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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich bereits, und die Biber im weiten Schloßpark schleppten für die langen, weißen Monate Futter in ihre Bauten.
    »Du bleibst also hier?« fragte Wachter, als die Tasche gepackt war.
    »Vorläufig, Väterchen. Ich melde mich im Lazarett in der Gorkij-Schule. Irgendwie komme ich auch in die Nähe, wo du bist. Und wenn der Krieg schnell beendet ist, fahre ich sofort nach Leningrad zu Nikolaj.«
    Er sah ihr zu, wie sie das Häubchen auf ihr Haar setzte, den Kragen mit der runden Brosche schloß und ihren grauen Mantel über die Schultern warf. Gott hat mich gesegnet, daß mein Sohn eine solche Frau bekommt, dachte er. Immer schon hatten die Wachters Glück mit ihren Frauen gehabt, selbst Urgroßvater Pjotr Germanowitsch, der drei außereheliche Kinder hatte, gottlob nur Mädchen. Jeden Fehltritt hatte Urgroßmutter ihm verziehen, sogar die gefährliche Liebe zu der Zarenköchin Wassilissa Valentinowna. Sie hatte den Ehrgeiz, die zweite Frau Wachterowskij zu werden, aber Urgroßvater machte ihr ein Kind, und die sittenstrenge Zarin verbannte sie als Gefängnisköchin auf die Peter-und-Pauls-Festung.
    »Was ist strullen, Väterchen?« fragte Jana Petrowna plötzlich.
    »Pinkeln.«
    »Und abprotzen?«
    Wachter sah Jana verblüfft an. »Woher hast du die Ausdrücke?«
    »Soldaten haben davon gesprochen … unter dem Fenster.«
    »Abprotzen nennen die Soldaten, wenn sie hinter einen Busch gehen, sich hinhocken …«
    »Ach so.« Jana griff nach ihrer Wachstuchtasche und hob sie hoch. Wachter spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. Der Abschied, die letzten Minuten, die letzten Worte, die letzten Blicke. Vielleicht für immer … endgültig. »Auf Wiedersehen, Väterchen.«
    »Auf Wiedersehen, Töchterchen. Gott sei mit dir.«
    »Und mit dir, Väterchen. Wir sehen uns bald wieder.«
    »Bestimmt sehen wir uns wieder.« Er riß ihr die Tür auf, ließ sie aus der Wohnung und machte die Tür schnell wieder zu. Ein langer Abschied ist eine unendliche Qual.
    Mit gesenktem Kopf tappte Wachter in das Wohnzimmer zurück, setzte sich auf das Sofa und starrte auf seine drei Koffer.
    Königsberg. Mein König … die Wachters haben bisher immer ihre Pflicht erfüllt. Sie haben es Euch in die Hand versprochen.
    Auf seinem Trittbrett saß Julius Paschke und wartete auf das schöne Schwesterchen. Er hatte einen Entschluß gefaßt: Er nahm sie mit. Unter der Plane, hinter den Kisten. Dort hatte er in der vergangenen Stunde ein Lager für sie hergerichtet: drei Decken übereinander, in die Ecke gequetscht einen Eimer, den man dann in der Nacht leeren konnte. Ein Problem war nur sein Beifahrer, der Gefreite Heini Doll . Er war in Köln geboren und durfte gar nicht anders heißen als Doll . Wenn er Witze erzählte, schmerzte nach einer Viertelstunde das Zwerchfell. Das war die eine Seite. Die andere war ein strammer Nationalsozialist. Dolls Vater war ein politischer Leiter in Köln. Er arbeitete in der Propagandaabteilung der Kreisleitung Köln-Mitte und glaubte alles, was Goebbels in seiner wöchentlichen Kolumne in der Zeitschrift Das Reich herunterlog. Wenn Doll den blinden Passagier entdeckte, begann die Kacke zu dampfen.
    So lautlos wie beim erstenmal stand Jana Petrowna plötzlich wieder vor Paschke. Sie wuchs einfach aus dem Schatten heraus. Paschke zog die Luft durch die Nase ein und zeigte dann auf die schwarze Wachstuchtasche.
    »Det is alles?«
    »Ja. In Königsberg bekomme ich eine neue Ausstattung.«
    »Und det jerahmte Foto vom Bräutigam?«
    »Ich habe keinen.«
    »Es jibt wirklich viel Blinde uf d'r Welt.« Er hob die an der Ladeklappe aufgeschnürte Plane hoch und warf die Tasche in den Wagen. »Komm, ick helfe dir klettern. Der Chef fährt in 'ner halben Stunde ab, uns voraus, will de Laje peilen …«
    »Wie heißt du?« fragte sie und nahm das Du auf, das Paschke angefangen hatte.
    »Julius. Julius Paschke. Berlin-Wedding. Schornsteinfeger. Macht mir imma wieda Spaß, det Fegen.« Er verschränkte seine Hände vor dem Bauch wie zu einem Trittbrett und nickte Jana Petrowna zu. »Darf ick Jnädigste in meenen Horch bitten. Wie heest denn du?«
    »Jana. Jana Rogowskij.« Sie hob das Bein, zog sich an Paschkes Schulter hoch, gestützt von seinen Händen, und setzte sich dann auf die Ladeklappe. Ihre schlanken Beine baumelten vor seinem Gesicht. Da kann die Hanna nich mit, dachte er. Und dabei is se so stolz uf ihre Beene. Det hier sind Rehbeenchen …
    »Verschwinde nach hinten!« sagte er rauh. »Mach dich kleen, ick hab dir

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