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Das Bild - Geschichte einer Obsession

Titel: Das Bild - Geschichte einer Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean de Berg
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daher, daß ich nichts Besonderes gemeint hätte, und begleitete sie nach draußen.
«Was wollen Sie?» fragte sie mich unfreundlich.
«Nichts... Ein wenig mit Ihnen reden...»
«Ich habe keine Lust, mich zu unterhalten, und ich hab's eilig. Ich muß dieses Buch unverzüglich abliefern.»
Sie zeigte mir das kleine, in braunes Papier eingewickelte Paket, das der Verkäufer gemacht hatte.
«Wem?» fragte ich. «Claire?»
Der Blick aus den grünen Augen wurde noch feindseliger und funkelte in einer Art Glanz, der kaum dem ähnelte, den ich bis dahin gekannt hatte.
«Ich bringe es, wem ich will. Das geht Sie nichts an!»
Ich glaubte, mich mit einem ironischen Lächeln aus der Affäre ziehen zu können, und wünschte ihr einen schönen Abend. Doch da war sie schon gegangen.
Diese Begegnung ließ mich sehr unbefriedigt zurück.
Ich war mir darüber klar, daß ich selbst keinerlei Macht über die junge Frau hatte, aber es schien mir ganz natürlich, auch außerhalb der Anwesenheit Claires, im Genuß gewisser Vorrechte zu bleiben, da sie mir mit solcher Großzügigkeit gewährt worden waren, ohne daß ich um irgend etwas hätte bitten müssen.
Als ich dann genauer darüber nachdachte, fragte ich mich, ob man mir neulich wirklich so viel gewährt hatte. Die Antwort konnte nur negativ ausfallen.
Ich begriff jetzt meinen Irrtum. Ich machte mich sogar über meine eigene Dummheit lustig, denn das jüngste Benehmen der kleinen Anne schien mir mit einem Mal sehr normal, einleuchtend, so sehr, daß mir jetzt das Gegenteil unbegreiflich vorgekommen wäre.
Kurz, die Situation war nicht so, wie ich sie mir vorstellte.
Ich war verärgert und enttäuscht. Ich beschloß, mich nicht mehr um diese beiden Mädchen und um diese ganze absurde Geschichte zu kümmern.
Ich wartete drei weitere Tage. Am vierten aber rief ich Claire an.
Ich bin überzeugt, daß sie diesen Anruf erwartet hatte, obwohl ihre Stimme am anderen Ende der Leitung nichts erkennen ließ. Im mondänsten Konversationston fragte sie mich nach Neuigkeiten: wie es mir gehe «seit dem letzten Mal».
Ich antwortete, es gehe mir gut. Und ich erkundigte mich nach ihrer eigenen Gesundheit und dann nach der ihrer Freundin.
«Aber... von welcher Freundin sprechen Sie?»
«Von Anne natürlich! Machen Sie sich über mich lustig?»
«Anne! Ah! Sehr gut. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht! Wenn Sie Anne sehen wollen, hätten Sie es sagen sollen. Ich werde sie Ihnen leihen, mein Lieber, nicht das geringste Problem. Sie können sie ficken, sooft Sie wollen, wenn es Ihnen Spaß macht! Wann soll ich sie Ihnen schicken?»
Es lag eine Heftigkeit in ihren Worten, die mir verdächtig schien. Während ich Gleichgültigkeit heuchelte, tat ich gleichzeitig so, als glaubte ich, sie mache einen Scherz, und entfernte mich von diesem heißen Thema, ohne den Mut zu haben, einen Tag zu bestimmen.Nachdem ich aufgelegt hatte, dachte ich über diese dumme Ablehnung nach. Ich begehrte die kleine Anne sehr, das war offensichtlich. Aber ich hatte Angst, allein zu sein mit dem fremden und kalten jungen Mädchen, dem aus der Buchhandlung. Ich fürchtete sehr, bei ihr nicht landen zu können, so wenig ließ sie mich an sich heran. Da hätte ich mich ebensogut an Claire heranmachen können!
Oder sollte die Lösung, zu der ich mich durchgerungen hatte, weil sie die einfachere war, mir gleichwohl außergewöhnlichere Freuden verschaffen? Und sollte etwa diese Hoffnung ohne mein Wissen meine Entscheidung diktiert haben?
Jedenfalls hatte ich mich mit Claire bei ihr, in der Rue Jacob, verabredet, wobei ich diese künstlerischen Fotos, die sie mir am ersten Tag zu zeigen versprochen hatte, als Vorwand benutzte. Ich dachte erneut an das Mädchen im weißen Kleid, das unter der Buche kniete, an das Geräusch unter dem Rock, das der Strahl machte, als er die trockenen Blätter traf, schließlich an die Rose mit den zerdrückten Blütenblättern, auf denen noch immer schimmernde Perlen rollten.

V. Die Fotografien
    Ich erkannte die Fotografien auf den ersten Blick wieder: Es waren jene, die man den empfänglichen Gemütern in eben der Buchhandlung anbot, in der ich Anne getroffen hatte.
Gleichwohl war es mir nicht so erschienen, als kenne man das Mädchen in dem Laden: jedenfalls nicht der Verkäufer, der sich ihrer angenommen hatte.
Die Abzüge, die Claire mir an jenem Nachmittag zeigte, hatten ein größeres Format und waren von sehr viel besserer Qualität als jene, die ich einmal zerstreut am Montmartre

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