Das Beste aus 40 Jahren
stimmte Rico zu und stand auf. „Ich möchte einen Vorschlag zum Zeitvertreib machen. Kommt mit nach drinnen.“
Fragend sah Anastasia Chiara an, aber die zuckte nur, ebenso überrascht, die Schultern.
Rico führte sie zu einem Zimmer, das Anastasia bei ihrem jetzigen Aufenthalt noch nicht betreten hatte, und öffnete mit großer Geste die Tür.
Anastasia trat ein und stieß einen leisen Ruf der Überraschung aus. „Hier sieht es aus wie in einem Geschäft für Malbedarf“, stellte sie erfreut fest.
Auf mehreren Tischen türmten sich Leinwände, Farben, Pinsel und Paletten, alles brandneu und noch in der Verpackung.
„Oh, Rico, ich …“, begann sie gerührt.
Er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Du hast mir vorgeworfen, ich würde nie an dich denken, Liebste.“ Vielleicht zum ersten Mal, seit er erwachsen war, sah er verunsichert aus. Anscheinend konnte er überhaupt nicht abschätzen, wie sie reagieren würde. „Wie du siehst, tue ich es doch. Du wolltest arbeiten … na ja, und hier ist also dein Atelier.“
Sprachlos schaute sie sich um.
„Ich habe nichts ausgepackt, weil ich dachte, es macht dir vielleicht Freude, es selbst zu tun.“ Noch immer klang er unsicher.
Sie ging zum Tisch und nahm eine Tube Farbe. Verlegen drehte sie sie zwischen den Fingern. „Wo und wie hast du das alles besorgt?“
Es war das erste Mal, dass Rico ihre Arbeit ernst nahm, und sie wusste tatsächlich nicht, wie sie reagieren sollte.
„Ich habe deine Mutter angerufen, um zu fragen, was du alles brauchst, und es dann per Internet bestellt und per Express liefern lassen. Freust du dich? Der Raum hier geht nach Norden, und du hast mal gesagt, dass er als Atelier ideal wäre.“
Nun erkannte sie den Raum. „Das ist doch dein Arbeitszimmer, Rico!“
„Nein, jetzt nicht mehr. Die Aussicht hat mir nicht mehr gefallen“, erklärte er gleichmütig, sah sie jedoch so zärtlich an, dass ihr ganz warm ums Herz wurde.
Einen kurzen, glückseligen Moment lang glaubte sie, Rico habe es wirklich ihr zuliebe getan – weil die vergangene Nacht ihm so viel bedeutet hatte.
Dann hörte sie Chiara leise seufzen, und schlagartig fiel ihr wieder ein, weshalb er sich all die Mühe gemacht hatte: um vor seiner Schwester als glücklich verheirateter, fürsorglicher Mann dazustehen.
Augenblicklich war ihr die ganze Freude vergällt.
„Es ist wirklich wundervoll“, sagte Anastasia steif. „Vielen Dank, Rico.“
Stirnrunzelnd blickte er sie forschend an, dann sah er demonstrativ auf die Armbanduhr. „Ich muss einen dringenden Anruf erledigen. Wir sehen uns spätestens beim Mittagessen, einverstanden?“
Er zog Anastasia an sich und küsste sie auf die Lippen – wie um sie an die vergangene Nacht zu erinnern und an die Freuden, die ihr in der kommenden Nacht bevorstanden. Sie ließ sich den Kuss gefallen, erwiderte ihn aber nicht.
Was hätte ich nicht dafür gegeben, wenn Rico mir in Rom ein Atelier eingerichtet hätte? dachte sie betrübt. Oder dafür, dass er sein Arbeitszimmer wirklich ihr zuliebe aufgegeben hätte, anstatt nur, um seiner Schwester etwas vorzumachen!
Seine Miene wurde immer kühler und bewies, wie pikiert er war, weil sie nicht mehr Begeisterung zeigte.
Sich an ihre Rolle als liebende Ehefrau erinnernd, schaute sie sich nochmals im Raum um und rang sich ein strahlendes Lächeln ab. „Das Atelier ist wirklich ganz großartig, Rico! Vielen, vielen Dank, mein Schatz!“
„Schon gut! Gern geschehen.“ Kurz blickte er ihr noch einmal in die Augen, doch nun war sein Ausdruck unergründlich. „Bis später dann.“
Ohne einen Blick zurück verließ er das Atelier.
Anastasia wurde es schwer ums Herz.
„Ich hätte nie gedacht, dass Rico so verrückt nach einer Frau sein könnte“, meinte Chiara, der die gespannte Atmosphäre anscheinend völlig entgangen war. „Jetzt hat er doch dir zuliebe tatsächlich auf sein geliebtes Arbeitszimmer verzichtet, den schönsten Raum in der ganzen Villa.“
„Ja, das Zimmer ist wunderbar“, bestätigte Anastasia. „Einfach ideal als Atelier.“
Das Mädchen rieb sich die Stirn. „Es sieht Rico gar nicht ähnlich, so wenig zu arbeiten wie jetzt. Stimmt’s?“
„Ja, du hast recht.“
„Entschuldige, dass ich dich ständig mit Fragen nerve.“ Chiara verzog kläglich das Gesicht. „Ich komme mir vor, als würde ich ein Puzzle legen, zu dem ich mir die einzelnen Stücke erst mühsam zusammensuchen muss.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ Impulsiv
Weitere Kostenlose Bücher