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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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nicht mehr los. Sie klammerten sich aneinander, als wollten sie eins werden.
    Als sie aufsah, fiel ihr Blick auf Angie, die mit verschränkten Armen und neugieriger Miene in der Tür zum Wohnzimmer lehnte. Dann kam sie auf Beatrice zu, und sie umarmten sich.
    »Bea, du siehst fantastisch aus! Ach, Süßer, was für ein dummes Getue! Komm her, mein Schatz.« Doch das Kind vergrub sich noch tiefer in seine Mutter.
    »Nun hab dich doch nicht so, Liebling«, sagte Angie und streichelte sein weiches dunkles Haar.
    »Er wird sich bald wieder beruhigen, der Liebe«, gurrte Nanny. »So ein guter Junge war er, während Mutter fort war. Die meiste Zeit hat man kaum gemerkt, dass er hier war. Er hat nie geschrien, wissen Sie? Jetzt fällt mir Peter ein, als er ein Baby war. Genau das Gleiche. Sie allerdings, Missy …«, sagte sie mit wohlwollendem Blick zu Angie, »Sie haben uns Ihre Gefühle immer spüren lassen.«
    »Oh, Nanny! Was hätte ich denn sonst machen sollen, wo Ed und Pete alle Aufmerksamkeit bekommen haben? Also, Ed jedenfalls.« Als Angie den Namen ihres toten Bruders aussprach, verzogen sich ihre Lippen zu einer weichen, nach unten gezogenen Kurve. Sie sah ziemlich dünn aus – dünn und elegant, dachte Beatrice, als sie ihr ins Wohnzimmer folgte.
    Ein Feuer knisterte im Kamin, denn der Oktober hatte kalte Winde mit sich gebracht. Neben dem Kaminschirm stand ein Wäscheständer, an dem kleine Kleidungsstücke und Windeln zum Trocknen hingen. Auf dem Fußboden war Spielzeug verstreut, das Beatrice noch nicht kannte. Sie setzte ihren Sohn ab und versuchte, ihn für ein paar Holzbausteine zu interessieren, doch er schlug sie fort und krabbelte rasch auf Beatrice’ Schoß. Jetzt, wo er ruhiger war, sah sie, wie sehr er sich verändert hatte. Er bewegte sich kräftiger, und seine Miene war zielbewusster geworden. Ständig sagte er: »Nein!«
    »Was ›Nein‹, Liebling?«, fragte Beatrice.
    »Ach, er sagt zu allem ›Nein‹.« Angie lachte. »Selbst wenn er ›Ja‹ meint.«
    Den ganzen Tag über konnte Beatrice kaum die Augen von ihm lassen. Was er inzwischen alles konnte! Er ging im Zimmer herum und hielt sich dabei an den Möbeln fest. Er versuchte, einen Löffel zum Mund zu führen. Sie hatte es versäumt, ihm zuzuschauen, als er all diese Dinge gelernt hatte. Es tat ihr auch weh, seinen neuen Tagesablauf zu erleben.
    »Er ist jetzt daran gewöhnt, allein zu schlafen«, erklärte Nanny streng, als Beatrice sich wunderte, weil sie in Hettys Zimmer schlafen sollte. Hetty war noch immer mit ihrer Mutter in Cornwall. Nanny war es, die wusste, wann der Kleine ein Schläfchen machte, die den Nachmittagsspaziergang mit dem Kinderwagen anordnete, die erklärte, dass der Junge in der Nacht keine Milch bekommen sollte, und die Beatrice verbot, ihn hochzunehmen, als er am Abend kurz aufwachte.
    »Gerald liebt ihn über alles«, antwortete Angie, als Beatrice sie fragte, ob er etwas dagegen hatte, dass das Kind bei ihnen war. »In ein paar Tagen kommt er nach Hause, hat er gesagt, wenn er sich loseisen kann.«
    In dieser Nacht schlief Beatrice wieder wie eine Tote und konnte sich am Morgen nicht an ihre Träume erinnern. Da sie, wie sie es inzwischen gewohnt war, früh aufgewacht war, stand sie auf und ging nach draußen in die morgendliche Dunkelheit, um zu laufen. Ansonsten versuchte sie, sich wieder in ihr Dasein als Mutter einzufinden, doch in Gedanken war sie die ganze Zeit noch immer bei der Gruppe in Surrey. Sie war gespannt, was als Nächstes passieren würde, und voller Unruhe. Als sie für ihren Sohn einen Turm aus Holzbausteinen baute, damit er ihn zum zwanzigsten Mal umstoßen konnte, schweiften ihre Gedanken ab. Wenn sie sie nicht mehr zurückhaben wollten, könnte sie ihr altes Leben wieder aufnehmen. Doch bei diesem Gedanken spürte sie auch Enttäuschung. Ihrem Jungen ging es gut, sagte sie sich. Und es würde ihm gut gehen, wenn sie wieder fort wäre.
    Angie merkte, dass sie abgelenkt war, und sagte: »Lass mich ihn nehmen.« Jetzt, wo er sich daran gewöhnt hatte, dass seine Mutter wieder da war, ging der Junge bereitwillig zu Angie. Verwirrt stellte Beatrice fest, dass ihre Eifersucht darüber von Erleichterung abgemildert wurde. Außerdem tat ihr Angie leid. Sie hatte schon bemerkt, dass sie sehr dünn geworden war, aber erst als Angie die Hände ausstreckte, um das Kind zu nehmen, sah Beatrice, wie locker die Kleidung wirklich an ihr saß. Wie unglücklich musste sie sein nach dem Verlust ihrer

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