Das Biest in ihm (German Edition)
tiefergelegten Mercedes wäre er keine zehn Meter gekommen, ohne sich fes t zufahren. „Kü m merst du dich?“
Marcel folgte seinem Blick zu Nina. „Sicher. Keine Sorge. Kannst fahren.“
Pauls Auto parkte er um die Ecke. Es sah aus wie frisch aus einem Monste r truck-Rennen. Nur, dass es als Hindernis missbraucht worden war.
Als Vincent endlich im Bett lag, dämmerte es schon. Sobald er wieder einen klaren G e danken fassen konnte , würde er zu Nathan gehen und ihn darum bitten, Nina von ihrer Aufgabe ihm gegenüber zu befreien. Es war zu gefährlich für sie. Niemals würde er es sich verzeihen können, sollte ihr wegen ihm irgendetwas z u stoßen.
Marcel warf sein Handy aufs Sofa. „Er geht nicht ran.“
„Es ist vier Uhr morgens.“ Nach der fünften Tasse Kaffe e hatte auch Nina au f gehört, zu gähnen. Vor einer Stunde hatte Nathan angerufen und Marcel wegen Vincent ein Ultim a tum gesetzt. Seit gestern versuchte er, Vincent zu erreichen. Nichts. Die Nacht hatte ihm Nathan noch eingeräumt. Jetzt sollten sie ihn au f spüren.
„So dumm wird er doch nicht sein, oder?“
Das letzte Mal hatte Nina ihren Bruder so besorgt gesehen, als Rene allein auf seine er s te Jagd gegangen war. Die ganze Nacht war Marcel hin - und herget i gert und hatte sich schließlich mit Jean geprügelt, weil der ihn nicht suchen lassen wollte.
„Er ist nicht geflohen.“ Denn dann würde sie ihn nie mehr sehen können. Unmöglich. Seine Sorge um sie. Seine Nähe. Plötzlich war alles gut gewesen. Nur, weil er da gewesen war. Er durfte nicht geflohen sein.
„Was soll ich machen, wenn er nicht zu H ause ist?“ Marcel knetete seine Fi n ger, ließ die Gelenke knacken. „Nathan anlügen?“
„Das würdest du für ihn tun?“
„Ich denke schon.“ Er rieb über seine Augen, starrte das Handy an. „Nathan zwingt. Sagt: Tanz nach meiner Pfeife oder stirb. Wer lässt sich schon auf so etwas ein?“
„Du.“
Weder er noch ein anderer ihrer Biest-Brüder hatte n jemals aufbegehrt. Alle wollten ihr Menschsein retten. Nathan half ihnen dabei. Er würde auch Vi n cent helfen.
„Du hängst an ihm.“ Marcel sah ihr zu tief in die Augen, als dass sie etwas vor ihm hä t te verbergen kö n nen. „Wir haben miteinander geredet. Auch über dich.“
Zuerst kam der Schreck. Dann Wut. Das Kissen flog, traf ihn am Kopf , aber Marcel lachte nur.
„Fahr runter! Ich war ganz diskret und hab ihm nicht gesteckt, dass …“
Das zweite Kissen flog, klatschte an die Yuccapalme und das Granulat prasselte auf den Boden. Marcel fing sie ein. In seinen Muskelarmen hatte sie keine Chance auf Gege n wehr. Ihre Tränen liefen, er schunkelte sie und sie weinte noch mehr.
„Er darf nicht geflohen sein!“
„Ist ja gut. Beruhige dich.“
Aber das konnte sie nicht. Die unterschwellige Angst hatte sie am Genick, seit sie in Marcels Wohnung aufgewacht war. Wäre Vincent bei ihr, könnte er sie b e ruhigen. Er würde nichts tun müssen. Brauchte nur da zu sein. War er da, war es gut. War er fort, zerriss etwas in ihr.
„Ich nehme Tristan mit. Der ist neutral.“ Langsam lockerte sich seine Umarmung. „Wenn wir ihn finden, fällt uns schon was ein. Außer, dass wir ihn e r legen, meine ich.“
„Ich komme mit.“ Im Zweifel würde sie versuchen, Vincent zum Bleiben zu zwingen. Sie hasste Marcels entschlossenes Kopfschütteln. War sie ein Kind, das Betteln musste? „Du nimmst mich mit.“
Unter der Bedingung, dass sie vorerst im Wagen warten sollte, erklärte sich Marcel schließlich bereit. „Du lässt deine vorwitzige Nase da erst sehen, wenn ich es dir erlaube, ist das klar?“ Er hielt sie an den Armen gepackt vor sich. „Ob das klar ist?“
„Er ist nicht gefährlich.“
„Das hatte n wir schon.“
„Er ist der erste Mann, den ich liebe.“ Sie war süchtig nach diesem Gefühl s chaos, das er in ihr auslöste.
„Der Mann, den du meinst zu lieben, leidet an Filmrissen. Er kann dir nicht mal tief in die Augen sehen, ohne dass ihm Fangzähne wachsen. Himmel noch mal!“
Und sie konnte ihn nicht ansehen, ohne dass ihre wildesten Fantasien mit ihr durchgi n gen.
„Sieh mich nicht so an. Das macht mir Angst.“ Marcel hob ihr Kinn, sah ihr tief in die Augen. „Raus mit der Sprache, da ist doch etwas.“
Sie wischte seine Hand fort, atmete tief ein. Es war Zeit, ihm die Wahrheit zu sagen. Er würde sie verstehen. Vielleicht würde er ihr auch helfen können, einen Rat geben. Irge n d etwas. „Ich breche
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