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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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davon zu überzeugen, ob es sich lohnen würde, da ein Unternehmen auf die Beine zu stellen.«
    »Fuhr er allein?«
    »Ja. Er schrieb mir regelmäßig. Er ließ sich an der Grenze zwischen Kenia und dem ägyptischen Sudan nieder, in einer Provinz namens Ouélé, wo er eine Goldmine ausbeutete.«
    »Sie haben ihn seitdem nicht wiedergesehen?«
    »Entschuldigen Sie. Ich habe ihn zwei- oder dreimal besucht.«
    »Zweimal oder dreimal?«
    »Warten Sie. Zweimal. Das zweite Mal war 1932, mit meiner Tochter, die damals vierzehn war. Wir sind hingeflogen.«
    »Hat er Sie gut aufgenommen?«
    »Er hat uns im einzigen Hotel des Ortes untergebracht, einem scheußlichen Loch, wo die Moskitos nur so über einen herfallen und man von morgens bis abends den Tropenhelm aufbehalten muß. Nachts schleichen die Leoparden ums Haus. Meinen kleinen Hund haben sie aufgefressen.«
    »Gestatten Sie mir eine Frage, Madame. Hat Ihnen Ihr Mann während dieser ganzen Zeit Geld geschickt?«
    »Soviel ich wollte.«
    »Heißt das: viel?«
    »Was ich brauchte, damit ich leben konnte, wie ich es gewohnt war.«
    »Wo haben Sie gelebt?«
    »An der Riviera, in Paris, London, Capri.«
    »Mit Ihrer Tochter?«
    »Meine Tochter wurde in einem Kloster in der Nähe von Paris erzogen, im Sacré-Cœur, Sie kennen es bestimmt.«
    »Kümmerte sich Ihr Mann nicht um sie?«
    »Er hatte sich verändert.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Daß der Mann, den ich im Kongo wiedersah, das erste Mal, als ich hinfuhr und ihn nicht benachrichtigt hatte …«
    »Sie haben ihn ganz überraschend besucht?«
    »Ja. Es war ein Jahr her, seit er mir das letzte Mal geschrieben hatte.«
    »Hat er Ihnen nie vorgeschlagen, sich scheiden zu lassen?«
    »Niemals! Ich hätte auch nicht eingewilligt.«
    »Sie sagten, der Mann, den Sie dort wiedersahen …«
    »Sie müssen zuerst einmal wissen, Samuel war ein Mann von Welt in des Wortes wahrster Bedeutung, ein Mann von Geschmack und Schick, sogar für südamerikanische Verhältnisse, wo die Männer eleganter sind als anderswo. Er hatte mindestens fünfzig Anzüge, und seine Schuhe durfte niemand putzen außer seinem Diener.«
    »Hat er seinen Diener in den Kongo mitgenommen?«
    »Nein. In Afrika stand ich einem Samuel gegenüber, der so eine Art alten Schlafanzug trug und mit einem klapprigen Auto und einem Tropenhelm auf dem Kopf durch den Busch kutschierte. Meistens schlief er gar nicht im Hotel, sondern in Eingeborenenhütten. In den meisten Dörfern der Umgebung hatte er eine eigene Hütte und …«
    »Erzählen Sie weiter!«
    »In jeder Hütte hatte er eine oder mehrere Negerinnen, einige davon mit milchkaffeebraunen Kindern.«
    »Haben Sie ihm eine Eifersuchtsszene gemacht?«
    »Nein. Ich sah ein, daß wir nur noch gute Freunde waren. Ich war nur traurig, weil er so heruntergekommen war.«
    »Verdiente er immer noch viel Geld?«
    »Viel. Die Mine von Ouagi warf sehr viel ab, und Samuel hatte sogar eine Art kleine Stadt gegründet, ein wichtiges Zentrum mit einem Krankenhaus, einer Schule …«
    »Sie sind also im guten auseinandergegangen?«
    »Ja.«
    »Zeigte er kein Interesse für Ihre Tochter, die Sie ja mitgebracht hatten?«
    »Er fand sie nett, sagte mir aber, das Klima bekomme ihr sicher nicht, und ich solle sie lieber so schnell wie möglich ins Sacré-Cœur zurückbringen.«
    »Unter welchen Umständen verschwand er?«
    »Unter gar keinen Umständen. Er verschwand einfach. Ich schrieb ihm und bekam keine Antwort. Mehrere Briefe habe ich geschickt. Meine Bank auch, weil kein Geld mehr eintraf. Wir haben uns an die Provinzverwaltung von Ouélé gewandt, die uns mitteilte, Samuel Marsh habe das Land verlassen, ohne irgend jemanden davon in Kenntnis zu setzen.«
    »Und die Mine?«
    »Das ist es ja gerade!« warf der Rechtsanwalt ein. »Seit acht Jahren versuchen meine Mandantin und ich, unsere Ansprüche auf die Mine durchzusetzen. Es ist eine verwickelte Angelegenheit. Es würde Stunden dauern, Ihnen die Einzelheiten darzulegen. Das Unternehmen war nämlich eine Aktiengesellschaft, und Marsh besaß die Aktienmehrheit. Wir haben zu beweisen versucht, daß er im Busch einen Unfall hatte. Das hätte ja sehr gut sein können, aber man hielt uns vor, er habe ein paar Wochen nach seinem Verschwinden von Kairo aus ziemlich große Summen von seiner Bank abgehoben.«
    »Hat die belgische Polizei keine Nachforschungen angestellt?«
    »Ich kenne die dortigen Verhältnisse ziemlich gut, obwohl ich selbst nie da war. Sie müssen wissen, da

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