Das Beste aus 40 Jahren
bestimmt wissen.“
„Gemma!“, sagte Manoels Mutter geringschätzig. „Diese Frau allein ist an den Schwierigkeiten zwischen Manoel und seiner Familie schuld. Sie hat ihr Bestes getan, sein Leben zu zerstören.“
„Gemma – gehört auch zu seiner Familie“, entgegnete Dianne ruhig.
Madame St. Salvador warf den Kopf zurück. „Sie gehört nicht zur Familie! Sie ist eine Zigeunerin, eine nichtsnutzige, faule Gitana, die nur zum Pferdestehlen taugt. Eine leichtsinnige, verantwortungslose alte Frau, die glaubt, über unser Leben verfügen zu können, die uns zwingen will, uns ihren Gesetzen unterzuordnen.“ Sie ballte leidenschaftlich die Hände zu Fäusten. „Aber sie wird alt! Alt, hören Sie? Und sie wird bald sterben. Dann sind wir frei – frei von ihren Zauberformeln und ihrem Aberglauben, ihren dummen Ansichten, die nur Unglück über dieses Haus gebracht haben.“
Dianne wich angewidert zurück. „Sie ist eine alte Frau, das stimmt“, sagte sie mit großer Entschiedenheit. „Aber sie ist nicht verantwortungslos! Sie müssen doch wissen, dass sie in ihrem Stamm eine Prinzessin war. Wenn Manoels Großvater sich nicht in sie verliebt und sie hierher zum Mas gebracht hätte, dann hätte sie den Hauptmann ihres Stammes geheiratet.“
„Pali!“, spottete Madame St. Salvador. „Hat sie Ihnen dieses Märchen erzählt? Sie heiratete also meinen Schwiegervater. Aber ihre Liebe zu ihrer Familie war so groß, dass sie sofort nach dem Tod ihres Mannes zu ihrem Zigeunerleben zurückkehrte.“
Dianne erhob sich. „Sie verstehen sie eben nicht. Sie ertrug es nicht, eingeengt zu sein. Sie hasste es, in einem Haus leben zu müssen und Tag für Tag, Jahr für Jahr, dieselbe Szenerie vor den Fenstern zu sehen. Als ihr Mann starb, war ihr Sohn ja schon mit Ihnen verheiratet.“
Madame St. Salvador brachte ihr Gesicht ganz nahe an Diannes Gesicht heran und sagte mit funkelnden Augen: „Mein Mann wusste wenigstens, was er seiner Stellung schuldig war und hielt sich daran. Er verachtete seine Mutter genauso wie ich.“
„Glauben Sie, das weiß ich nicht?“, versetzte Dianne. Zorn packte sie, weil Manoels Mutter die Frau verdammte, die sie selbst einmal so geliebt hatte. „Sie haben sie unglücklich gemacht. Ein Leben, wie Sie es führen, wäre für sie ein langsamer Tod. Sie mit Ihren kleinlichen Vorschriften und Regeln und Ihren egoistischen Plänen für Manoels Zukunft! Sie haben nie an sein Glück gedacht, nur daran, dass er Ihre ehrgeizigen Wünsche erfüllt.“
„Wie können Sie es wagen!“, rief Madame St. Salvador außer sich vor Wut. Sogar Yvonne beugte sich in ihrem Rollstuhl vor, ihre Augen glitzerten vor Vergnügen. „Sie – Sie Unruhestifterin! Haben sich hier eingeschlichen unter dem Vorwand, Zigeunerfolklore erforschen zu wollen, Sie, mit Ihren akademischen Qualifikationen! Versuchten, mit Ihrem intellektuellen Gerede meinen Sohn zu blenden, und hatten in Wirklichkeit doch nur den Wunsch, mit ihm ins Bett zu gehen!“ Sie holte tief Luft. „Und diese alte Zigeunerin hat Sie noch dabei unterstützt. Arme Närrin, wissen Sie nicht, dass sie alles tun würde, um mich zu kränken? Hat sie denn nicht sogar diese sogenannte Heiratszeremonie für euch beide arrangiert, damit das, was ihr miteinander getrieben habt, in den Augen meines Sohnes recht und anständig wurde?“
Dianne atmete schwer und zog mit bebenden Fingern den Kragen ihrer Bluse zusammen. „Sie sind eine boshafte Lügnerin!“, rief sie und prallte entsetzt zurück, als Madame St. Salvador ausholte und ihr mit der Hand heftig ins Gesicht schlug.
„Guter Gott, was geht hier vor?“
Manoel kam zornig herein. Sein Blick blieb zuerst auf Dianne haften, die wie betäubt dastand, eine Hand auf die brennende Wange gepresst; er flog dann zu seiner Mutter, die sich Halt suchend an den Tischrand klammerte.
„Bring sie fort!“, schrie Madame St. Salvador außer sich. „Sie hat entsetzliche Dinge zu mir gesagt. Wie konntest du sie nur hierherbringen? Du musstest doch wissen, wie sie mir – wie sie uns allen hier gegenübersteht.“
„Das ist nicht wahr!“
Diannes empörter Ausruf ging unter. Manoels Mutter fing laut zu weinen an. Yvonne sprach indessen vorwurfsvoll auf Manoel ein und warf Dianne anklagende Blicke zu. Sie fuhr ihren Rollstuhl dicht an ihre künftige Schwiegermutter heran, legte den Arm um sie und versuchte, sie mit ein paar Worten zu beschwichtigen.
Dianne starrte die drei an: Madame St. Salvador, die
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