Das Beste aus 40 Jahren
einem Sofa, das nicht für einen Mann seiner Statur entworfen worden war.
Anastasia zögerte den Moment der Begegnung noch hinaus, indem sie zum nächststehenden Obstbaum ging und sich eine Orange pflückte. Sie war schon immer fasziniert gewesen von der Möglichkeit, sich ihr Frühstück hier direkt vom Baum zu holen. Rico hatte sie wegen ihres simplen Geschmacks oft geneckt und übersehen, dass sie echte Freude tatsächlich nur an einfachen Dingen hatte.
Seine Familie hatte es schon gar nicht geglaubt.
Widerstrebend ging sie zum Tisch, wo Rico und seine Schwester plauderten. Chiara aß gerade den letzten Bissen eines süßen Croissants und blickte lächelnd hoch. „Du hast aber lang geschlafen, Anastasia! Warst du sehr müde?“ Sie goss ihr Kaffee ein und musterte sie. „Hast du gestern vielleicht zu viel Sonne abbekommen? Am Hals ist deine Haut ganz rot.“
Anastasia war sich bewusst, dass auch Rico sie genau beobachtete, und nahm sich einen Teller und ein Messer. „Ich habe sehr empfindliche Haut“, sagte sie gleichmütig.
Chiara errötete, als ihr anscheinend klar wurde, woher die roten Flecken stammten. „Oh! Ich wollte doch nicht …“ Verlegen blickte sie aufs Meer. „Heute soll es richtig heiß werden. Vielleicht gehe ich nachher an den Strand.“
„Nimm Gio mit“, befahl Rico sofort. „Du solltest nicht allein sein. Und bleib nicht zu lange. Es ist besser für dich, im Schatten auszuruhen.“
Chiara murmelte etwas, das wie Zustimmung klang, und stand auf. Anscheinend wollte sie den Schauplatz ihres Schnitzers schnellstens verlassen. Errötend eilte sie ins Haus.
Anastasia sah ihr kurz nach und schälte dann die Orange weiter. „Ich denke, deine Schwester ist jetzt überzeugt, dass du und ich uns sehr nahe sind, Rico“, begann sie kühl und teilte die Frucht in Spalten. „Das müsste dich freuen, weil alles nach deinem Plan läuft.“
„Nicht unbedingt.“ Er leerte seine Kaffeetasse. „Ich bedaure, was letzte Nacht passiert ist.“
„Ach so.“ Anastasia bemühte sich, ruhig zu sprechen. „Über mich herzufallen war nicht geplant?“
Rico verspannte sich. „Anastasia, bitte …“
Sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Ich weiß, wie du dich sofort anschließend gefühlt hast. Du hast dich selbst gehasst, Rico.“ Ihre Stimme zitterte plötzlich. „Weil du die Beherrschung verloren hast, auf die du so stolz bist. Du hast dich gehasst, weil du eine wie mich berührt hast.“
Scharf atmete er ein. „Das ist nicht wahr!“
Sie blickte zu ihm, und der Ausdruck in seinen Augen ließ ihren Atem stocken. Plötzlich erinnerte sie sich lebhaft an jeden einzelnen Moment des Zusammenseins. Das heiße Begehren, die Leidenschaft – und die Erfüllung.
Und er erinnerte sich ebenfalls daran!
„Es wäre schön, wenn wir uns auf Folgendes einigen könnten, Rico: dass es nie wieder passieren wird.“ Sie blickte auf den Teller und fragte sich, ob sie jemals wieder Appetit verspüren würde. Momentan hatte sie nicht einmal Lust auf eine einzige Orangenspalte. „Du hast ja sicher nicht vor, Chiara als Augenzeugin ins Schlafzimmer zu bitten, also können wir uns den Sex ersparen – und du dir dein Bedauern.“
„Ich bedaure nicht, dich geliebt zu haben“, versicherte Rico ihr. „Es beweist, dass wir beide nicht zusammen sein können, ohne uns sofort heiß zu begehren. Und tu nicht so, als wärst du ein wehrloses Opfer gewesen. Du wolltest es genauso sehr wie ich.“
Am liebsten hätte sie es bestritten, aber das ging nicht, weil sie sich ja letzte Nacht an ihn geklammert und ihn förmlich angefleht hatte weiterzumachen.
Da sie sich nicht verteidigen konnte, versuchte sie es mit Angriff. „Du hältst dich wohl für einen begnadeten Liebhaber.“
„Zu Recht – wenn man deine Reaktion letzte Nacht bedenkt.“
Sie biss sich auf die Lippe und fragte sich, wann sie endlich lernen würde, ihre Empfindungen nicht allzu deutlich zu zeigen.
Und sie fragte sich, ob sie jemals ihre Gefühle für Rico überwinden würde.
„Was bedauerst du dann?“, erkundigte Anastasia sich bewusst kühl.
„Dir wehgetan zu haben.“ Eindringlich sah er ihr in die Augen. „Ich war grob, und das tut mir leid.“
Die Antwort überraschte sie, und sie verkniff sich die boshafte Bemerkung, die ihr schon auf der Zunge lag. Dass Rico sich entschuldigte, kam so gut wie nie vor. Er besaß mehr Selbstvertrauen als jeder andere, den sie kannte, und das hatte ihm den erstaunlichen Erfolg im Geschäftsleben
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