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Das Banner des Roten Adlers

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Titel: Das Banner des Roten Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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diesen Wunsch erfüllen, aber zuvor erlauben Sie mir bitte, dass ich ein
Wort an Sie alle richte. Als mein Mann noch ein Prinz war, gelobte ich vor Gott, eine
gute Prinzessin zu sein. Als er König wurde, gelobte ich, ihm treu zu dienen und ihn
zu ehren. Nun, da die große Ehre und Bürde des Regierens mir allein zugefallen sind,
gelobe ich vor Ihnen, die Sie hier versammelt sind, dass ich Raskawien mit allen
meinen Kräften dienen werde. Niemand soll daran zweifeln, dass Raskawien eine
Königin hat und dass diese Königin ihr Land bis an ihr Ende lieben und verteidigen
wird. Lang lebe der Rote Adler ! Lang lebe Raskawien!« Fortan wussten alle, dass sie
zu ihnen gehörte.
    Als sich gegen Abend die Aufregung des Tages ein wenig gelegt hatte, ging Jim noch
einmal hinaus, um Karl von Gaisberg zu treffen. Es gab einiges, was ihm Sorge
bereitete und was er nicht dem Grafen anvertrauen wollte.
Er fand Karl mit ein paar Freunden im Cafe Florestan. Sie begrüßten Jim und
bestürmten ihn mit Fragen, was im Schloss geschehen war. Er beantwortete alle ihre
Fragen
und setzte dann hinzu: »Soweit ich weiß, hat
die
Polizei
noch
keinen
Verdächtigen festgenommen. Offen gesagt erwarte ich das auch nicht. Aber ich bin
mir ziemlich sicher, dass Otto von Schwartzberg nicht dahinter steckt; das ist nicht
seine Art.« »Was hatte er dann auf dem Felsen zu suchen?«, fragte Gustav. »Ich
dachte schon, er wollte die Königin niederschlagen und ihr die Fahne wegnehmen!«
»Mir schien, er wollte sehen, wozu sie fähig ist. Er hat sie ja nicht ernsthaft bedroht.
Überlegen wir einmal genau, was heute Morgen wirklich passiert ist. Wart ihr nahe
genug dran, um zu sehen, wo der König die Stufen heruntergekommen ist?«
Karl nickte. »Ich stand gleich unten, Anton war etwas weiter zur Brücke hin platziert
... Ich habe alles gesehen.«
     
»Ich habe in der Menge gestanden«, sagte Gustav. »Ich habe es auch gesehen.«
»Aber was habt ihr gesehen?«
     
»Ja, also ...«, sagte Gustav. »Ich hörte den Schuss und dann sah ich ihn fallen.«
»Wohin?«
     
»Nach hinten. Nein - Moment ...«
     
»Nein!«, widersprach Karl. »Er drehte sich nach links - nicht wahr?«
     
»Er fiel schon nach hinten«, sagte Anton, »aber erst nachdem er sich nach links
gedreht hatte.«
    »So habe ich es auch in Erinnerung«, bestätigte Jim. »Die Kugel traf ihn genau in die
Brust, als er sich nach links drehte, und streckte ihn sofort nieder. Sonst hätte Ad...
äh, Ihre Majestät die Fahne gar nicht ergreifen können.«
    »Ja, das stimmt!«, sagte Gustav. »Sie ging links hinter ihm und er fiel in ihre
Richtung.« »Schön«, sagte Jim, »gibt uns das einen Hinweis, aus welcher Richtung
die Kugel kam?« Sie schwiegen. Dann nahm sich Karl eine Getränkekarte des Cafés
und zückte einen Bleistift. Mit ein paar Strichen zeichnete er einen Plan des Platzes
mit den Stufen vor dem Dom und markierte mit einem Kreuz die Stelle, wo Rudolf
zusammengebrochen war. »Wie weit hat er sich gedreht? Er stand auf der vierten
Stufe -«
»Er muss höher gestanden haben«, wandte Anton ein. »Ich war mitten auf dem
Platz und konnte ihn gut erkennen. Er muss etwa auf der zehnten Stufe gestanden
haben. Und er hat sich nicht ganz gedreht.« »Vielleicht ein Vierteldrehung?«, meinte
Gustav. »Ja, ungefähr«, sagte Karl. »Ist er direkt nach hinten gefallen?«
»Nein. Etwas schräg. Ungefähr so ...«
     
Gustav nahm den Bleistift und skizzierte den Winkel.
     
Jim sah zu und nickte.
     
»Ich war auch auf der Seite«, erinnerte er sich. »Sie stand genau zwischen mir und
dem König. Ich sah die
     
Fahne nach hinten zu mir hin fallen. Der Winkel stimmt also. Zieh mal eine Linie von
dort aus ...« Karl tat wie geheißen. »Was gibt es da?«, fragte Gustav.
     
Karl zuckte die Schultern. »Eine Häuserzeile? Genau kann ich mich nicht erinnern.«
    »Mein Onkel wohnt da«, sagte Anton zögernd. »Na ja, in einem Haus auf der Seite
des Platzes ...« »Worauf warten wir noch?«, fragte Jim. »Statten wir ihm einen
Besuch ab.«
    Antons Onkel, ein wohlhabender Zahnarzt namens Weill, freute sich über den
Besuch der jungen Leute. Wie die Nachbarn hatte er mit seiner Frau auf dem mit
Fähnchen geschmückten Balkon gestanden, als der Schuss fiel. Entsetzt hatten sie
mit angesehen, wie der König unter ihnen gestorben war. »Tja, der Schuss war
ziemlich laut, nicht wahr Mathilde«, sagte er zu seiner Frau gewandt. »Mir schien es,
dass er von weiter oben kam.«
Ihre Wohnung befand sich im

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