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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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mir alle Mühe gegeben. Hoffentlich nehmen sie ihn uns nicht weg.«
    Es war kaum zu glauben, daß draußen immer noch die Sonne schien. Sie stand lodernd über den Dächern und den Kais, die nach warmem Staub rochen.
    »Wann, glauben Sie, kann ich mit dem Kommissar sprechen?«
    »Ich glaube nicht, daß Sie ihn heute noch sprechen können, Madame. Im Büro vorbeikommen wird er wahrscheinlich, weil er irgendwelche Sachen unterschreiben muß. Aber es ist schwierig vorauszusagen, wann, und es wird nur ganz kurz sein.«
    »Dann werde ich meinen Rechtsanwalt aufsuchen.«
    »Wie Sie wollen.«
    Das Taxi fuhr davon, und der Inspektor ging zu Fuß in die Rue de Pontoise zurück. Er trank in einem Bistro ein Bier und betrat dann wieder das Kommissariat.
    Auf dem Boulevard Saint-Michel, wie überall in Paris, saßen auf den Terrassen der Cafés Scharen von Müßiggängern. Ein säuerlicher Biergeruch hing in der Luft. Auf manchen Straßen war am frühen Nachmittag der Asphalt ’ aufgeweicht, Räderspuren zeichneten sich darin ab.
    In Madame Jeannes Loge kamen auf der Liste immer mehr Namen und Beträge zusammen. Sie hatte mit dem Besitzer des Musikladens und den Bouquinisten aus der Nachbarschaft gesprochen.
    »Ich habe ihn hergerichtet, so gut ich konnte. Sie wollten ihn ins Leichenschauhaus bringen. Sie müssen morgen kommen und ihn sich anschauen.«
    Sie wußte noch nicht, was sie von der anderen Besucherin halten sollte, die unmittelbar vor Mrs. Marsh dagewesen war. Eigentlich war es gar kein richtiger Besuch gewesen. Sie hatte gesehen, wie die dicke Frau in Schwarz mit der Nachmittagszeitung und einem Strauß Veilchen in der Hand unschlüssig vor der Tür auf und ab gegangen war.
    Sie hätte gut ins Haus gepaßt. Sie war dicker und schwerfälliger, aber sie ähnelte Madame Ohrel, die ihre Wohnung nicht mehr verließ, und man sah, daß sie schon seit Jahren dasselbe abgenutzte, wenn auch saubere Kleid trug.
    Ferdinand, dem es schließlich doch gelungen war, sich zu betrinken, wie seine Frau es vorausgesehen hatte, lag vollständig angezogen in einer Art Alkoven, der als Schlafzimmer diente und wo es bereits nach Fusel roch.
    Durch das kleine Fenster hatte Madame Jeanne die Alte beobachtet, und diese hatte sich schließlich bis an die Türschwelle herangewagt. Dort hatte sie gestanden, ohne ein Wort zu sagen, wartend, wie eine Bettlerin.
    »Was wollen Sie?«
    »Verzeihen Sie bitte. Ich habe erfahren …«
    Sie lächelte entschuldigend. Ausladend wie sie war, versperrte sie den ganzen Flur, und sie hätte sich gern ganz klein gemacht. Vielleicht wegen ihrer demutsvollen Haltung öffnete Madame Jeanne ihr die Tür ihrer Loge.
    Sie konnte jeden hier hereinlassen: Es war sauber. Der Fußboden war sorgfältig gebohnert, auch die Möbel im Stile Henri II, deren Ecken mit geschnitzten Löwenköpfen verziert waren. Auf dem Tisch lag ein Spitzendeckchen, und darauf stand eine weißrosa Vase.
    »Kennen Sie Monsieur Bouvet?«
    Da war noch nicht das Mißtrauen, das sie kurz danach der Fremden gegenüber zur Schau trug. Aber die war hochmütig, so als gehöre das Haus ihr.
    »Ich glaube, ja.«
    »Kennen Sie ihn von früher?«
    »Ich glaube. Er hat also nicht gelitten?«
    Sie wedelte ihr mit der Zeitung vor der Nase herum, um zu zeigen, daß sie den Artikel gelesen hatte.
    »Überhaupt nicht. Er ist von uns gegangen, ohne es zu merken.«
    »Ich habe ein Blumensträußchen mitgebracht.«
    »Wollen Sie mit hinaufkommen und ihn sich ansehen?«
    »Ich fürchte, das geht schlecht wegen meiner Beine.«
    Sie trug schwarze Filzpantoffeln, weil ihr keine Schuhe paßten. Um ihre Knöchel in den Wollstrümpfen lagen Fettpolster.
    »Ich werde die Blumen hinaufbringen. Sie können mir glauben, ihm ist wohl. Er scheint sogar zu lächeln. Ist es schon lange her, daß Sie ihn das letzte Mal gesehen haben?«
    Vielleicht hätte die alte Frau darauf geantwortet. Sicher war es nicht. Ihre Lippen und Finger bewegten sich lautlos, so als bete sie leise ihren Rosenkranz. Sie sah das Taxi anhalten.
    »Es kommt wer. Ich muß gehen.«
    »Kommen Sie doch ein andermal wieder. Sie brauchen keine Angst zu haben.«
    In diesem Augenblick stieß Mrs. Marsh im Flur mit ihr zusammen.
     
    Die Fremde stieg jetzt auf dem Boulevard Haussmann aus dem Taxi. Es war vor dem Haus ihres Anwalts Rigal. Sie trat aus der Sonne in den Schatten des Portals, dann in den Fahrstuhl und klingelte an einer Tür. Als diese sich öffnete, sah man dahinter einen Stapel Reisegepäck.
    »Der

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