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Das Banner des Roten Adlers

Das Banner des Roten Adlers

Titel: Das Banner des Roten Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Beziehung zwischen Miss Bevan und Herrn Strauss vorzustellen. St. John's
Wood war eine Gegend, die dafür bekannt war, dass hier reiche Herren ihre
Geliebten einquartierten.
»Warum werden Sie denn rot?«, erkundigte sich Miss Bevan.
     
»Werd ich gar nicht. Wissen Sie, wir fangen am besten gleich an. Können Sie schon
etwas Deutsch?« »Bah. Wer war eigentlich der Kerl draußen an der Pforte?«
    »Der junge Mann mit dem Strohhut? Ein Detektiv. Er hat mir seine Visitenkarte
gegeben.« Sie reichte ihr die Karte. Miss Bevan betrachtete sie stirnrunzelnd und
legte sie auf den Tisch aus Bambusrohr neben sich.
»Detektiv«, meinte sie gelangweilt. »So ein Quatsch. Das ist sicherlich ein Reporter.
Hier, können Sie Halma spielen?«
     
»Ja, aber -«
     
»Oder wie wäre es mit dem hier? Ich habe es Montag geschenkt bekommen und
noch nicht damit gespielt. Wie heißt es doch gleich ... ?«
    Sie sprang auf und langte zu einem Regal hinauf, in dem bunte Schachteln mit
Brettspielen standen. »Ich spiele abends mit Herrn Strauss«, sagte sie. »Wie heißt
das hier?«
Sie schielte danach, als ob sie eine Brille brauchen könnte und sie aus Eitelkeit nicht
trug.
     
»Es heißt Ludo oder Parcheesi«, antwortete Becky.
     
»Aber sollten wir nicht -«
     
»Wissen Sie, wie man das spielt?«
     
»Wir könnten in der Anleitung nachlesen, aber sollte ich
Ihnen
nicht
besser
Deutschunterricht geben? Schließlich bezahlt mich Herr Strauss dafür.«
     
»Wie viel gibt er Ihnen?«
     
»Eine halbe Krone die Stunde.«
    »Gut, dann zahle ich Ihnen doppelt so viel, wenn Sie mit mir Halma spielen.
Einverstanden?« »Nein. Ich spiele auch ohne Geld mit Ihnen, aber ich muss Ihnen
Unterricht geben. Ich habe einen Vertrag mit Herrn Strauss geschlossen.«
Miss Bevan runzelte die Stirn und ließ sich auf das Sofa zurücksinken. Sie schaute
Becky prüfend an.
     
»Sie sind 'ne ehrliche Haut, stimmt's?«
     
»Ich weiß nicht. Ich bin nie in Versuchung gekommen, unehrlich zu sein. Warum?«
     
»Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten?«
     
»Wenn Sie wollen. Aber Sie kennen mich doch kaum.«
    »Ich kenne sonst niemanden hier«, gestand Miss Bevan. »Nur den Koch und den
Laufjungen und das Hausmädchen, diese heimtückische Ziege, der würde ich nicht
mal die Uhrzeit verraten, angenommen, ich wüsste sie. Nein, das macht mich
rasend, hier wie eine Henne eingesperrt zu sein. Ich kann weder lesen noch schreiben ...«
»Ist das das Geheimnis?«
     
»Ein Teil davon. Der Prinz sollte mir zuerst das beibringen statt Deutsch.«
»Der Prinz?«, tat Becky erstaunt. »Meinen Sie Herrn Strauss? Ist das das restliche
Geheimnis?«
     
»Ein Teil des Rests. Sie hätten es sowieso erraten, oder?«
     
»Meine Mutter schon. Und wie heißt der Prinz? Von welchem Land?«
     
»Prinz Rudolf von Raskawien. Schätze, Sie haben noch nie davon gehört.«
    Becky riss die Augen auf und hielt einen Augenblick lang die Luft an. »Doch, ich habe
davon gehört. Aber warum ... ich meine ... ich dachte.«
»Und er ist in Gefahr. Ich weiß nicht, wieso er Ihnen vertraut. Ich weiß auch nicht,
wieso ich das sollte. Sie könnten ja eine Sozialistin sein oder noch Schlimmeres.«
»Was ist denn so schlimm an den Sozialisten?«, fragte Becky verblüfft.
»Ich kann die Roten nicht ausstehen. Ich bin eine Konservative - immer schon
gewesen.«
     
»Aber Sie
dürfen
ja
nicht
einmal
wählen!«
»Haha! Man
braucht
doch
kein
    Wahlrecht, um seine Loyalität zu beweisen. Wenn die Leute ihre Stimme den
Sozialisten geben, dann wissen sie offensichtlich nicht, was gut für sie ist. Was wir
brauchen,
sind
Könige,
Königinnen
und
Prinzen.
Und
Konservative.
Und
Prinzessinnen. Auch wenn sie nicht lesen können ...« Becky glaubte, sich verhört zu
haben. »Augenblick bitte. Sagten Sie Prinzessin?«
»Ja. Wir sind verheiratet, er und ich. Ich bin eine Prinzessin.«
     
Becky starrte sie an.
     
Miss Bevan lachte auf. »Schauen Sie her. Ich kann es Ihnen beweisen.« Sie stand auf
und öffnete eine Schublade des Walnusssekretärs.
     
Sie holte ein Papier hervor, entfaltete es und zeigte es Becky.
    Es war eine Heiratsurkunde. Danach war die Ehe zwischen Miss Adelaide Bevan und
Seiner Königlichen Hoheit Prinz Rudolf Eugen Wilhelm August Josef von und zu
Eschten und Rittersthal in der katholischen Kirche St. Patrick in der Hickson Street in
Manchester geschlossen worden. Trauzeugen waren Mr Albert Suggs und Miss Emily
Thwaite. Der Prinz hatte mit Rudolf unterschrieben, die Braut hatte sich mit einem

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