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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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womit du klarkommst, sondern
darum, was du magst und haben willst. Das möchte ich dir
geben, weil ich verrückt nach dir bin.«
Sie sah ihn ernst an, ihr Lachen war verstummt, und als er
ihre Hand nahm, legte sie die andere auf seine. Sie versuchte,
zu verstehen, was er gerade gesagt hatte, aber das fiel ihr
schwer - es war, als würde sie versuchen, ein klobiges,
unhandliches Möbelstück durch eine schmale Tür zu schaffen, das sie hin und her drehte, um eine Möglichkeit zu finden, wie es klappen konnte.
»Warum?« fragte sie. »Warum ich?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Tatsache ist, Rosie,
ich weiß nicht sehr viel über Frauen. Ich hatte eine Freundin
an der Junior High School, und wahrscheinlich hätten wir
miteinander geschlafen, aber sie zog weg, bevor es dazu
kommen konnte. Ich hatte eine Freundin, als ich das College
besuchte, und mit der habe ich geschlafen. Vor fünf Jahren
verlobte ich mich mit einem wunderbaren Mädchen, das ich
ausgerechnet im städtischen Zoo kennengelernt hatte. Ihr
Name war Bronwyn O’Hara. Klingt wie jemand aus einem
Roman von Margaret Mitchell, oder?«
»Das ist ein reizender Name.«
»Sie war ein reizendes Mädchen. Sie ist an einer Gehirnblutung gestorben.«
»Oh, Bill, das tut mir so leid.«
»Seither bin ich mit zwei Mädchen ausgegangen, und das
ist keine Übertreibung - ich bin mit zwei Mädchen ausgegangen, Ende der Geschichte. Meine Eltern streiten sich meinetwegen. Mein Vater sagt, ich hätte mich lebendig begraben, meine Mutter sagt: >Laß den Jungen in Ruhe, hör auf zu
nörgeln.< Nur sagt sie nörr-kelln.«
Rosie lächelte.
»Dann bist du in den Laden gekommen und hast das Bild
gefunden. Du hast von Anfang an gewußt, daß du es haben
mußt, richtig?«
»Ja.«
»So ging es mir mit dir. Ich wollte nur, daß du das weißt.
Ich tue das alles nicht aus Güte oder Mitleid oder Pflichtgefühl. Ich tue es nicht, weil die arme Rosie so ein schweres,
schweres Leben hatte.« Er zögerte, dann sagte er: »Ich tue es,
weil ich dich liebe.«
»Das kannst du nicht wissen. Noch nicht.«
»Ich weiß, was ich weiß«, sagte er, und sie fand die sanfte
Beharrlichkeit in seinem Ton etwas beängstigend. »Aber das
war jetzt genug Seifenoper. Essen wir.«
Sie aßen. Als sie fertig waren und Rosies Bauch sich wie
ein gegen den Bund ihrer Hose gespanntes Trommelfell
anfühlte, verstauten sie die Reste wieder in der Kühltasche,
die Bill auf dem Gepäckträger der Harley festschnallte. Es
war niemand gekommen, Shoreland gehörte immer noch
ganz ihnen. Sie gingen zum Wasser hinunter und setzten sich
wieder auf den großen Stein. Rosie entwickelte allmählich
eine starke Bindung zu diesem Stein; es war, dachte sie, ein
Stein, den man ein- oder zweimal im Jahr besuchen kommen
konnte, einfach um sich zu bedanken… das heißt, wenn sich
alles gut entwickelte. Und das war so, jedenfalls bis jetzt. Sie
konnte sich an keinen Tag ihres Lebens als erwachsene Frau
erinnern, der schöner gewesen wäre.
Bill schlang die Arme um sie, dann legte er ihr die Finger
der linken Hand auf die rechte Wange und drehte ihr Gesicht
zu sich. Er küßte sie. Fünf Minuten später war sie tatsächlich einer Ohnmacht nahe; halb träumend, halb wach; auf eine
Weise erregt, wie sie es sich nie hatte vorstellen können; auf
eine Weise erregt, daß sie plötzlich die Bücher und Geschichten und Filme begriff, die sie bis jetzt nie verstanden, sondern
einfach akzeptiert hatte, wie ein Blinder akzeptieren muß,
wenn ein Sehender ihm sagt, daß der Sonnenuntergang
wunderschön ist. Ihre Wangen brannten, ihre Brüste fühlten
sich unter seiner sanften Berührung durch die Bluse hindurch weich an, und wie von einer leichten Röte überzogen.
Sie spürte den Wunsch in sich aufsteigen, sie hätte keinen BH
angezogen. Bei dem Gedanken wurden ihre Wangen röter
denn je. Ihr Herzschlag raste, aber das war gut. Sogar nicht
nur gut, sondern wunderbar. Sie faßte ihn da unten an und
spürte, wie hart er war. Als hätte sie Stein berührt, aber Stein
hätte nicht unter ihrer Handfläche pulsiert wie ihr eigenes
Herz.
Er ließ ihre Hand eine Zeitlang, wo sie war, dann hob er sie
behutsam und küßte die Handfläche. »Nicht mehr«, sagte er.
»Warum nicht?« Sie sah ihn freimütig und ungekünstelt
an. Norman war der einzige Mann in ihrem Leben, mit dem
sie Sex gehabt hatte, und er war nicht der Typ Mann, der
scharf wurde, nur weil man ihn durch die Hose anfaßte.
Manchmal - in den letzten Jahren zunehmend

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