Das Beste aus 40 Jahren
Manoels Mutter, arbeitete.
„Ich verstehe.“ Dianne drehte sich um und lehnte sich an den Fensterrahmen. „Ihr hättet euch eigentlich näherkommen müssen, jetzt – da Manoels Vater tot ist.“
„Albert?“ Gemma verzog geringschätzig den Mund und sah für einen Augenblick ihrem Enkel bemerkenswert ähnlich. „Du weißt, dass Albert und ich nie etwas gemein hatten. Wie könnten dann seine Witwe und ich jemals etwas gemein haben? Diese schmallippige, kalte Frau, die in ihrem ganzen Leben nur ein einziges Mal etwas Gutes getan hat.“
„Was war das?“, fragte Dianne neugierig.
„Sie hat Manoel geboren.“ Gemma umklammerte die Steppdecke. „Manoel! Der Sohn, den ich geboren haben sollte! Denn nur er ist wahres Blut von meinem Blut. Oh ja, für Manoel würde ich alles tun.“
Dianne errötete noch tiefer und senkte verlegen den Kopf. Nur Gemma konnte so sprechen, ohne dass es theatralisch klang. Der Zwang, unaufhörlich ihre Gefühle zu unterdrücken, brannte Dianne wie ätzende Säure im Hals. Sie trat an den Toilettentisch und begann mit einer Bürste zu spielen, die einen Griff aus Perlmutt hatte.
„Louise hat mir von Yvonnes Unfall erzählt“, murmelte sie, dem Bett den Rücken zukehrend, sodass Gemma ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.
„Tatsächlich?“ Es klang völlig uninteressiert.
„Ja.“ Dianne drehte sich um und lehnte sich gegen den Toilettentisch. „Es muss – schrecklich gewesen sein.“
Gemma schnaubte geringschätzig. „Für Yvonne ja“, räumte sie unliebenswürdig ein.
Dianne blickte auf die Bürste. „Sie war immer so aktiv. So voller Energie. Es muss ein entsetzlicher Schlag gewesen sein.“
„Das war es natürlich.“ Gemma legte sich müde zurück.
„Wie ist es dazu gekommen?“, fragte Dianne hartnäckig weiter. „Louise sagte mir, Yvonne habe die Stiere gereizt, weil – weil sie sich mit Manoel gestritten hatte.“
Gemma schloss die Augen. „Ich glaube, so ist es geschehen“, sagte sie müde.
„Aber – aber warum hat sie so etwas getan? Gewiss könnte doch kein Streit mit Manoel –“
Gemma hob die Hand, die Augen hatte sie noch immer geschlossen. „Ich bin auf einmal sehr müde“, sagte sie. „Bitte, geh.“
Dianne seufzte, legte die Bürste auf den Toilettentisch zurück und ging zur Tür. Doch als sie die Hand nach der Klinke ausstreckte, schlug Gemma plötzlich wieder die Augen auf, und Dianne hätte schwören können, dass sie gar nicht müde war, sondern nur so tat.
„Ich möchte dich wiedersehen“, sagte sie scharf. „Wann kommst du?“
Dianne hielt den Atem an. „Aber ich muss doch nach England zurück. Ich kann nicht bleiben!“
„Warum? Was zieht dich zurück? Ein Mann?“
„Nein.“ Dianne steckte eine lose Haarsträhne hinter das Ohr. „Nein, aber ich muss arbeiten –“
„Unsinn! Du suchst nur nach Ausflüchten. Manoel wird es einrichten. Schick ihn zu mir, bevor du gehst.“
Dianne schüttelte hilflos den Kopf und verließ, als Gemmas Augen wieder zufielen, das Zimmer. Sie schloss die Tür hinter sich.
Im Korridor zögerte sie. Dann hörte sie Stimmen aus der Küche und wusste, dass sie Manoel dort finden würde. Widerstrebend öffnete sie die Tür.
Obwohl Manoel und seine Mutter sich in der Küche befanden, war es das Mädchen im Rollstuhl, das Diannes Aufmerksamkeit jetzt auf sich zog. Aufrecht und stolz saß Yvonne Demaris im Rollstuhl, das Mädchen, das Manoels Mutter sich um jeden Preis zur Schwiegertochter gewünscht hatte.
Trotz ihres Unfalls schien Yvonne erstaunlicherweise kaum verändert. Sie war immer sehr hübsch gewesen, mit einer Mähne goldbraunen Haares, das sie jetzt in einem Pferdeschwanz trug. Sie hatte ein schmales, langes Gesicht und Augen von einem unbestimmbaren Blaugrau. In diesen Augen malte sich die gleiche Feindseligkeit wie in Madame St. Salvadors Blick. Die Finger, die nervös an der über ihre Knie gebreiteten Decke zupften, verrieten ihre innere Erregung.
Dianne bewunderte Gemmas Charakterstärke. Es war nur allzu offensichtlich, dass keine der beiden Frauen sie hierhaben wollte. Aber der Wille der autokratischen alten Frau war stärker. Auch früher hatte Gemmas Wort schon am meisten gegolten, von dem Manoels vielleicht abgesehen.
Ein paar qualvolle Minuten lang sagte niemand ein Wort. Dann brach Manoel das lastende Schweigen. „Bist du in Gnaden entlassen worden?“, fragte er spöttisch.
Dianne nickte. „Man könnte es so ausdrücken.“ Sie biss sich auf die
Weitere Kostenlose Bücher