Das Biest in ihm (German Edition)
künstlichen Licht der Armaturen schüttelte Vincent den Kopf. „Es wollte nicht a n greifen.“
Ihr Nacken verspannte sich. Sie hatte das Gefühl, dass jeden Moment eine Klaue sie von hinten packen und zu Boden schleudern würde. Sie fuhren bis zum Par k platz. Der Volvo war fort.
„Fahr weiter! Irgendwohin, wo Menschen sind!“ Ihr Herz raste. „Ich kann nicht mehr atmen.“ Der Schwindel zog sie nach hinten. Sie fiel. Unendlich tief.
„Komm zu mir rüber. Ich helfe dir.“ Vincent zog sie auf seinen Schoß, quer über die Mittelkonsole. „Du bleibst in meinem Arm, bis das Unwetter vorbei ist.“
„Lass uns fahren. Bitte.“ Der Wald war zu nah. Das Biest war nah.
„Ich kann nichts sehen. Der Regen ist zu dicht.“
Das Prasseln wurde immer lauter.
„Hast du Angst vor mir?“ Er klang so unglücklich.
„Nein. Nicht mehr.“
Er schlang seine Arme noch enger um sie, legte ihren Kopf an seine Brust. „Brauchst du auch nicht. Nicht jetzt.“
Er zitterte ebenso wie sie. Trotzdem schob er ihre Hand unter sein nasses Hemd, fand für sie eine warme Stelle an seinem Körper. „Besser?“
„Sei nur da.“ Solang sie nicht allein sein musste, war alles gut.
„Du fühlst das Biest nicht? So nah an mir?“ Sie musste sicher sein dürfen. Vor diesen Augen, vor diesen Klauen.
„Es hat keinen Platz. Alles ist voller Sorge um dich.“
„Es ist nur mein Fuß und ein paar Schrammen.“ Die Angst war das Schlimmste gew e sen.
„Das meine ich nicht.“ Vincent starrte in den Regen. Seine Kiefermuskeln ve r spannten sich. „Hat es dir etwas getan?“
Es hatte da gestanden, hatte sie angesehen, war näher gekommen.
„Das Biest, hat es dir wehgetan?“
„Ich weiß es nicht.“ Sie hatte es fühlen können, riechen können. So nah an sich. Den Blick zum blit z durchzuckten Himmel hatte plötzlich ein Sc hatte n verstellt. Dann war es dunkel geworden. Und still. Vincent nickte gefasst. Er hörte wie sie auf den Regen und schwieg. Es wurde gleichmäßiger, friedlicher, leiser. Als Vincent den Motor anließ, schreckte sie hoch.
„Alles gut. Das Gewitter hat aufgehört. Ich bring dich hier weg.“ Langsam lenkte er um die tiefen Pfützen herum.
„Lass mich rüberklettern.“ Nina war auf seinem Schoß eingeschlafen.
„Bleib, ich kann auch so fahren.“
Sein Hals roch nach Harz und nassem Sand. Kein Geruch hätte besser sein können. So nah an ihm wurde ihr wärmer. Auf den Straßen schoss das Wasser über die Abflüsse hinweg. Der Wagen schlingerte. Es störte Nina nicht.
„Tut dir wirklich nichts weh? “ Er klang vorsichtig.
„Nur der Knöchel.“
„Bist du sicher?“
„Warum fragst du?“
Ein Krankenwagen überholte sie. Vincent sah ihm nach. „Vielleicht sollte ich dich zum Arzt bringen.“
„Es ist doch nur ein umgeknicktes Gelenk. Morgen ist es wieder gut.“
Er schüttelte den Kopf. „Wenn es dich verletzt hat, dir etwas angetan hat, dann sag es mir. Ich weiß selbst, wie schnell …“ Er biss sich auf die Lippen.
„… ein Biest die Beherrschung verliert?“
Er nickte.
„Hast du viele Frauen verletzt?“
„Ja. Alle.“ Er sprach so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte . „Es geschieht ei n fach.“
Ein paar Autos standen vor einer ausgefallenen Ampel. Vincent schlängelte sich an i h nen vorbei. Er wirkte gleichgültig dem Chaos gegenüber, das sie umgab. „Nina?“
„Ich kann mich nicht erinnern, aber ich bin sicher, dass …“
Vincent bremste, fuhr rechts ran. Sie waren schon in der Straße, wo Marcel wohnte. Nina konnte das Licht in seinem Dachfenster sehen. „Sieh nach.“
„Was?“
„Es ist mein Ernst! Sieh nach! Du warst ohnmächtig, als ich dich gefunden habe . De s halb erinnerst du dich nicht . “ Er fuhr sich durch die Haare. Für einen Moment krallten sich seine Finger in die Strähnen. „Hast du Schnittwunden? Prellu n gen? Fühlt es sich irgendwo …“
„Nein.“ Nina sah in seine Augen, streichelte über die dreckverschmierte Wa n ge. Was immer auch gesch e hen war, das Biest hatte ihr nichts getan. „Sie her! Noch nicht einmal meine Kleidung ist zerrissen . “ An ihrer hautengen Leggins wäre niemand vorbeigeko m men. Und wenn, hätte er sie ihr ni e mals ohne Hilfe wieder anziehen können.
Vincent sah an ihr herunter. „Du hast recht“, sagte er leise. „Verzeih mir, wenn ich dich erschreckt habe.“ Mit versteinerter Miene beobachtete er, wie sie zurück auf den Beifa h rersitz kletterte. Sein Kopf sank aufs Lenkrad.
„Quäl
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