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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das nicht so laut, Wachter, das ist Defätismus. Wehrkraftzersetzung. Das wird mit dem Tode bestraft. Denken und reden Sie nur vom Endsieg, dann überleben Sie. Das Bernsteinzimmer braucht Sie doch.« Von Kortte klopfte Wachter auf die Schulter. »Sie haben keine Kinder, keine Erben?«
    »Nichts, Herr General.« Wachter versuchte ein kumpelhaftes Grinsen. »Aber es ist noch nicht zu spät … bin ja erst fünfundfünfzig Jahre alt.«
    »Beeilung, mein Lieber, Beeilung!« Von Kortte lachte und gab Wachter noch einmal die Hand.
    »Und wer kommt jetzt hierher, Herr General?«
    »Das 50. Korps. Kommandeur General Jobs von Haldenberge.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Mehr oder weniger. Mit ihm kann man reden. Ich werde ihn auf Sie hinweisen. Ein ernster, aber angenehmer Mann. Sie werden ihn von dem Bernsteinzimmer überzeugen können, bei mir haben Sie's ja auch geschafft …«
    Am Abend traf die lange Kolonne des Stabes des 50. Armeekorps beim Katharinen-Palast ein. General Jobs von Haldenberge bezog wie von Kortte das Chinesische Zimmer. Sein Schlafzimmer schlug er im Schlafraum von Katharina II. auf. Ein Zimmer, das ein kleines Heer von Liebhabern der Zarin gesehen hatte und dessen Wände, könnten sie sprechen, von ungeheuren Liebesräuschen erzählen würden.
    Am nächsten Morgen ließ sich Wachter bei General von Haldenberge melden. Zur Verblüffung des Adjutanten empfing ihn der Kommandeur ohne lange Wartezeit. Haldenberge war bekannt dafür, jede unnütze Störung als eine persönliche Beleidigung anzusehen.
    »Sie wurden mir schon empfohlen, Herr Wachter«, sagte er. Aber er gab ihm nicht die Hand, wie es von Kortte getan hatte. Ein Händedruck war für ihn schon eine Art von Vertraulichkeit. »Ich habe eine halbe Stunde Zeit. Sie können mir das sagenhafte Bernsteinzimmer zeigen.«
    Jana Petrowna, die im Zimmer stand, um General von Haldenberge kennenzulernen, wurde von ihm überhaupt nicht beachtet. Eine Krankenschwester, die in ihrer Freizeit Kunstschätze ansieht … was soll's?!
    »Phänomenal!« sagte von Haldenberge, als Wachter ihm unter einer losen Verkleidung eine der Wandtafeln und Figuren zeigte. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Kein Wunder, daß der Führer so etwas für das Reich retten will. Das gibt's nicht wieder.«
    »Der Führer?« fragte Wachter dumpf.
    »Ja. Hat Ihnen von Kortte nicht gesagt, was da läuft?« General von Haldenberge starrte an die Decke mit den herrlichen Deckengemälden. »Wir haben einen Führerbefehl bekommen … über Generalfeldmarschall Ritter von Leeb und Generaloberst von Küchler ist auch zu mir gekommen als neuer Herr über Puschkin.« Er sagte tatsächlich ›Herr über Puschkin‹. Wachter zog wie frierend die Schultern hoch. »In zwei, drei Tagen wird das Einsatzkommando ›Hamburg‹ des Sonderkommandos AA hier im Schloß sein.«
    »Rittmeister Dr. Wollters?«
    »Sie kennen ihn bereits? Ja, er ist dabei. Geführt wird das Kommando von einem Sonderführer Dr. Runnefeldt, wenn ich den Namen richtig verstanden habe. Dieser Runnefeldt, oder wie er heißt, soll umfassende Vollmachten vom Führer haben. Das steht auch in der Anweisung vom Führerhauptquartier. Das Kommando soll, wie Generaloberst von Küchler mir sagen läßt, das Bernsteinzimmer ausbauen.« Von Haldenberge sah auf den Fußboden. Das Intarsienparkett aus rosa und schwarzem Palmenholz mit Palisander, vermischt mit leuchtendgelben Bernsteinstücken, entlockte dem General einen bewundernden Ausruf. »Unfaßbar! Ist das ein Parkett! Das waren noch Künstler, Herr Wachter, und sie hatten Zeit für ihre Kunst. Da wurde nichts gehudelt.« Er verließ das Bernsteinzimmer, ohne auch nur einen Blick auf Jana Petrowna zu werfen, und blickte Wachter wieder nachdenklich an. Von Kortte schien ihn gut unterrichtet zu haben, denn er zog jetzt ein Stück Papier aus der Uniformtasche, faltete es auseinander, indem er es in der Luft schüttelte, und klemmte ein Monokel in sein linkes Auge.
    »Um Ihnen zu zeigen, wie ernst es in den nächsten Tagen wird, lese ich Ihnen das hier vor. Es ist eine Eintragung ins Kriegstagebuch der 18. Armee, zu der mein Korps gehört: ›28. September 1941, 16 Uhr. Rittmeister Dr. Wollters, vom OKW mit der Erfassung der Kunstgegenstände in den Zarenschlössern beauftragt, bittet um Schutz für das Zarenschloß Puschkin, das durch Bombentreffer leicht zerstört und zur Zeit in vorderster Linie durch unachtsames Verhalten der Truppe gefährdet ist. Mit der Sicherung wird L. A. K. beauftragt.

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