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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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steht.«
    »Es geht mir nicht um das Schloß, Herr Doktor, auch wenn wir Wachters hier über 200 Jahre lang gelebt haben.«
    »Ich weiß, Sie und das Bernsteinzimmer gehören zusammen. Ich glaube, das wird auch Dr. Findling einsehen.« Dr. Runnefeldt zog sein Kinn an den Uniformkragen und zwang sich, äußerlich keine Rührung zu zeigen. Als er sah, wie Wachters Augen glänzten und dieser Schimmer von verhaltenen Tränen kam, drehte er sich weg und verließ schnell das leergeplünderte Zimmer.
    Die zehn Lastwagen standen aufgereiht längs der Zufahrt zum Katharinen-Palast, die Planen fest verschnürt, die Fahrerkabinen verschlossen. Acht Wagen warteten neben der Schloßkirche, um mit den Kunstgegenständen beladen zu werden, die Dr. Wollters noch ausbaute. Die zehn Künstler mit Fingerspitzengefühl und der Zug der Pioniere arbeiteten ohne Unterbrechung, nahmen die Ikonostase auseinander, holten die Kronleuchter von den Decken, schleppten große chinesische Vasen und brokatene Barockmöbel ins Freie und stapelten die eingehüllten Ikonen und Gemälde, Gobelins und Teppiche. Dr. Wollters stand an der Tür und strich jedes herausgetragene Teil penibel auf seinen Listen an.
    Ein kurzer Haken. Aus! Es würde Rußland nie wiedersehen.
    Unteroffizier Julius Paschke, geboren in Berlin-Wedding, von Beruf Kaminkehrer, den man als nicht kriegswichtigen Betrieb eingestuft hatte, saß auf dem Trittbrett von Wagen sieben und hielt Wache. Ohne Bewachung wollte Dr. Runnefeldt seine wertvolle Fracht nicht in der Nacht herumstehen lassen … auch die festeste Kiste war für einen Landser kein Hindernis, wenn er an etwas herankommen wollte. Im Rhythmus von zwei Stunden lösten sich die Wachen ab, nur Julius Paschke mußte länger aushalten. Er war Kolonnenführer der Wagen sechs bis zehn und außerdem der vorgesetzte Wachhabende, der UvD, der Unteroffizier vom Dienst.
    Er saß da auf dem Trittbrett, rauchte eine Zigarette nach der anderen, hatte einen Mordsappetit auf eine Flasche Bier, auch wenn es Dünnbier war, das man Urinol oder Pissulin nannte, und hing schweren Gedanken nach. Vor allem beschäftigte ihn seine Frau Johanna, ein hübsches Frauchen mit strammen Titten und einem geilen runden Arsch, und seit Paschke an der Front war – und er war vom ersten Tage des Einmarsches in Polen dabei – fragte er sich immer: Was macht sie jetzt? Liegt sie in dieser Nacht wirklich allein im Bett? Denkt sie immer an den Spruch: Hab Gott vor Augen und die Buxe zu …? Noch genug Männer waren in der Heimat, in den kriegswichtigen Fabriken, bei Siemens zum Beispiel, und diese Kerle sahen es gewissermaßen als Verpflichtung an, die Frauen ihrer kämpfenden Kameraden nicht vertrocknen zu lassen. War Johanna auch so eine?
    Beim letzten Urlaub hatte Paschke versucht, ihr ein Kind zu machen, aber das war mißlungen. Wieso, das wußte Paschke auch nicht. Er hatte sich 14 Tage lang unermüdlich bemüht und kam dann durchaus nicht erholt zur Truppe zurück, Hannas Brief, der in dem Satz gipfelte: »Nix ist, Julius. Die polnischen Weiber haben Dich schlapp gemacht!«, war Anklage und Spott zugleich. Jetzt lag sie vielleicht unter einem dieser als unabkömmlich erklärten Kerle und blies ihm ihren Atem ins Gesicht. Himmel, Arsch und Zwirn, hoffentlich ist der Scheißkrieg bald zu Ende …
    Er schrak zusammen, sein gesenkter Kopf zuckte hoch. Vor ihm stand eine weibliche Gestalt in einer Schwesterntracht. Lautlos war sie gekommen, völlig ohne Geräusch, als sei sie durch die Luft geflogen.
    »Det is ja wunderbar!« sagte Julius Paschke, warf seine Zigarette weg und zermalmte sie mit der Stiefelsohle. »Wat is jefällig? Blutdruck, Herzklopfen oder Entlausung? Is alles da, Schwesterchen. Am schlimmsten empfind ick di Spannung in der Hose …«
    »Ich möchte Sie um etwas bitten.« Jana Petrowna zögerte einen Moment, dann setzte sie sich neben Paschke auf das Trittbrett. Ein leichter Parfümgeruch umwehte Paschke und erinnerte ihn an den Puff von Riga.
    Jeijeijei … ausgerechnet jetzt! Beim Wacheschieben gibt es kein anderes Schieben. Mädchen, ich komme vors Kriegsgericht – einen Teufel werde ich tun!
    »Schieß los, Kleene, wat soll's denn sein?« sagte er und musterte Jana von der Seite. Sein Blick blieb auf ihrem Busen haften, und er kratzte sich nervös die Nase. Immer wenn's gemütlich wird, kommt was dazwischen.
    »Sie fahren doch morgen nach Königsberg?«
    »Hat sich det schon rumjesprochen? Ja, wir dampfen nach Königsberg.«
    »Wie weit

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