Das Beste aus 40 Jahren
sein Bild vor ihr inneres Auge: die sonnengebräunte, glatte Haut. Die festen Muskeln der Brust mit dem Dreieck aus dunklem Haar. Oben und unten …
Sie schüttelte den Kopf, wie um das aufreizende Bild zu vertreiben. In dem Moment wandte Rico sich um und schaute sie an, als ahnte er, woran sie gerade dachte. Ein Funken schien überzuspringen, und unwillkürlich machte sie einen Schritt auf ihn zu, wie von einer unwiderstehlichen Kraft angezogen.
Ein unergründlicher Ausdruck zeigte sich kurz in seinen dunklen Augen, dann wirkte er wieder eisig beherrscht.
Der geringschätzige Blick ließ sie erstarren. Zu spät erinnerte sie sich an die beiden Lektionen, die sie als Rico Crisantis Ehefrau gelernt hatte.
Körperliche Anziehung – und sei sie noch so stark – war ein unsicheres, brüchiges Fundament für eine Beziehung.
Und jemand von ganzem Herzen zu lieben bedeutete nicht automatisch, für immer glücklich mit ihm zu sein.
2. KAPITEL
„Von mir aus kannst du jetzt ins Bad gehen, Anastasia. Du weißt ja, wo es ist.“
Rico saß entspannt in dem mit cremeweißem Leder bezogenen Sitz, den Laptop vor sich. Wie üblich hatte er zu telefonieren begonnen, sobald der Privatjet abgehoben hatte, und sie kaum eines Blickes gewürdigt.
Nichts hatte sich geändert!
Anastasia war gekränkt, weil er sie nicht beachtete, und wütend auf sich, weil es ihr etwas ausmachte. Nein, eigentlich ist es mir egal, redete sie sich ein. Sie war nur verstört wegen des Schocks, ihn so unvermutet wiederzusehen.
Natürlich wusste sie, wo das Bad war: gleich neben dem Schlafzimmer, in das er sie zu Beginn ihrer Ehe einmal getragen und während eines gesamten Flugs geliebt hatte …
Zwölf Monate lang hatte sie versucht, die Erinnerungen zu verdrängen. Sich von der heißen Sehnsucht nach Rico freizumachen, dem überwältigenden Verlangen, das sie oft unerwartet überfiel. Würde das bisschen Erfolg, das sie zu verzeichnen hatte, zunichte, wenn sie in das Schlafzimmer ging?
Ach was, es ist nur ein Raum, sagte Anastasia sich vernünftig und stand auf. Unter den Füßen spürte sie den dicken, weichen Teppich, während sie zum Heck des Jets ging. Außerdem musste sie das Schlafzimmer nicht betreten, wenn sie nicht wollte. Der Kleiderschrank befand sich in dem kleinen Vorraum, von dem Bad und Zimmer abgingen. Sie brauchte sich nur die Farbe abzuwaschen und nett herzurichten, um seiner Familie gegenübertreten zu können.
An der Tür zum Vorraum blieb sie stehen und hörte Rico zu, der bereits wieder telefonierte. Früher hatte sie es geliebt, ihn italienisch sprechen zu hören, auch wenn sie nur wenig verstand. Er hätte ihr die Wirtschaftsseiten einer Zeitung vorlesen und damit bei ihr Verlangen wecken können. Deswegen hatte er sie öfter geneckt, was ihr egal gewesen war. Seine Stimme war nun mal ungeheuer verführerisch.
Nein, daran denke ich jetzt nicht, ermahnte Anastasia sich. Seufzend ging sie ins Bad und musterte sich im Spiegel. Als sie den Farbklecks über der einen Braue entdeckte, lächelte sie schief. Sie sah wirklich nicht aus wie die Frau von einem der erfolgreichsten Geschäftsmänner der Welt.
Rasch wusch sie sich das Gesicht mit kaltem Wasser, nicht nur, um die Farbe zu entfernen, sondern auch, um ihre glühenden Wangen zu kühlen.
Ich bin einfach nicht die Richtige für Rico, gestand sie sich ein.
Genau das hatte ihn anfangs fasziniert. Sie war völlig anders als die Models und Schauspielerinnen, mit denen er sich sonst abgegeben hatte. Aber schließlich hatte es ihn nur noch irritiert, dass sie mehr von ihm wollte als seine früheren Mätressen. Und damit meinte sie nicht Geld!
Während sie sich mit einem flauschig weichen Handtuch das Gesicht abtrocknete, fragte sie sich, was Rico an jenem Tag in Rom in ihr gesehen haben mochte. Was hatte ihn dazu gebracht, mit ihr zu sprechen? Unwillkürlich erinnerte sie sich nun lebhaft an die erste Begegnung …
Sie balancierte auf einem Gerüst, hingebungsvoll mit ihrer Malerei beschäftigt. Der Crisanti-Konzern hatte sie beauftragt, das Foyer des Hauptsitzes mit einem Fresko zu schmücken. Wie üblich hatte sie beim Arbeiten für nichts anderes Augen, und erst als sie eine besonders schwierige Stelle zufriedenstellend gemeistert hatte, merkte sie, dass sie beobachtet wurde.
Sie schaute nach unten und verlor beinah das Gleichgewicht. Dort stand der attraktivste Mann, den sie jemals gesehen hatte, und Italien war nicht gerade arm an gut aussehenden Männern! Dieser
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