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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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denen
Rosie teilgenommen hatte, bis sie genügend Mut aufbrachte,
selbst etwas zu sagen. Als erstes hatte sie ihnen erzählt, daß
sie schreckliche Rückenschmerzen hatte, die mitunter nicht
mal ein heißes Bad lindern konnte. Als sie den Grund dafür
nannte, hatten viele Frauen verständnisvoll genickt. Zu
denen hatte auch Gert gehört. Sie griff nach unten, zog den
Rock höher und entblößte einen großen, blauen Baumwollschlüpfer.
»Rosie hat gesagt, daß du ein Nierentyp bist, Norman. Sie
sagt, weil du einer von den vorsichtigen Typen bist, die nicht
gern Spuren hinterlassen. Außerdem gefällt dir, wie sie aussieht, wenn du sie dort schlägst, richtig? Dieser kränkliche
Ausdruck. Alle Farbe weicht aus dem Gesicht, richtig? Sogar
aus den Lippen. Ich weiß es, weil ich mal einen Freund hatte,
der genauso war. Wenn du diesen kränklichen Gesichtsausdruck siehst, wird irgendwas in deinem Inneren gut, oder
nicht? Zumindest vorübergehend.«
»… Miststück …« flüsterte er.
»Ja, sicher, du bist ein Nierentyp, ich sehe Gesichtern viel
an, das ist eine Begabung von mir.« Sie rutschte auf den
Knien höher an ihm hinauf. Sie war fast schon bei den Schultern angekommen. »Manche Männer sind Schenkeltypen,
manche sind Arschtypen, manche Tittentypen, und dann
gibt es ein paar Kerle, kranke Arschlöcher wie du, Norman,
die sind eben Nie rentypen. Nun, du kennst ja wahrscheinlich das alte Sprichwort - >Alles Geschmackssache, sagte die
alte Jungfer und küßte die Kuh<.«
»… runter von mir …« flüsterte er.
»Rosie ist nicht hier, Norm«, sagte sie, beachtete ihn nicht
und rutschte ein Stück höher, »aber sie läßt dir über meine Nieren eine kleine Nachricht von ihren Nieren überbringen.
Ich hoffe, du bist bereit, denn hier kommt sie.«
Sie rutschte ein letztes Stück auf den Knien, brachte sich
über seinem Gesicht in Position und ließ laufen. Ah, welche
Erleichterung.
Zuerst schien Norman gar nicht zu begreifen, was passierte. Dann kapierte er es. Er schrie und versuchte, sie abzuschütteln. Gert spürte, wie sie hochgehoben wurde, und
preßte sich mit den Pobacken wieder auf ihn. Sie war überrascht, daß er nach den Schlägen, die er einstecken mußte,
noch zu dieser Anstrengung fähig war.
»Keine Chance, mein Bester«, sagte sie und entleerte weiter ihre Blase. Er lief nicht Gefahr, zu ertrinken, aber sie hatte
noch nie ein Gesicht soviel Ekel und Wut ausdrücken sehen.
Und weshalb? Wegen einem bißchen heißem Wasser. Wenn
es jemals in der gesamten Weltgeschichte jemand verdient
hatte, angepißt zu werden, dann dieser kranke Drecks
Norman stieß einen lauten, unartikulierten Schrei aus, hob
beide Hände, packte ihre Unterarme und grub die Nägel hinein. Gert schrie (hauptsächlich vor Überraschung, obwohl es
scheußlich weh tat) und verlagerte ihr Gewicht nach hinten.
Er nutzte die Bewegung, bäumte sich wieder auf, diesmal
fester, und schaffte es, sie umzukippen. Sie flog gegen die
Backsteinmauer links von ihr. Norman rappelte sich taumelnd auf die Füße, sein Gesicht und der kahle Schädel
waren pitschnaß, die Motorradjacke tropfte, und das T-Shirt
unter der Jacke klebte ihm am Körper.
»Du hast mich vollgepißt, du Fotze«, keuchte er und
stürzte sich auf sie.
Cynthia streckte den Fuß aus. Norman stolperte darüber
und knallte wieder gegen den Rollstuhl. Er kroch auf Händen und Knien davon weg, dann drehte er sich um. Er versuchte aufzustehen, hätte es beinahe geschafft, sackte aber
stöhnend wieder zusammen und sah Gert mit seinen hellgrauen Augen an. Augen, in denen der Wahnsinn stand. Gert
ging auf ihn zu. Sie wollte dafür sorgen, daß er am Boden
blieb. Sie würde ihm den Rücken brechen wie eine Schlange,
wenn es erforderlich sein sollte, und der Zeitpunkt war
genau richtig, bevor er genügend Kraftreserven mobilisieren
und wieder aufstehen konnte.
Er griff in eine der zahlreichen Taschen seiner Motorradjacke, und einen Augenblick, in dem ihr fast das Herz stehenblieb war sie überzeugt, daß er eine Waffe hatte, daß er
ihr zwei- oder dreimal in den Bauch schießen würde. Wenigstens sterbe ich mit leerer Blase, dachte sie und blieb stehen.
Es war keine Waffe, aber schlimm genug: Er hatte einen
Schocker. Gert kannte eine verrückte Obdachlose in der
Stadt, die damit Ratten tötete, die so groß waren, daß man sie
für Cockerspaniels halten konnte, die zufällig keinen Stammbaum hatten.
»Willst du was hier von haben?« fragte Norman, der sich
auf die Knie aufgerichtet hatte. Er

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