Das Beste aus 40 Jahren
hast du getroffen, ohne mich zu fragen, was ich davon halte. Und ich habe dich so gut wie nie gesehen – außer im Bett.“ Sie atmete scharf ein. „Es wundert mich, dass du selbst zu mir gekommen bist, anstatt einen deiner Lakaien zu schicken. Es muss dir doch sehr schwer fallen, mir persönlich gegenüberzutreten.“
„Schwierigkeiten haben mich noch nie abgeschreckt, Anastasia.“
„Warum hast du dann ein Jahr lang nur durch die Anwälte Verbindung zu mir gehalten?“
„Zur Hölle, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Debatte über unsere Ehe.“ Feindselig sah er sie an. „Du sollst nicht meinetwegen mit nach Italien kommen, sondern Chiara zuliebe.“
Ihre Wut wich plötzlicher Scham. Sie hatte völlig vergessen, dass es um Chiara ging. Wenn sie mit Rico zusammen war, konnte sie offensichtlich an nichts anderes denken als ihn.
„Es tut mir natürlich leid, dass sie verletzt ist“, sagte sie steif, „aber ich sehe nicht ein, warum du mich nach Italien mitnehmen möchtest.“
„Du gehörst zur Familie.“
„Wie bitte?“, fragte sie entgeistert. „Du willst die Familie am Bett deiner Schwester versammeln und zählst mich plötzlich wieder dazu?“ Sie lachte, spöttisch und ungläubig zugleich. „Ist es dafür nicht ein bisschen zu spät? Außerdem habe ich nie wirklich zu euch gehört!“
Seine Angehörigen hatten sie nie akzeptiert. Von Anfang an hatten sie durchblicken lassen, dass sie glaubten, sie hätte Rico nur seines riesigen Vermögens wegen geheiratet. Was lachhaft war, denn sie machte sich überhaupt nichts aus Reichtum und Luxus.
Nein, es war nicht lachhaft, es war tragisch! Ricos Angehörige waren so von Vorurteilen geblendet, dass sie sich nicht die Mühe gemacht hatten, sie, Anastasia, besser kennenzulernen. Man hatte sie von vornherein ausgeschlossen und ihr zu verstehen gegeben, dass sie eine Außenseiterin bleiben würde.
Rico hatte geheiratet, ohne ihnen vorher etwas zu sagen und, schlimmer noch, ohne sie zur Hochzeit einzuladen. Und das legte man natürlich auch ihr zur Last. Dass sie nicht die Frau war, die sich alle für Rico gewünscht hatten, hatten sie ihr immer deutlich gezeigt.
Rico hatte es nie gemerkt.
Und nun funkelte er sie wütend an. „Lieber Himmel, meine Schwester ringt mit dem Tod, und du hast nichts Besseres zu tun, als immer noch meine Familie schlechtzumachen!“
Schockiert sah Anastasia ihn an. „Chiara ist so schwer verletzt, dass sie sterben könnte?“
Jetzt verstand sie, warum er so gestresst und erschöpft aussah. Er liebte seine um viele Jahre jüngere Schwester innig.
Kurz schloss er die Augen und seufzte tief. „Gestern haben uns die Ärzte mitgeteilt, dass Chiara wahrscheinlich durchkommt. Ob ihr Gehirn dauerhaft geschädigt ist, lässt sich allerdings erst feststellen, wenn sie richtig aufwacht. Bisher war sie nur Sekunden bei Bewusstsein und hat nur ein Wort gesprochen.“ Sein Ausdruck wurde hart. „Wir sind alle außer uns vor Sorge. Insofern hast du einen schlechten Zeitpunkt für deine Kritik an meiner Familie gewählt.“
„Ich habe doch nichts gegen deine Angehörigen gesagt, nur über mein Verhältnis zu ihnen“, verteidigte sie sich gegen den unberechtigten Vorwurf. Wenn es um seine Familie ging, war Rico völlig voreingenommen. Ausschließlich zu deren Gunsten. „Und ich hatte keine Ahnung, dass es so schlimm um Chiara steht.“
„Sie musste am Gehirn operiert werden und liegt seither im Koma. Seit zwei Wochen!“
Ehrlich bestürzt streckte Anastasia tröstend die Hand aus und ließ sie sofort wieder sinken.
Ricos Blick sprach Bände. Rühr mich nicht an. Hände weg.
Sie hatte kein Recht mehr, ihn zu trösten. Trost erwartete er ohnehin nicht. Er ließ niemanden nahe genug an sich heran.
Nicht einmal seine Frau.
Der Kampfgeist verließ sie. Warum sollte sie sich noch gegen Rico auflehnen, wenn sie ihm gleichgültig geworden war?
Früher war das nicht so gewesen. Im Gegenteil. Er hatte die Hände nicht von ihr lassen können, und dass er von ihr wie besessen war, hatte auf sie wie ein Liebestrank gewirkt.
Daran wollte sie jetzt nicht denken. Was damals war, sollte ihr nun egal sein. Es war ihr egal!
Stolz hob Anastasia den Kopf und sagte beherrscht: „Es tut mir aufrichtig leid, dass es Chiara so schlecht geht, und ich tue natürlich alles, um ihr zu helfen, aber … ich verstehe nicht, warum du mich zu ihr bringen willst.“
Rico rieb sich den Nacken und wirkte, als würde er sich zu den
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