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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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trank mit wahrer Tapferkeit den großen Kognakschwenker leer. Koch und Wellenschlag, die keine Herbstgrippe plagte, leisteten ihm Gesellschaft. Und dann schoß Koch mit dem Gesicht eines siegreichen Gladiators seine erste Triumphrakete ab.
    »Der Kontakt mit Generaloberst von Küchler und der 18. Armee ist perfekt. Mit Kußhand wurde die ›Transportstaffel Koch‹ angenommen und läuft wie am Schnürchen. Sie bringt Munition und Nachschub an die Front, entlastet die armeeeigenen Wagen, die nun schnelle Truppenbewegungen übernehmen, und stehen auf dem Rückweg, um nicht leer zu fahren, für die Gauleitung zur Verfügung.«
    »Sehr schön«, sagte Dr. Findling. Sein Kopf brummte, der Magen wehrte sich massiv gegen den Kognak. Gauleiter, dachte er würgend, wenn ich Ihnen gleich auf den Teppich kotze, sind Sie allein schuld. Was Kochs Mitteilung bedeutete, begriff er noch nicht.
    Koch blinzelte seinem Intimus Wellenschlag zu, der sich in einem der tiefen Sessel räkelte.
    »Nummer zwei«, rief Koch und rieb sich die Hände. »Ich war in der ›Wolfsschanze‹ und habe mit Bormann gesprochen. Ich habe ihm erzählt, wo der beste und sicherste Aufbewahrungsort für das Bernsteinzimmer ist, bis es der Führer nach dem Endsieg in Linz ausstellt. Es gehört dorthin, wo es geschaffen worden ist, und Bormann hat das eingesehen: nach Königsberg. Hier in das Schloß! In Ihre Hände, Dr. Findling!«
    Findling starrte Gauleiter Koch entgeistert an. Seine Magenschmerzen waren wie weggezaubert, sein Hirn war frei, der Alkohol verflüchtigte sich wie leichtes Gas.
    »Mein Gott …« stammelte er. »Zu mir … mein Gott …«
    »Was soll Gott dabei?« Koch wedelte mit beiden Händen durch die Luft, als verscheuche er einen Schwarm Wespen. »Der hat uns nicht geholfen. Ich habe es geschafft! Wie erwartet. Ich!«
    »Es ist großartig, Gauleiter«, sagte Wellenschlag. Er kannte Kochs Eitelkeit nur allzu gut. Sie nicht zu pflegen, kam einer Art von Selbstmord gleich. »Einfach großartig! Da werden die anderen von Berlin bis Berchtesgaden aber spucken!« Er applaudierte sogar, der treue Bruno Wellenschlag, als habe Koch gerade eine Wagner-Arie beendet.
    »Wann?« fragte Dr. Findling. Er mußte sich setzen. Diese Nachricht ging ihm in die Knie. »Wann, Herr Gauleiter?«
    »Sie sind schon unterwegs. 18 Lkws, mit meinen besten Fahrern. Von Pleskau sind die Kunstexperten des Einsatzkommandos ›Hamburg‹ des AA unterwegs, dem der Führerauftrag zugeteilt wurde. Rittmeister Dr. Wollters und Sonderführer Dr. Runnefeldt werden die Aktion leiten. Der Kommandeur des 50. Armeekorps, General von Haldenberge, wird uns so viel Hilfskräfte zur Verfügung stellen, wie wir brauchen. In spätestens 14 Tagen werden wir das Bernsteinzimmer hier im Schloß empfangen …« Koch goß sich auf diesen Triumph noch einmal den Kognakschwenker voll und leerte ihn in einem Zug, ohne Luft zu holen oder zu spucken. »Was sagen Sie nun, Dr. Findling?«
    »Nichts –«
    »Nichts?!«
    »Ich kann nichts mehr sagen, Herr Gauleiter. Ich bin zu überwältigt.« Findling meinte es ehrlich. Der Gedanke, in 14 Tagen den größten Bernsteinschatz in seinem Schloßmuseum zu beherbergen, drückte ihm fast die Luft ab. »Ist es nicht möglich, daß ich auch nach Puschkin fahre?«
    »Unzweckmäßig wäre das. Ausbau und Transport sind militärische Aktionen, so ist es mit Generaloberst von Küchler abgesprochen. Schon wegen Rosenberg. Der liegt auf der Lauer wie der Teufel auf eine Kardinalsseele. Erst wenn das Bernsteinzimmer in Königsberg ist und bei Ihnen abgeladen wird, legen wir die Hände drauf.« Erich Koch begann im Zimmer hin und her zu wandern, die Hände auf dem Rücken verschränkt. »Sie sollten sich bis dahin überlegen, wo Sie das Zimmer wieder aufbauen können.«
    »Es kommt dafür nur ein Raum im dritten Geschoß des Südflügels in Frage.« Dr. Findlings Stimme schwamm noch immer. Sein klopfendes Herz war kaum zu beruhigen. »Wenn man eine Wand herausnimmt, könnte er die ungefähren Maße von Puschkin haben.«
    »Und was ist jetzt darin?«
    »Der Raum gehörte zur Gemäldegalerie. Wir stellen dort Werke von Liebermann, Modersohn-Becker und Corinth aus.«
    »Entartete und jüdische Kunst!« fügte Wellenschlag eilfertig hinzu. »Sogenannte Kunst, Gauleiter, eine Schreckenskammer.«
    »Raus damit!« Koch stieß den rechten Zeigefinger wie einen Dolch auf Dr. Findling. »Wieso gibt es diese Schmierereien überhaupt noch? Warum sind sie nicht verbrannt

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