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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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jungen Mann vor, der das Foto, das der Amerikaner ihm überreichte, eingehend prüfte.
    Der junge Mann seinerseits lief in andere Büros, und erst eine halbe Stunde später sah der Amerikaner ihn wieder.
    »Ah, ja! Sie sind’s. Wir werden Ihnen eine Anweisung ausstellen. Kommen Sie mit!«
    Ein anderes Stockwerk, wieder eine Flucht von Korridoren. Die Anweisung lautete auf hundert Francs, auszuzahlen an der Kasse in einer mit Goldstuck überladenen Halle im Erdgeschoß.
     
    Es war nicht das erste Mal, daß die Concierge, Madame Léliard, die von jedermann Madame Jeanne genannt wurde, einen Toten wusch.
    Sie war klein und zierlich, aber Monsieur Bouvet war auch nicht dicker oder schwerer als sie. Madame Sardot hatte ihren Jungen zum Spielen auf die Straße geschickt. Von Zeit zu Zeit hielt sie am Fenster nach ihm Ausschau.
    »Ins Leichenschauhaus, hat der Polizist gesagt!«
    Die weißroten Siegel auf den Möbeln empfand sie als persönliche Beleidigung.
    Sie war in den fünften Stock hinaufgegangen und hatte Monsieur Francis gebeten, an diesem Tag nicht auf dem Akkordeon zu spielen. Monsieur Francis war ein sehr netter, wohlerzogener junger Mann mit braunem Haar, der in Nachtlokalen zum Tanz aufspielte und stundenlang übte.
    »Wollen Sie ihn sich nicht anschauen? Er ist ganz sauber gewaschen. Man könnte schwören, er schläft.«
    Er hatte der Concierge den Gefallen getan und war einen Augenblick heruntergekommen. Dann hatte man den Jungen von Madame Sardot mit einer Flasche weggeschickt, um aus der nächstgelegenen Kirche etwas Weihwasser zu holen. Er war elf Jahre alt und daran gewöhnt, Besorgungen zu erledigen. Den Buchsbaumzweig schließlich hatte Madame Jeanne mitgebracht. Er hing sonst über ihrem Bett.
    »Das ist doch besser als das Leichenschauhaus! Gleich heute abend lasse ich die Liste herumgehen.«
    Immer wenn ein Mieter gestorben war, gab jeder etwas Geld, damit ein Kranz gekauft werden konnte. Die Bouquinisten am Kai würden auch etwas geben, denn Monsieur Bouvet war ihr Kunde gewesen und hatte sich oft stundenlang mit ihnen unterhalten.
    »Hoffentlich kreuzt da nicht irgend so ein schnippisches Ding von Schwiegertochter hier auf oder sonst irgend jemand, der dann alles so organisieren will, wie es ihm in den Kram paßt.«
    Sie hatte Madame Ohrel, die ihre Wohnung im zweiten Stock wegen ihrer geschwollenen Beine nicht mehr verließ, Bescheid gesagt.
    »Wir werden Ihnen den Sessel ganz dicht ans Fenster stellen, dann können Sie das Begräbnis auch sehen.«
    Die Mieter, die nicht – oder noch nicht – in Urlaub fuhren, würden bald nach Hause kommen, und alles war bereit. Das Zimmer war sauber, und die Fensterläden waren geschlossen. Auf der weißen Decke des Beistelltischchens stand eine Schale mit Weihwasser und dem Buchsbaumzweig zwischen zwei Kerzen, die man beim Eintreten nur anzuzünden brauchte.
    Das Foto erschien nicht in der ersten Ausgabe der Zeitung um halb zwei, auch nicht in der zweiten um drei Uhr, sondern erst in der dritten Ausgabe, die fast unmittelbar danach herauskam. Da das Foto so sehr aus dem Rahmen fiel, hatte man es auf die erste Seite gesetzt.
    Monsieur Bouvet lag ausgestreckt auf dem Bürgersteig. Ein Arm war angewinkelt, und die Bilderbogen, die um ihn herumlagen, waren so deutlich, daß man genau erkennen konnte, was auf ihnen dargestellt war.
    »Haben Sie das gesehen, Madame Jeanne?«
    »Könnten Sie jemanden so fotografieren, der gerade gestorben ist, der vielleicht noch nicht einmal ganz tot ist?«
    Monsieur René Bouvet, der alte und an den Kais wohlbekannte Bücherliebhaber, wurde vom Tode überrascht, als er gerade in alten Bilderbogen blätterte.
     
    In einer Ecke des Fotos erkannte man den Rock der Bouquinistin und sogar ihr Wollknäuel.
    Um fünf Uhr wurde es schwül, und vor dem grauen Steingebäude des Polizeikommissariats in der Rue de Pontoise hing die Fahne schlaff herab. Ein blaues Taxi hielt. Der wachhabende Polizist sah, wie eine ältere Dame ausstieg, die sehr aufgeregt zu sein schien.
    »Ich möchte den Kommissar sprechen.«
    Er ließ sie passieren. Er wußte, daß der Kommissar gerade fortgegangen war, aber das ging ihn ja nichts an. Im Amtszimmer saßen Leute auf einer Bank und warteten. An der Wand hinter ihnen hingen amtliche Bekanntmachungen.
    »Würden Sie mich bitte dem Kommissar melden?«
    Sie war sehr gut angezogen, trug Schmuck an Hals, Ohren und Händen, aber der Polizist hob kaum den Kopf von seinem großen Buch, in das er emsig etwas

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