Das Begraebnis des Paten

Titel: Das Begraebnis des Paten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tapani Bagge

Vom Netzwerk:

gebeten, uns auch welche mitzubringen, zum Kaffee. Die Frau in der Cafeteria dort, die Sipe, die hat nämlich schöne fettige Krapfen. Und große.«
    Leila musste lachen. Auch Raija begriff wohl, was sie da gerade gesagt hatte, und lachte ebenfalls laut. Sie hatte ein derbes Lachen. Sie lachten mit Tränen in den Augen, und Leila war nicht sicher, ob auch ein bisschen Weinen dabei war.
    Als sie schließlich weiterreden konnte, war die andächtige Erinnerungsstimmung weg. Raija stand auf und fing an, Kartoffeln für die Fischsuppe zu waschen. Nebenbei ging sie Vekes letzte Tag so genau sie konnte durch.
    Veke hatte in Vehoniemi die Krapfen geholt. Sie hatten Kaffee getrunken, und wenig später war Veke mit dem Taxi nach Pälkäne gefahren, vermutlich zum Anker. Das war seine Stammkneipe. Raija hatte ihm einen Hunderter Taschengeld gegeben.
    Erst am Abend war er ins Knechthaus zurückgekehrt. Wahrscheinlich wollte er die Sauna heizen, und da knallte es.
    Raija hatte keine Ahnung, wer ein Interesse daran gehabt haben könnte, Veke umzubringen. Es wurde dann ja auch als Unfall aufgenommen. Im Dunkeln konnte man so eine Stange Ammonal durchaus mit einem Stück Holz verwechseln, jedenfalls wenn man Handschuhe anhatte.
    Leila bedankte sich für die Auskünfte, den Kaffee und das Nachtlager und ging.

15
    »Hier ist es irgendwie gemütlich«, lobte Großpilz die Mühle. »Fast wie im Knast. Dicke Wände und schön kühl, das einzige Fenster weit oben, viele Bekannte. Bloß das Angebot ist hier besser. Und die Aussicht.«
    Die letzten Worte waren an die blonde junge Frau gerichtet, die Großpilz das große Pils brachte, das er immer trank. Daher auch der Name.
    »Geht auf Grönholm«, sagte Allu, und Großpilz bedankte sich.
    Grönholm widersprach nicht. Er war in der hintersten Ecke der Kneipe eingenickt, die braune Steppjacke fest geschlossen. Die Jacke war so eng, dass sie ihn von allein in Sitzposition hielt. Die kurzen blonden Haare standen über der Stirn nach oben und an den Schläfen zur Seite ab. Aufgeplatzte Äderchen liefen übers aufgedunsene Gesicht, Bartstoppeln schimmerten. Die blauen Augen konnte man auch dann kaum erkennen, wenn die Lider offen waren. Aus Nasenlöchern und Ohren drangen Haare wie Afterwürmer.
    »Uns haben sie im Knast die großen Gewichte weggenommen. Angeblich eine Anweisung, die im ganzen Land gilt«, sagte Großpilz und präsentierte seinen tätowierten Bizeps. Das schwarze T-Shirt hatte mindestens Größe XXXXXL, trotzdem knirschten bei jeder Bewegung die Nähte wie dünnes Eis unter einem Panzerwagen. »Zum Glück hat sich das bei mir noch nicht so schlimm ausgewirkt. Ich hab halt mehr Pillen geschluckt.«
    »Wann bist du rausgekommen?«, erkundigte sich Allu.
    »Letzten Montag. Und bin immer noch auf freiem Fuß.«
    »Neuer Rekord?«
    »Fast jedenfalls. Ich weiß nicht so genau. Aber ich war genervt, als der Oberboss behauptet hat, die großen Gewichte machen uns aggressiv und schwer kontrollierbar. Scheißdreck. Wir haben erst mal zehn, zwölf Zellen zerlegt, so als Protest. Große Kerle sind ruhig, Mann, wir müssen nicht auf dicke Hose machen. Hab ich recht?«
    Großpilz packte Allu am Kragen und hob ihn mit einer Hand hoch.
    »So ist es«, antwortete Allu schnell.
    Großpilz ließ ihn wieder auf den Stuhl plumpsen und leerte sein Glas in einem Zug.
    »Kleine Kerle sind viel gefährlicher, die sind unsicher und haben Schiss und fuchteln schnell mit dem Messer rum.«
    »Wofür hast du eigentlich zuletzt gesessen?«
    »Ooch ... ich hatte da so einen Typen erschossen.«
    Allu zuckte zusammen, als in seiner Tasche »Die Glocken klangen« ertönte. Grönholm wachte auf und fragte, während er noch die Augen öffnete:
    »Wer spielt Schach?«
    »Ich«, sagte Großpilz, der ihm gegenübersaß. »Und du.«
    Das Brett war zwischen ihnen aufgeklappt. Beide hatten erst ein paar Bauern abgeräumt und ein paar Bier getrunken, und Grönholm war noch nicht dazu gekommen, sich an seiner Spezialität auch nur zu versuchen, nämlich am Schlagen des gegnerischen Königs. Einmal hatte er unachtsam seinen eigenen König geschlagen, bevor ein Zuschauer, der mit den Regeln vertraut war, eine entsprechende Bemerkung anbrachte.
    »Ist mir egal, was ich da tue«, hatte Grönholm erstaunt gemeint. »Ich spiele bloß.«
    Allu sah, dass »Mein Schatz« auf dem Display stand.
    »Ich komm gleich wieder«, versicherte er Großpilz und stürzte mit dem Telefon in der Hand am Tresen vorbei in den Flur und zur Treppe.