»Oh, Entschuldigung«, stotterte Becky. »Sie sind Miss Bevan, nehme ich an?«
     
»Wer sind Sie?«
     
»Ich heiße Winter, Becky Winter. Ihre Privatlehrerin.«
    »Was wollten Sie damit?«, fragte die junge Frau argwöhnisch und deutete auf das
Stereoskop. »Ich mag Stereogramme. Aber ich hätte den Apparat nicht anfassen
sollen.«
    »Allerdings«, murmelte Miss Bevan und trat in das Wohnzimmer. Sie musterte
Becky von oben bis unten und setzte sich dann in den Sessel am offenen Fenster.
Lässig zurückgelehnt betrachtete sie Becky mit spöttischer Miene.
    Miss Bevan war nicht eigentlich schön, dafür war sie zu dünn und ihre Gesichtszüge
zu scharf geschnitten. Ihre Haltung hatte etwas Herausforderndes, ihre Kleidung war
viel zu elegant, während ihre Stimme den deftigen und ordinären Großstadtdialekt
nicht verhehlen konnte. Dennoch hatte sie etwas, das Betty faszinierte, eine gewisse
Verletzlichkeit, eine Sanftmut hinter der spöttischen Fassade. Aus ihren großen
dunklen Augen sprach Liebe und sie bewegte sich mit der Anmut einer Katze. »Was
wollen
Sie mir
eigentlich
beibringen?«
»Ich
bin
von
Herrn
Strauss
beauftragt
worden, Ihnen Deutschunterricht zu geben.« »Können Sie das beweisen?«
    Becky schaute sie verblüfft an. »Wissen Sie das denn nicht?«
»Da könnte jeder x-Beliebige kommen und mir Geschichten auftischen. Sie könnten
ja auch ein Attentat vorhaben oder so was. Vielleicht haben Sie eine Pistole in Ihrer
Handtasche. Woran erkenne ich, wer Sie sind?« »Oh, wirklich - ich habe Bücher
dabei, schauen Sie selbst. Hat Herr Strauss Ihnen denn nichts gesagt?« »Kann sein,
kann nicht sein.«
    Miss Bevan streckte sich geschmeidig und lehnte sich wieder in die Polster. Sie war,
so schien es Becky, nicht wirklich argwöhnisch, sondern nur gelangweilt. Sie mochte
neunzehn oder zwanzig sein, und nun, da Becky sie gesehen hatte, war es leichter,
sich die

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