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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kleine Rosie. Was bist du doch für
eine F
Sein eigenes Lächeln, mit dem er ihres beantwortete, verschwand plötzlich. »Rosie? Alles in Ordnung?«
Ihr Lächeln wurde noch strahlender. »Alles bestens. Wahrscheinlich ist nur gerade eine Gans über mein Grab gelaufen.«
Aber es war keine Gans gewesen.
9
    Darf ich dir einen Rat mit auf den Weg geben, bevor ich dich
zurückschicke? hatte Rose Madder gefragt, und am Spätnachmittag, als Lieutenant Haie ihnen die schockierende Nachricht über Anna Stevenson gebracht (die wegen ihrer häufig
zum Ausdruck gebrachten Aversion gegen ungebetene
Besucher in ihrem Büro erst heute morgen gefunden worden
war) und sich wieder verabschiedet hatte, befolgte Rosie die sen Rat. Es war Sonntag, aber Hair 2000 in der Skyview Mall
hatte geöffnet. Die Friseuse, die sie bediente, verstand, was
Rosie wollte, erhob aber kurz Einwände.
»Es sieht so hübsch aus, wie es ist!« sagte sie.
»Ja, kann sein«, antwortete Rosie, »aber es gefällt mir trotzdem nicht mehr.«
    Also machte die Friseuse sich an die Arbeit, und als Bill sie
am Abend besuchte, blieb der überraschte Protest aus, mit
dem sie gerechnet hatte.
    »Dein Haar ist kürzer, aber sonst siehst du aus wie bei deinem ersten Besuch im Laden«, sagte er. »Ich denke, das
gefällt mir.«
    Sie umarmte ihn. »Gut.«
»Möchtest du chinesisch zu Abend essen?«
»Nur wenn du mir versprichst, daß du wieder über Nacht
    bleibst.«
»Wenn nur alle Versprechen so leicht zu erfüllen wären«,
sagte er lä chelnd.
IO
     
Die Schlagzeile am Montag: MÖRDER-COP IN WISCONSIN
GESEHEN
    Die Schlagzeile am Dienstag: POLIZEI WAHRT STILLSCHWEIGEN ÜBER KILLER-COP DANIELS
Die Schlagzeile am Mittwoch: ANNA STEVENSON EINGEÄSCHERT; 2000 NEHMEN AN SCWEIGEMARSCH TEIL.
Die Schlagzeile am Donnerstag: DANIELS DURCH SELBSTMORD AUS DEM LEBEN GESCHIEDEN, VERMUTEN
INSIDER.
Am Freitag wurde Norman auf Seite zwei verbannt.
Am Freitag darauf war er ganz verschwunden.
11
    Kurz nach dem vierten Juli übergab Robbie Lefferts Rosie
einen Roman, wie er nicht in krasserem Gegensatz zu den
Werken von »Richard Racine« stehen konnte: Tausendmorgen, von Jane Smiley. Es war die Geschichte einer Farmersfamilie
aus lowa, aber darum ging es nicht in Wirklichkeit; Rosie hatte
drei Jahre lang Kostüme für die Theateraufführungen der
High School entworfen, und obwohl sie nie auch nur einen
Schritt ins Rampenlicht gesetzt hatte, erkannte sie Shakespeares verrückten König. Smiley hatte Lear einen Blaumann
angezogen, aber verrückt blieb verrückt.
    Außerdem hatte sie ein Geschöpf aus ihm gemacht, das
Rosie beängstigend an Norman erinnerte. An dem Tag, als
sie mit dem Buch fertig war (»Ihre beste Leistung bis jetzt«,
hatte Rhoda ihr gesagt, »und eine der besten Lesungen, die
ich je gehört habe«) ging Rosie in ihr Zimmer zurück und
holte das rahmenlose Ölbild aus dem Schrank, wo es seit der
Nacht stand, in der Norman … nun verschwunden war. Sie
sah es zum erstenmal seit jener Nacht an.
    Was sie sah, überraschte sie nicht besonders. In dem Bild
war es wieder Tag geworden. Der Hügel war derselbe, überwuchert und verwildert, und auch der Tempel unten war
derselbe (zumindest in etwa derselbe; Rosie hatte den Eindruck, als hätte die seltsam verzerrte Perspektive des Tempels sich verändert, als wäre sie normal geworden), und die
Frauen waren immer noch verschwunden. Rosie nahm an,
daß Dorcas der Irren ein letztesmal ihr Baby gezeigt hatte …
und dann war Rose Madder allein dorthin gegangen, wo sich
Wesen wie sie hinbegaben, wenn die Stunde ihres Todes endlich herangerückt war.
    Sie trug das Bild den Flur entlang zum Müllverbrennungsschacht, wobei sie es vorsichtig an den Seiten hielt, wie sie es
zuletzt auch gehalten hatte - sie trug es, als befürchtete sie,
ihre Hand würde in jene andere Welt hinübergleiten, wenn
sie nicht aufpaßte. In Wahrheit fürchtete sie tatsächlich etwas
in dieser Art.
    Am Müllverbrennungsschacht blieb sie wieder stehen und
betrachtete zum letztenmal gebannt das Bild, das sie auf dem
staubigen Regal der Pfandleihe angesprochen hatte
-
mit
einer zungenlosen, herrischen Stimme, die von Rose Madder
selbst gewesen sein könnte. Wahrscheinlich war es ihre, dachte
Rosie. Sie streckte eine Hand nach der Klappe des Schachts
aus, dann hielt sie inne, als ihr etwas auffiel, das ihr bisher
entgangen war: zwei Umrisse im hohen Gras, ein Stück bergab. Sie strich mit dem Finger sanft über die gemalten
Umrisse, runzelte die Stirn und

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