Das Beste aus meinem Leben
mich aufknüpfen.
Kräftige Männer hinderten mich daran. Kräftige Männer brachten mich an den Ort, an dem ich nun lebe. Kräftige Männer beaufsichtigen mich, wenn ich jeden Samstag neu in ein und demselben Zimmer Vorhänge an gespannten Drahtseilen zu befestigen versuche. Sie befestigen ihrerseits vorher Kabel an meinem Körper, die zu einem merkwürdigen Apparat führen. Das kitzelt, aber es ist notwendig. Denn mit der gewaltigen Energie meiner sich entfaltenden Wut wird das Badewasser der gesamten Anstalt beheizt, glaube ich, hihi.
Quauteputzli
W ahrscheinlich glaubt es mir niemand, lacht man mich aus, hält man mich für blöd. Ich erzähle die Sache trotzdem: Ab und zu, etwa alle zwei Monate, stehe ich morgens im Bad und denke nur ein einziges Wort, zum Beispiel, sagen wir, das Wort Quauteputzli. Ich weiß nicht, ob das klar ist: Ich habe wirklich nur dieses eine Wort im Kopf. Es verdrängt jeden Gedanken, wie ein Kuckuck seine Stiefgeschwister aus dem Nest schmeißt. Ich betrachte mich müde im Spiegel und denke: Quauteputzli. Ich mache den Wasserhahn an: Quauteputzli. Ich rasiere mich quauteputzli, dusche quauteputzli, trockne mich quauteputzli ab, quauteputzle mir die Zähne.
So ist das.
Ich will es nicht. Ich will nicht Quauteputzli denken. Ich will Gedanken haben über die Nacht und den Tag.
Aber ich kann nichts tun. Das Wort beherrscht mich. Durch mein Gehirn fahren Bulldozer, um es wegzuschieben. Ich lasse es von stämmigen Wörtern namens Bulle und Cop in Ketten legen und in einen finsteren Kerker werfen. Ich würge das Wort, bis ihm die Vokale aus dem Leib treten: Qtptzl. Aber es schüttelt sich und steht wieder in voller Größe da.
Quauteputzli.
Es ist das aztekische Wort für Mundwasser, und ich habe es in einer Glosse über die Geschichte der Zahnbürste gelesen. Aber das ist ja noch kein Grund, mich so in Beschlag zu nehmen! Jeden Tag lese ich haufenweise Wörter: Gestern zum Beispiel stand in der Massagepraxis eine Flasche mit Sterilisierwasser, aber auf das Etikett hatte jemand »Stellerisierwasser« geschrieben. Aber ich denke jetzt nicht Stellerisierwasser. Ich denke – genau! Irgendwo habe ich einmal gehört, jeder Mensch trage in sich noch Originalzellen von Vorfahren, die seit vielen Jahrhunderten tot sind, selbst von Adam oder Eva. Vielleicht hatte ich einen aztekischen Vorfahren, den Erfinder des Mundwassers möglicherweise, und ausgerechnet die Gehirnzelle, in der er die Bezeichnung für seine Erfindung gespeichert hatte, ist auf mich überkommen, geriet in der Nacht außer Kontrolle wie eine Krebszelle, terrorisiert nun mein Gehirn. Oder ist es vielleicht eine Art Computervirus? Soll es ja geben, dass Leute morgens ihren PC anschalten und Texte aufrufen, die sie am Tag zuvor eingegeben haben – das Virus aber hat in der Nacht alles aufgegessen. Und überall steht nur noch: Quauteputzliquauteputzliquaute …
Vielleicht bin ich auch krank und müsste mich behandeln lassen, bevor sich schlimmere Wörter meines Kopfes bemächtigen und ich etwas sehr Böses tue, an das ich mich hinterher beim Gerichtspsychiater nicht erinnern kann. Oder ich sollte, im Gegenteil, die Sache ganz gelassen sehen: Junge, kommt vor, hat jeder mal. Wird sich halt austoben, das Wort in deinem Kopf. Wenn es müde ist und sich nicht mehr wehren kann, spuckst du’s in die Kloschüssel.
Na ja, wie gesagt, es geht auch wirklich immer vorbei, tritt nur alle zwei Monate auf, und es gibt Schlimmeres. Aber unangenehm ist es schon.
Hoffentlich behandeln sie uns gut
V or gar nicht so vielen Jahren wusste kein Mensch, was das Internet ist. Heute gilt einer ohne Internet-Adresse praktisch als Person ohne festen Wohnsitz. Wo wird das enden? Ich sag’s Ihnen.
Beginnen wir in meinem Zeitungsladen, in dem Monat für Monat ein weiterer Regalmeter von Zeitschriften eingenommen wird, die zum Beispiel OS/2 Inside heißen und in deren Artikeln ich keinen einzigen Satz kapiere. Ich greife wahllos zwei Beispiele heraus, erstens: »In der Standardkonfiguration sind die Parameter Client User ID und Client Group ID auf NULL – nicht 0 – gesetzt. Das heißt: Sie existieren nicht.« Zweitens: »Nach ein wenig Einarbeitungszeit kommt man problemlos mit Ausdrücken wie diesem zurecht: (\« ^\« *\«\’ ^’ *’).«
Gebt mir tausend Jahre Einarbeitungszeit, das werde ich nie verstehen! Muss ich auch nicht, es ist nicht für mich geschrieben, und es interessiert mich nicht. Ich könnte mit einem Text auf Koreanisch genauso
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