Das Beste aus 40 Jahren
schwer verletzt?“, fügte sie mitfühlend hinzu.
„Ja.“ Er ließ die Schultern hängen.
So hatte sie ihn noch nie gesehen: grau im Gesicht vor Müdigkeit, erschöpft, völlig ausgepumpt.
Ohne weiter zu überlegen, trat sie endlich beiseite. „Komm doch rein. Drinnen können wir besser reden.“
Rico folgte ihr und musste sich bücken, um sich nicht den Kopf am Türrahmen zu stoßen. Im winzigen Wohnzimmer schaute er sich kritisch um, und man sah ihm deutlich an, wie wenig ihm ihr Zuhause gefiel.
„Wieso lebst du hier?“, fragte er brüsk. „Hast du nicht genug Geld?“
Geld ist alles, worauf es ihm ankommt, dachte Anastasia wütend. Dass sie hier lebte, weil es ihr gefiel, kam ihm offensichtlich nicht in den Sinn. Wie hatte sie sich nur in einen Mann verlieben können, der keinerlei Gefühle kannte?
„Wie ich lebe, geht dich nichts an“, erwiderte sie abweisend. „Du hast dich ja früher auch nicht dafür interessiert.“
„Du brauchst nicht in so beengten Verhältnissen zu leben. Du bist doch noch immer meine Frau!“
Das Beste, was ihr – seiner Meinung nach – passieren konnte. Seine Selbstherrlichkeit wäre zum Lachen gewesen, wenn sie ihr nicht schon so viel Kummer bereitet hätte.
„Ich lebe gern hier“, erklärte sie mit bebender Stimme und strich sich die kupferroten Locken aus der Stirn. „Und ich war eigentlich nie wirklich deine Frau, Rico.“
Hingerissen betrachtete er ihr dichtes, glänzendes Haar, und plötzlich schien die Luft im Raum vor Spannung zu knistern.
„Wieso nicht, Anastasia? Ich habe dich geheiratet.“
Das hielt er offensichtlich für die höchste Ehre, die er ihr hatte erweisen können! Wieso hatte sie inzwischen vergessen, wie unglaublich arrogant er war?
„Aus einem Impuls heraus, den wir beide schließlich bedauert haben“, meinte sie und wünschte, er würde ihr Haar nicht so ansehen.
Den Blick kannte sie von früher. Gleich würde Rico ihr die Finger in die Locken schieben, dann die Lippen verführerisch über ihren Hals gleiten lassen … Plötzlich atmete sie schneller. Nein, sie wollte jetzt nicht daran denken, wie aufregend Sex mit Rico gewesen war.
„Unsere Ehe war nicht so, wie eine Ehe sein sollte“, erklärte Anastasia bedrückt. „In einer Ehe geht es darum zu teilen. Das Einzige, was wir geteilt haben, war das Bett.“
Und das Einzige, was sie beide gleichermaßen interessiert hatte, war Sex. Unglaublich erregender, heißblütiger, stürmischer Sex. Die Erinnerung daran raubte ihr gelegentlich noch immer den Schlaf.
Widerstrebend ließ Rico den Blick von ihrem Haar zu ihrem Gesicht gleiten, und sie wusste, dass er gerade an dasselbe gedacht hatte wie sie.
„Ja, unsere Beziehung war katastrophal, aber ich bin nicht hier, um mich – und dich – daran zu erinnern“, sagte Rico schroff. „Trotz allem bist du noch immer meine Frau, und als die brauche ich dich in Italien. Versteh mich nicht falsch“, fügte er schnell hinzu. „Ich habe nicht die geringste Absicht, dir wieder nahezukommen. Mein Besuch hat keine persönlichen Beweggründe.“
Das zu hören tat ihr weh. Obwohl sie doch gewusst hatte, dass er nichts mehr von ihr wissen wollte!
„Das hätte ich auch nie vermutet“, erwiderte sie kühl, obwohl sie unglaublich wütend auf ihn war. Und das nach nur fünf Minuten! „Unsere Ehe war ja auch sehr unpersönlich, oder? Was wir beide hatten, müsste man eher als legalisierte Affäre bezeichnen.“
Rico atmete scharf ein, auf seinen markanten Wangenknochen zeichneten sich rote Flecken ab. Man sah ihm an, wie zornig er war. Doch er wies ihren Vorwurf nicht zurück … weil der die reine Wahrheit darstellte. Sie hatten im Bett wunderbare Stunden verlebt, aber tiefer war die Beziehung nie gegangen. Jedenfalls nicht, was ihn betraf. Für sie sah es anders aus.
Rico war die Liebe meines Lebens.
„Ich bin nicht hier, um über unsere Ehe zu diskutieren“, sagte er kalt.
Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, hätte sie über seine Unfähigkeit, sich mit Gefühlen auseinanderzusetzen, gelacht.
„Natürlich nicht“, bestätigte Anastasia zornig. „Du würdest mich am liebsten ohne ein Wort loswerden und nur noch mittels Anwälten mit mir kommunizieren.“
„Du hast mich verlassen, nicht umgekehrt“, konterte er, ebenso aufgebracht wie sie. „Du hast unsere Ehe zerstört.“
„Wir hatten keine, wie ich schon sagte! Du hast mir nicht vertraut. Du hast mich an nichts Wichtigem teilhaben lassen. Jede Entscheidung
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