Das Begraebnis des Paten
Jarkka:
»Hallo?«
»Einer in der Familie so misstrauisch wie der andere«, sagte Allu. »Keiner meldet sich mit dem Namen.«
»Was würde das ändern? Erinnerst du dich nicht an uns?«
»Dann würde ich ja wohl kaum anrufen.«
»In was für einer Klemme steckst du?«
»Wieso?«
»Normalerweise denkst du an uns immer nur, wenn du Hilfe brauchst.«
»Wahre Freunde erkennt man in der Not.«
»Oder man erschießt sie. Aber sag endlich. Ich hab noch zwei Raummeter Birkenholz zu machen. Bevor der Schnee kommt, müssen die im Schuppen sein.«
»Dann hast du wahrscheinlich keine Zeit, mich zu fahren.«
»Wie oft muss man dir eigentlich was sagen, bis es in deinem Schädel ankommt? Sechs Jahre Knast haben mir gereicht. Da zieht mich nichts mehr hin.«
»Nicht mal die Fußballspiele und der Schachklub? Die hast du doch so geliebt.«
»Die und Riikka haben dafür gesorgt, dass ich am Leben geblieben bin.«
»Und wer hat für das neue Leben in eurem Haus gesorgt?«
»Aliisa haben wir in meinem Urlaub gemacht. Jetzt habe ich hier alles, was ich brauche.«
»Ich hätte was ganz Legales für dich. Ich hab einen gut bezahlten Job gekriegt und bräuchte einen fahrbaren Untersatz. Taxi ist zu teuer, und ich will mir nicht auf eigene Faust fremde Autos ausleihen. Könntest du nicht einspringen?«
»Was ist das für ein Job? Krankentransport oder was?«
Jarkka klang noch immer misstrauisch, war aber eindeutig interessiert. Von Arbeitslosenhilfe und Kindergeld lebte man sicher nicht auf großem Fuß, auch wenn sie ihr Holzhaus von Riikas Oma geerbt hatten.
»Du wirst in nichts Gesetzeswidriges hineingezogen, und ich will mir die Finger auch nicht schmutzig machen. Du kriegst einen Hunderter am Tag plus Benzingeld. Bar auf die Hand. Du bist einfach mein Chauffeur.«
»Genauer!«
»Ich hab versprochen ...«
»Warte kurz«, unterbrach ihn Jarkka und hielt die Muschel mit der Hand zu. Man hörte ein gedämpftes Feldscharmützel, wie es Allu aus eigener Erfahrung mit Leila kannte. Man konnte nicht in allem einer Meinung sein, auch wenn man sich noch so liebte.
Schließlich kehrte Jarkka in die Leitung zurück:
»Was hast du versprochen?«
Im Hintergrund wurde eine Tür zugeschlagen.
»Dass ich dich gegen gutes Geld mitnehme«, antwortete Allu. »Dein Auto hat doch eine Heizung?«
»Na klar.«
»Funktioniert sie auch?«
»Schlecht, vor allem wenn es kalt ist. Im Sommer läuft sie ganz gut.«
»Wenn wir uns sehen, erzähle ich dir mehr.«
Jarkka überlegte noch kurz, dann fragte er:
»Wie viele Tage wird der Job dauern?«
»Weiß ich nicht. Zweihundert springen für dich mindestens raus.«
»Ich könnte auch mehr gebrauchen. Die Bremsen ziehen nach einer Seite, die Ventile rattern und die Winterreifen kannst du auch vergessen. Außerdem blüht der Rost wie im Gewächshaus.«
»Das ist der Treibhauseffekt.«
»Nein, der Corolla. Eigentlich bräuchte ich einen größeren, oder wenigstens einen Viertürer, aber es fehlt die Kohle.«
»Ist Riikka wieder schwanger?«
»Wieso wieder? Alissa ist doch schon fünf.«
»Glückwunsch.«
»Und vom Nachbarn haben wir einen Welpen gekriegt, als Nachfolger für unseren alten Nalle. Der ist letzten Winter gestorben.«
»Woran denn?«
»An einer Spritze. Er war blind und hat den hinteren Teil nur noch mitgeschleppt. Ist ständig gegen Bäume und Wände gestoßen. Irgendeine Lähmung.«
»Da hat er Riikkas Oma ja gerade mal ein Jahr überlebt.«
»So ist es. Der neue heißt Palle. Mischung aus haarlosem Mexikaner und deutschem Schäfer. Sieht ziemlich speziell aus.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Sein Vater war Polizeihund, aber Palle ist wie ein Mensch. Am liebsten mag er Eichhörnchen und den Briefträger.«
Dann kehrte für einen Moment Stille ein. Die Uhr auf dem Redaktionsgebäude der Zeitung Hämeen Sanomat jenseits des ziemlich ruhigen Seeabschnitts zeigte halb eins. Auf der anderen Seite der Straße ging ein leichter Wind über den See. Beiderseits der Straße schlug der Regen aufs Wasser. Allu wischte sich die Tropfen von den Augenbrauen, ging auf dem Bürgersteig weiter und wartete.
»Wo treffen wir uns?«, fragte Jarkka schließlich.
»In der Mühle. Ich frag bei den Jungs dort ein bisschen rum.«
»Glaubst du, die wissen was?«
»Wahrscheinlich nicht mal, wie sie heißen. Aber man muss alles versuchen.«
»Alles klar«, meinte Jarkka. »Brauche ich eine Chauffeursmütze? Und Schlips und Kragen?«
»Hauptsache, du ziehst irgendwas
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